Ziemlich genau vor einem Jahr stieg die Münchner Beteiligungsgesellschaft Primepulse mit 10,3 Prozent als strategischer Investor bei Vectron Systems ein. Damals eine faustdicke Überraschung. Nun setzt Primepulse, das Unternehmen um den Cancom-Gründer Klaus Weinmann bezeichnet sich selbst als Digitalisierungs- und Wachstumsplattform, erneut ein Ausrufezeichen: Neuerdings hält Primepulse nämlich 10,10 Prozent an der Cenit AG. Ein Investment, was je nach Aktienkurs etwa 10 bis 11 Mio. Euro gekostet haben dürfte. Für Primepulse-Verhältnisse ist das nicht wirklich groß – die Gesellschaft hält allein mehr als die Hälfte aller Aktien von Stemmer Imaging. Aber immerhin. Bemerkenswert ist allemal, dass der Erwerb im Gegensatz zur Vectron-Transaktion nicht via Pressemittteilung kommentiert wurde, sondern sich „nur“ aus einer Stimmrechtsmitteilung auf dgap.de ergibt.
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Auf Anfrage von borsengefluester.de hält sich Primepulse noch bedeckt, woher die Stücke gekommen sind und spricht von einem „kurzfristig verfügbaren Paket, bei dem wir zugeschlagen haben“. Mit Blick auf die von Cenit veröffentlichte Zusammensetzung des Aktionärskreises liegt die Vermutung nahe, dass der Deal mit dem Vermögensverwalter LOYS abgewickelt wurde. Aber auch andere Konstellationen sind theoretisch möglich. Angesichts des deutlichen Kursaufschwungs der Cenit-Aktie in den vergangenen Wochen – unter teilweise stattlichen Umsätzen – gehen wir davon aus, dass Primepulse zunächst am Markt zugekauft hat und sich dann die Opportunität – etwa mit LOYS – ergeben hat. Zumindest wird in diese Richtung auch in Finanzmarktkreisen getuschelt.
Einzige Ungereimtheit bei dieser Variante: Da das IT-Beratungs- und Softwarehaus Cenit im streng regulierten Prime Standard notiert ist, hätte der Einstieg von Primepulse – so er denn sukzessive auch über den Markt erfolgt gewesen ist –eigentlich schon früher gemeldet werden müssen. Die entsprechenden Schwellen liegen jedenfalls bei 3, 5 und eben 10 Prozent. Eine solche Meldung hat es bislang aber nicht gegeben. Nun: Vermutlich schon bald wird auch in diesem Punkt Klarheit herrschen.
Welche Ziele Primepulse mit seinem Investment genau verfolgt, ist derweil offen. Dem Vernehmen nach wollen sich die handelnden Personen aber im Oktober an einen Tisch setzen. Klaus Weinmann und Cenit-CEO Kurt Bengel werden als langjährige Vorstände aus dem IT-Sektor dabei auf Augenhöhe reden können. Zudem ist Cenit Kunde von Cancom, man kennt sich also. Ein wesentliches Thema bei dem Treffen dürfte die Umsetzung der Strategieplanung „CENIT2025“ sein. So wollen die Stuttgarter in den kommenden fünf Jahren den Umsatz auf mindestens 300 Mio. Euro hieven – bei einer operativen EBIT-Marge von acht bis zehn Prozent. Hier steht noch viel Arbeit an, Unterstützung könnte also nicht schaden. „Ich freue mich, dass wir mit Primepulse einen neuen langfristig orientierten Investor gewonnen haben“, sagt Bengel im Gespräch mit boersengefluester.de.
Für Cenit-Aktionäre ist der Einstieg von Primepulse positiv zu werten. Wir schätzen das Management von Cenit sehr. Angesichts der seit geraumer Zeit nicht übermäßig erfolgreichen Geschäftsentwicklung könnte etwas frischer Wind nicht schaden. Und mit Sicherheit gibt es Anknüpfungspunkte, wie sich beide Unternehmen gegenseitig befruchten. Nun: Angesichts der günstigen Bewertung hat boersengefluester.de die Cenit-Aktie schon bei der jüngsten Besprechung Anfang August (HIER) mit einem Schuss Übernahmefantasie versehen. An die Konstellation mit Primepulse haben wir damals aber zugegebenermaßen nicht gedacht.
Was ist im umgekehrten Fall das Risiko? Primepulse könnte zu dem Schluss kommen, dass Cenit doch nicht ins langfristige Anlagekonzept passt. Dann würde es einen potenziellen Aktienüberhang geben, was eher schädlich für den Kursverlauf wäre. Andererseits: Ein Verkauf über die Börse ist auch in dieser Konstellation eher unwahrscheinlich. Die kommenden Monaten werden also spannend für Cenit. Wir bleiben bei unserer positiven Einschätzung für den Spezialwert.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 151,70 | 169,99 | 171,71 | 147,24 | 146,07 | 162,15 | 184,72 | |
EBITDA1,2 | 15,27 | 11,95 | 15,24 | 9,59 | 11,27 | 11,94 | 16,41 | |
EBITDA-Marge3 | 10,07 | 7,03 | 8,88 | 6,51 | 7,72 | 7,36 | 8,88 | |
EBIT1,4 | 12,84 | 9,03 | 9,20 | 3,63 | 6,23 | 6,31 | 9,22 | |
EBIT-Marge5 | 8,46 | 5,31 | 5,36 | 2,47 | 4,27 | 3,89 | 4,99 | |
Jahresüberschuss1 | 8,99 | 6,13 | 6,96 | 2,92 | 4,35 | 6,61 | 4,99 | |
Netto-Marge6 | 5,93 | 3,61 | 4,05 | 1,98 | 2,98 | 4,08 | 2,70 | |
Cashflow1,7 | 3,92 | 9,62 | 11,68 | 12,28 | 8,24 | 11,49 | 5,33 | |
Ergebnis je Aktie8 | 1,07 | 0,73 | 0,82 | 0,28 | 0,51 | 0,75 | 0,54 | |
Dividende8 | 1,00 | 0,60 | 0,00 | 0,47 | 0,75 | 0,50 | 0,04 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Grant Thornton |
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