Geldanlagen in fest abgesteckte Themengebiete sind immer so eine Sache. Zu schnell wechseln die Präferenzen der Börsianer. Telekom, Medien, Logistik, Nanotechnologie – was wurde nicht schon alles durch die Dörfer getrieben? Selbst Makler-Aktien galten vor Jahren mal als heiße Nummer. Zu den Trendthemen 2015 zählt ganz klar FinTech – also die Verknüpfung von Finanzen und Technologie. Doch auch die Performance vieler FinTech-Vertreter – so die Unternehmen denn überhaupt schon börsennotiert sind – hält nicht unbedingt den hohen Erwartungen stand. Die TF Bank musste ihren kürzlich in Deutschland geplanten Börsengang sogar verschieben. Und der von Solactive konstruierte „FinTech 20 Index”, investierbar über ein von der UBS emittiertes Zertifikat mit der ISIN DE000UBS1FT8, ist zwar nicht wirklich abgesackt – aber eben auch kein Überflieger. Enthalten sind in dem Index bekannte Unternehmen wie der TecDAX-Konzern Wirecard, die Crowdfunding-Plattform LendingClub oder der britische Bezahlspezialist Optimal Payments. Abhaken sollten heimische Investoren das Thema dennoch nicht, immerhin gibt es auf dem Kurszettel eine Menge interessanter Spezialwerte: Vom SDAX-Unternehmen Ferratum, über die Finanzierungsplattform Hypoport bis hin zur FinTech Group.
Weit weniger bekannt ist dagegen die FinLab AG, die früher als Altira ein Schattendasein an der Börse fristete. Statt eines Delistings entschied sich die zum Einflussbereich des Unternehmers Bernd Förtsch gehörende Gesellschaft jedoch Ende 2014 zu einem Neustart als Inkubator und Investor in FinTech-Firmen. Die bisherige Kursentwicklung kann sich durchaus sehen lassen, auch wenn die Notiz seit Mai 2015 ein wenig ins Stocken geraten ist. Verglichen mit dem Schlusskurs 2014 liegt der im Entry Standard gelistete Small Cap noch immer um 60 Prozent vorn. Marktkapitalisierung: 32,8 Mio. Euro – genaue Angaben zum Streubesitz gibt es nicht. Die BF Holding von Förtsch hält zwar nicht mehr die Mehrheit, bewegt sich aber weiterhin über der Schwelle von 25 Prozent. Interessant ist die FinLab-Aktie in erster Linie unter Bewertungsaspekten. Zum Halbjahr lag der Net Asset Value (NAV) nämlich bei 10,53 Euro je Aktie. Beim aktuellen Kurs von 7,22 Euro wird das Papier also mit einem Abschlag von gut 30 Prozent auf den Substanzwert gehandelt. Mit Abstand die wichtigste Beteiligung von FinLab ist ein 47-Prozent-Paket an Heliad Equity Partners. Die Wege zwischen beiden Firmen sind kurz. Sowohl FinLab als auch Heliad sitzen am Grüneburgweg 18 im Frankfurter Westend. In dem Gebäudekomplex ist übrigens auch die kürzlich für 725 Mio. Euro von der Deutschen Börse AG übernommene Devisenplattform 360T beheimatet. Der FinLab-Anteil an Heliad hat gegenwärtig einen Wert von knapp 23,8 Mio. Euro (das sind 5,24 Euro je FinLab-Aktie) und wird maßgeblich gespeist durch die Beteiligungen von 18,4 Prozent an der FinTech Group und dem knapp zehnprozentigen Engagement bei dem Konzertveranstalter DEAG Deutsche Entertainment.
Also: Wem ein Direkterwerb der FinTech-Group-Aktie bewertungsmäßig zu teuer oder zu risikoreich ist, kann theoretisch auf die Heliad-Aktie ausweichen. Die wird momentan mit einem Abschlag von stattlichen 47 Prozent auf den NAV gehandelt. Und wer noch einen draufsetzen will, greift zur FinLab-Aktie, denn hier bekommt er indirekt sogar das Heliad-Papier mit Discount. Allerdings spiegeln die Abschläge auch die Gefahr der Überkreuzbeteiligungen wider. Sollte etwa die FinTech-Aktie massiv an Boden verlieren, färbt das indirekt auch immer auf Heliad und FinLab ab. Schwerer einzuschätzen sind derweil die Werte der wichtigsten anderen FinLab-Beteiligungen wie zum Beispiel dem – ebenfalls am Frankfurter Grüneburgweg sitzenden – Fondsinitiator Patriarch Multi-Manager. Patriarch sorgte im März 2015 durch seine schlagzeilenträchtige Kooperation mit dem Fernsehmillionär Robert Geiss bei einem Dividendenfonds für Schlagzeilen. Interessiert verfolgt die Finanzszene aber auch das 50-Prozent-Engagement von FinLab bei der nextmarkets GmbH. Das in Köln beheimatete Unternehmen hat eine Trading- und eLearning-Plattform entwickelt, die im vierten Quartal 2015 an den Start gehen soll. „Eine umfassende Kooperation mit einem der größten deutschen Onlinebroker befindet sich in der Vorbereitungsphase”, heißt es zudem.
Aus der Taufe gehoben wurde nextmarkets von den Brüdern Manuel und Dominic Heyden, die wiederum einige Jahre zuvor als Gründer der Social-Trading-Plattform ayondo in Erscheinung traten. Angedockt waren sie damals an die von Robert Lempka und Thomas Winkler gegründete Next Generation Finance mit Sitz in Zug – einem Inkubator für FinTech-Beteiligungen, der mittlerweile komplett in ayondo umfirmiert hat. Und hier schließt sich der Kreis, denn sowohl der Geschäftsbericht 2014 als auch der Halbjahresabschluss 2015 von FinLab sind überschrieben mit: „Next Generation Finance. Now.” So richtig kreativ findet boersengefluester.de dieses etwas abgekupferte Motto der FinLab nicht gerade. Wesentlich mehr Pep verspricht da schon die im Frühjahr eingegangene Beteiligung über 60 Prozent an der Crowdfunding-Plattform Venturate aus München. Venturate hilft, dass Start-ups und Investoren zusammenkommen. Branchenkenner billigen dem Geschäftsmodel enormes Potenzial zu.
Summa summarum hat sich den vergangenen Monaten einiges bewegt bei FinLab. Jedenfalls wird der Unternehmensname zunehmend Programm. Ebenfalls positiv werten wir, dass FinLab künftig im Quartalstakt den NAV veröffentlichen wird. Das erhöht die Transparenz für Anleger. Auch die zusätzliche Bilanzierung nach IFRS zeigt das Potenzial der Beteiligungen deutlicher auf. Insgesamt halten wir den Small Cap damit für ein Investment mit guten Kurs-Chancen. Ein Malus sind jedoch die immer sehr überschaubaren Handelsumsätze in dem Papier. Und außerdem besteht natürlich die Gefahr, dass Trendthemen einmal die Puste ausgeht.
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