Der Trend geht abwärts. Nachdem Frank Göring, der Vorstand von Villeroy & Boch, 2018 noch als „gutes Jahr“ für den Anbieter von Tischdekos, Fliesen und Badezimmerausstattungen bezeichnete, stufte er die Lage zum Ende des ersten Quartals 2019 gerade einmal als „noch zufriedenstellend“ ein. Vor ein paar Tagen nun der nächste Dämpfer in Form einer Prognosesenkung für das Gesamtjahr 2019. Offizieller Sprachgebrauch: Die wirtschaftliche Lage ist „nicht zufriedenstellend“. Sorge bereitet Villeroy zurzeit insbesondere die Erlösentwicklung im – volumenmäßig deutlich größeren – Bereich Bad und Wellness. So sorgten der Lagerabbau von Kunden sowie die Verzögerungen bei Wohnungsbauprojekten in Asien im ersten Halbjahr hier für einen Umsatzrückgang von mehr als zehn Prozent auf 271,6 Mio. Euro. Diese Belastung konnte der Bereich Tischkultur nicht kompensieren, so dass zum Halbjahr auf Konzernebene ein Erlösminus von 6,3 Prozent 393,2 Mio. Euro stehen blieb.
Parallel dazu sackte das Ergebnis Zinsen und Steuern (EBIT) von 19,0 auf 15,5 Mio. Euro ab. Trotz eingeleiteter Gegenmaßnahmen: Der Vorstand hält das ursprünglich erwartete Umsatz- und Ergebnisplus von jeweils drei bis fünf Prozent für nicht mehr realistisch und rechnet stattdessen mit einem Rückgang der Erlöse von 853 Mio. Euro auf eine Bandbreite von 825 bis 850 Mio. Euro für wahrscheinlich. Das EBIT dürfte dabei von 53,6 Mio. Euro auf 48 bis 52 Mio. Euro fallen. Alles noch kein ganz großes Gewinndrama – aber eben auch nicht gerade schön. Kein Wunder, dass die Investoren auf Distanz gegangen sind und der Aktienkurs des ehemaligen SDAX-Titels von in der Spitze 20 auf 14 Euro zurückgefallen ist. Doch es gibt auch Hoffnungsträger – etwa den in der zweiten Jahreshälfte zu erwartenden weiteren Verkauf der ehemaligen Werksimmobilie in Luxemburg. Immerhin geht es hier um einen Ertrag im „hohen zweistelligen Millionenbereich“.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 836,50 | 853,10 | 833,30 | 800,90 | 945,00 | 994,50 | 901,90 | |
EBITDA1,2 | 76,00 | 77,10 | 92,70 | 86,20 | 130,80 | 138,20 | 129,20 | |
EBITDA-Marge3 | 9,09 | 9,04 | 11,12 | 10,76 | 13,84 | 13,90 | 14,33 | |
EBIT1,4 | 49,80 | 53,60 | 51,00 | 40,70 | 90,50 | 96,80 | 89,00 | |
EBIT-Marge5 | 5,95 | 6,28 | 6,12 | 5,08 | 9,58 | 9,73 | 9,87 | |
Jahresüberschuss1 | 29,80 | 33,90 | 80,40 | 22,90 | 60,50 | 71,50 | 61,00 | |
Netto-Marge6 | 3,56 | 3,97 | 9,65 | 2,86 | 6,40 | 7,19 | 6,76 | |
Cashflow1,7 | 41,00 | 2,10 | 46,30 | 136,50 | 73,80 | 54,10 | 67,60 | |
Ergebnis je Aktie8 | 1,16 | 1,30 | 3,06 | 0,88 | 2,30 | 2,72 | 2,31 | |
Dividende8 | 0,57 | 0,60 | 0,55 | 0,55 | 1,00 | 1,20 | 1,05 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Deloitte |
Zudem ist die Bewertung der Aktie von Villeroy & Boch mittlerweile recht geerdet. Unter der Annahme, dass die nicht börsennotierten Stammaktien den gleichen Kurs hätten wie die Vorzüge, beträgt die Marktkapitalisierung 390,4 Mio. Euro. Unterstellt man einen Aufpreis von 20 Prozent für die mit einem Stimmrecht ausgestatteten Stämme, würde sich der Börsenwert auf 429,5 Mio. Euro erhöhen – was wohl eher eine realistische Annahme für die weiter Kennzahlenbetrachtung ist. Hinzu kommen die Netto-Finanzverbindlichkeiten von zuletzt 46,7 Mio. Euro (ohne Pensionsrückstellungen), was auf einen gesamten Unternehmenswert (Enterprise Value) von rund 476 Mio. Euro hinausläuft. In Relation zu dem von boersengefluester.de für 2019 erwarteten EBITDA von knapp 75 Mio. Euro würden die Saarländer demnach mit dem annähernd 6,4fachen des operativen Gewinns an der Börse gehandelt. Mit Blick auf die immer noch vorzeigbaren Margen halten wir das für alles andere als überzogen.
Punkten kann die Villeroy-Aktie zudem unter Dividendenaspekten: Geht man davon aus, dass die Gesellschaft auch im kommenden Jahr eine Dividende von 0,60 Euro je Vorzugsaktie zahlt, beträgt die aktuelle Dividendenrendite erkleckliche 4,3 Prozent. Und selbst bei einer deutlichen Kürzung auf 0,40 Euro – wofür es derzeit noch keine Anzeichen gibt – käme das Papier auf eine Rendite von rund 2,9 Prozent. Keine Frage: Chartmäßig ist der Titel arg angezählt und aus Sicht eines Neueinsteigers ist es durchaus eine Option, erst einmal abzuwarten, ob der Bereich um 12 beziehungsweise 13 Euro hält. Andererseits stehen die Chancen gar nicht mal so schlecht, dass der bisherige Abwärtstrend bei der Einschätzung zur aktuellen Lage in den kommenden Quartalen wieder besser wird.
Foto: Villeroy & Boch AG