Den Aktionären von Takkt zeigt die Börse schon eine ganze Weile ihr unschönes Gesicht. Seit dem Hoch von Anfang Februar 2018 bei etwas mehr als 23 Euro hat der Anteilschein des B2B-Versandhändlers für Büro-, Industrie und Gastronomieartikel nun bereits um 47 Prozent an Wert eingebüßt. Selbst unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich gezahlten Dividenden reduziert sich das Minus nur auf 41 Prozent. Dabei ging der Kursabschwung bereits los, als von Gewinnwarnungen an der Börse noch gar keine Rede war. Doch Takkt ist ein feiner Sensor für konjunkturelle Strömungen, wobei die Stuttgarter zunächst unter der schwachen Nachfrage von Kunden im US-Lebensmitteleinzelhandel sowie den Auswirkungen eines nicht verlängerten Rahmenabkommens mit einem wichtigen staatlichen Kunden bei der US-Gesellschaft Hubert zu leiden hatten. Pluspunkte konnte Takkt derweil für die beherzte Umsetzung der Digitalstrategie sammeln, für die das Management für den Zeitraum von 2016 bis 2020 immerhin 50 Mio. Euro an Investitionen reserviert hat.
Immerhin steht das Geschäftsmodell von Takkt mitten in einem massiven Umwälzungsprozess, der weit mehr ausmacht als die Umstellung von Katalogen auf Webseiten. „Es geht um organisatorische und um kulturelle Veränderungen im Unternehmen“, sagt Takkt-Finanzvorstand Dr. Claude Tomaszewski im Hintergrundgespräch mit boersengefluester.de. Just in dieser Phase weht der Gesellschaft nun allerdings auch eine rauere Konjunkturluft entgegen. Zum Halbjahr musste Takkt seine Prognose für die zu erwartende EBITDA-Marge bereits auf eine Bandbreite von 12 bis 14 Prozent eingrenzen – nachdem die obere Markierung für die Relation von Umsatz zu Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) zuvor bei 16 Prozent angezeichnet war. Hauptszenario bleibt vorerst jedoch ein leicht organisches Wachstum. Letztlich ist die große Frage, wie weit es auch die Kunden aus dem Dienstleistungssektor mit nach unten zieht, nachdem der Industriebereich bereits seit einiger Zeit spürbar schwächelt.
Wenn es ungünstig läuft, wird Takkt 2019 eher im unteren Bereich der EBITDA-Spanne von 12 bis 14 Prozent ankommen und möglicherweise sogar einen leicht rückläufigen organischen Umsatz hinnehmen müssen. Klar, dass boersengefluester.de wissen will, ob Takkt mit dem geänderten Renditeszenario ausreichend vorgesorgt hat. „Wir haben leider auch keine Glaskugel”, sagt Tomaszewski. Nach Meinung von boersengefluester.de müsste aber schon einiges passieren, um das Renditeziel zu verfehlen. Zur Einordnung: Zum Halbjahr weist der SDAX-Konzern eine EBITDA-Rendite von 12,9 Prozent aus. Den Anhängern von Extremszenarien sei gesagt, dass Takkt nach dem Ausbruch der Finanzkrise für 2009 einen organischen Erlösrückgang von etwas mehr als einem Viertel sowie ein Abschmelzen der EBITDA-Marge auf knapp 9,4 Prozent zu verkraften hatte – bei einem freilich weiterhin sehr stattlichen Cashflow aus dem operativen Geschäft.
Doch soweit muss es natürlich nicht kommen. Längst haben sich die Schwaben eine strenge Kostendisziplin verordnet. Marketing, Personal, Reisekosten: Optimiert wird, wo es eben geht. Dabei haben die Maßnahmen rund um die Digitale Transformation noch immer „unbedingte Vorfahrt“, wie es bei Takkt offiziell heißt. Ob die für 2019 und 2020 jeweils budgetierten 12 Mio. Euro fürs Digitalgeschäft am Ende tatsächlich ausgeschöpft werden, bleibt indes abzuwarten. Ausgemachte Sache ist jedoch bereits jetzt, dass die Rolle der Takkt AG geschärft werden soll, um die Wertsteigerung der einzelnen Konzerngesellschaften noch forcierter voranzutreiben. Zudem passt das Management die Akquisitionsstrategie insofern an, dass künftig auch Erweiterungen der Wertschöpfungskette in Richtung Fertigung oder Dienstleistungen ein Thema sind. Für Takkt wäre das insofern Neuland, weil es bei den bisherigen Zukäufen im Grunde immer um reine Handelsunternehmen ging – wenn auch mit unterschiedlichen Ausrichtungen. Beachtlich ist aber ohnehin, dass Takkt bei den Zukäufen durchaus Mut beweist und neue Dinge ausprobiert.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 1.116,08 | 1.181,09 | 1.213,67 | 1.067,43 | 1.177,97 | 1.336,78 | 1.240,02 | |
EBITDA1,2 | 150,32 | 150,07 | 150,17 | 92,58 | 112,64 | 132,12 | 111,86 | |
EBITDA-Marge3 | 13,47 | 12,71 | 12,37 | 8,67 | 9,56 | 9,88 | 9,02 | |
EBIT1,4 | 123,22 | 122,54 | 108,81 | 52,38 | 73,92 | 80,79 | 38,87 | |
EBIT-Marge5 | 11,04 | 10,38 | 8,97 | 4,91 | 6,28 | 6,04 | 3,14 | |
Jahresüberschuss1 | 96,35 | 88,08 | 74,69 | 37,23 | 57,03 | 59,29 | 24,55 | |
Netto-Marge6 | 8,63 | 7,46 | 6,15 | 3,49 | 4,84 | 4,44 | 1,98 | |
Cashflow1,7 | 100,38 | 99,42 | 130,79 | 120,52 | 56,32 | 84,42 | 106,44 | |
Ergebnis je Aktie8 | 1,47 | 1,34 | 1,14 | 0,57 | 0,87 | 0,90 | 0,38 | |
Dividende8 | 0,55 | 0,85 | 0,00 | 1,10 | 1,10 | 1,00 | 1,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: RSM Ebner Stolz |
Zusammengefasst werden diese Investments in der „Newport-Gruppe“ innerhalb des Geschäftsbereichs Takkt Europe. Jüngster Neuzugang ist der auf Gastronomieausstattung spezialisierte E-Commerce-Händler XXLhoreca (horeca = Hotel, Restaurant, Catering) mit einem Umsatz von zuletzt rund 14 Mio. Euro und einer zweistelligen EBITDA-Marge für einen Kaufpreis von 19,5 Mio. Euro. Dem Vernehmen nach legte Takkt für die ausschließlich online aktive XXLhoreca den Faktor 8,5 auf die Relation von Enterprise Value (EV) zu EBITDA auf den Tisch. Zur Einordnung: Grundsätzlich ist Takkt bereit, Multiples zwischen 7 und 10 als Kaufpreis zu akzeptieren. Vor diesem Hintergrund hat sich das Unternehmen den Zukauf also durchaus was kosten lassen, zumal Takkt selbst gerade einmal mit dem 6,8-fachen von EV zu EBITDA (für 2019) an der Börse bewertet wird. Freilich genau in dieser niedrigen Bewertung liegt auch die wesentliche Chance für die Aktie.
Immerhin ist Takkt ein relevantes Unternehmen auf dem Markt und verfügt über belastbare Bilanzen. Auf die lange Sicht sollte der Titel – 50,2 Prozent der Aktien hält die Beteiligungsgesellschaft Franz Haniel & Cie. – damit ein schönes Value-Investment mit ansprechender Dividendenrendite sein. Jedenfalls scheint uns momentan bereits sehr viel an konjunkturellen Risiken eingepreist zu sein. Aber trotz aller Veränderungsprozesse, die die Stuttgarter angestoßen haben: „Dass wir mit dem Verkauf von langlebigen Gebrauchsgütern eher zyklisch sind, können wir nicht vermeiden“, räumt Finanzvorstand Tomaszewski unumwunden ein. Eine gute Halten-Position ist die Aktie jedoch allemal.
Foto: TAKKT AG