Eigentlich hatten wir eine derartige Beschleunigung erst für das Abschlussquartal erwartet. Doch IVU Traffic Technologies legt schon mal vor und sorgt für ein Ausrufezeichen an der Börse. So erreichte der auf IT-Lösungen für den öffentlichen Personen- und Güterverkehr spezialisierte Telematikanbieter nach neun Monaten 2018 Erlöse von 51,93 Mio. Euro sowie ein überraschend hohes Rohergebnis von 35,32 Mio. Euro – nach 29,30 Mio. Euro in der entsprechenden Vorjahresperiode. Zur Einordnung: Im Gegensatz zum Umsatz spiegelt das Rohergebnis die Wertschöpfung aus der Programmierung der eigenen Software wider, da die meist zugekaufte Hardware wie Ticketautomaten bei dieser Kennzahl außen vor bleibt. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) kam in den vergangenen neun Monaten von 65.000 Euro auf 3,15 Mio. Euro voran. Selbst wenn hierin zwei Sondereffekte aus der Beendigung eines Rechtsstreits in Chile sowie die Auflösung einer Wertberichtigung für die Tochtergesellschaft IVU Israel im Volumen von insgesamt 0,70 Mio. Euro enthalten sind.
Es zeigt sich deutlich, dass die Bemühungen des Vorstandsvorsitzenden Martin Müller-Elschner fruchten, die üblicherweise stark auf das vierte Quartal ausgeprägte Saisonalität zu glätten. Jedenfalls bieten die kommenden Monate bereits eine so valide Planungssicherheit, dass die Berliner ihre Prognose für den 2018er-Umsatz von 72 auf mehr als 75 Mio. Euro und für das EBIT von bislang 4 bis Mio. Euro auf jetzt über 6 Mio. Euro heraufgesetzt haben. Im Interview mit boersengefluester.de verrät CEO Müller-Elschner, warum es zurzeit so gut läuft, wie die weiteren Perspektiven sind und wie er die Entwicklung des Aktienkurses einschätzt.
Herr Müller-Elschner, während die aktuelle Berichtssaison weltweit von einer überdurchschnittlichen Anzahl an Gewinnenttäuschungen geprägt war, hat IVU Traffic Technologies die Prognose für das laufende Geschäftsjahr sogar erhöht. Wie schaffen Sie es, sich dem allgemeinen Trend zu entziehen?
Martin Müller-Elschner: Unsere Zahlen für das dritte Quartal sind überaus positiv und wir haben unsere eigenen Erwartungen klar übertroffen. Entsprechend passen wir auch unsere Prognose an: Für das laufende Jahr rechnen wir nun mit einem neuen Rekordumsatz von rund 75 Mio. Euro und einem EBIT von 6 Mio. Euro. Treiber dieser Entwicklung ist sicherlich unsere starke Position in unseren Kernmärkten in Westeuropa, wobei insbesondere die intensivierte Marktpräsenz in der Schweiz einen positiven Beitrag geleistet hat. Im Vergleich zu anderen Branchen ist unser Geschäft weitgehend krisensicher – und aktuell verspüren wir zusätzlich eine starke Nachfrage. Viele Verkehrsunternehmen wollen die Chancen der Digitalisierung nutzen und investieren in die Erneuerung ihrer Systeme.
IVU weist in der Regel einen sehr saisonalen Geschäftsverlauf mit einem starken vierten Quartal auf. Wie ist es Ihnen gelungen, schon jetzt ein so gutes Ergebnis zu erzielen?
Martin Müller-Elschner: Es gelingt uns immer besser, unseren saisonalen Geschäftsverlauf zu entzerren und Umsätze bereits unterjährig zu realisieren. Diesmal haben uns zusätzlich noch zwei Sondereffekte in die Hände gespielt. Für das letzte Quartal erwarten wir nun noch einige Projektabschlüsse, so dass wir das Jahr mit einem deutlich positiven Ergebnis abschließen können.
Wie nachhaltig ist die aktuelle Dynamik nach Ihrer Einschätzung? Mit welchen Erwartungen blicken Sie auf 2019?
Martin Müller-Elschner: Wir gehen davon aus, dass Trends wie Digitalisierung, Urbanisierung und Mobilität auch 2019 und darüber hinaus weiter anhalten werden. Aktuell sind wir an einigen spannenden Ausschreibungen beteiligt. Die Nachfrage ist da, jetzt geht es darum, uns einen möglichst großen Teil dieses Kuchens zu sichern.
Im vergangenen Jahr haben Sie im Interview mit boersengefluester.de (HIER) eine stabile zweistellige EBIT-Marge als mittelfristiges Ziel ausgegeben. In welchen Bereichen wollen Sie weitere Ergebnispotenziale heben?
Martin Müller-Elschner: Die aktuellen Ergebnisse zeigen, dass unsere Strategie aufgeht. Mit der IVU.suite für den öffentlichen Personenverkehr haben wir uns in unseren westeuropäischen Kernmärkten fest etabliert und gewinnen immer neue Kunden. Hier gibt es weiterhin viel Potenzial. Auch IVU.rail, unsere integrierte Planungslösung für Eisenbahnen ist ein stark nachgefragtes Produkt: Jetzt hat sich auch die Netinera-Gruppe für uns entschieden und bestätigt damit unsere klare Position als Marktführer in Deutschland. Dieses Potenzial wollen wir in den kommenden Jahren international nutzen und auch außerhalb Europas punkten.
Welchen Stellenwert haben Zukunftsthemen wie Elektromobilität und Autonomes Fahren für IVU?
Martin Müller-Elschner: Wir arbeiten ständig daran, kommende Technologien in unsere Produkte zu integrieren, damit Verkehrsunternehmen ihren Fahrgästen den bestmöglichen Service bieten können. Im Bereich Elektromobilität sind wir schon früh eingestiegen und damit bestens dafür aufgestellt, Elektrobusflotten zu planen und zu steuern. Autonomes Fahren liegt da noch weiter in der Zukunft. Hier arbeiten wir zurzeit gemeinsam mit Partnern daran, fahrerlose Busse künftig in unser Leitsystem zu integrieren.
Trotz der operativen Erfolge konnte sich auch die IVU-Aktie den jüngsten Turbulenzen am Aktienmarkt nicht entziehen und korrigierte ausgehend vom Jahreshoch bei 5,94 Euro um fast 20 Prozent. Wie nervös macht Sie dieser volatile Kursverlauf?
Martin Müller-Elschner: Das sehen wir gelassen. Die jüngsten Korrekturen haben wohl in erster Linie mit dem Gesamtmarkt zu tun und Kursschwankungen sind Teil der Börse. Deshalb achten wir auch nicht auf kurzfristige Bewegungen. Wichtig ist die langfristige Entwicklung des Kurses – und die zeigt bei uns eindeutig nach oben. Die aktuellen Quartalszahlen unterstreichen klar: Die IVU ist ein sicheres und erfolgversprechendes Investment für nachhaltig orientierte Anleger.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 71,07 | 77,80 | 88,79 | 92,03 | 102,88 | 113,23 | 122,49 | |
EBITDA1,2 | 7,37 | 8,12 | 12,73 | 15,30 | 16,45 | 18,70 | 20,31 | |
EBITDA-Marge3 | 10,37 | 10,44 | 14,34 | 16,63 | 15,99 | 16,52 | 16,58 | |
EBIT1,4 | 6,13 | 6,70 | 10,48 | 12,78 | 13,92 | 14,85 | 15,77 | |
EBIT-Marge5 | 8,63 | 8,61 | 11,80 | 13,89 | 13,53 | 13,12 | 12,88 | |
Jahresüberschuss1 | 4,98 | 6,16 | 10,58 | 10,09 | 9,32 | 10,13 | 11,38 | |
Netto-Marge6 | 7,01 | 7,92 | 11,92 | 10,96 | 9,06 | 8,95 | 9,29 | |
Cashflow1,7 | 3,80 | 12,31 | 12,54 | 30,76 | 19,08 | 4,47 | 11,91 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,28 | 0,35 | 0,60 | 0,57 | 0,53 | 0,58 | 0,65 | |
Dividende8 | 0,10 | 0,12 | 0,16 | 0,20 | 0,22 | 0,24 | 0,26 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: BDO |
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Martin Müller-Elschner ist seit Januar 2010 Vorstandsvorsitzender der IVU Traffic Technologies AG. Der Diplom-Ingenieur kennt das Unternehmen schon eine ganze Weile: Bereits 1994 übernahm er die Leitung von Projekten zur Verbesserung der Fahrgastinformation. Danach war er Bereichsleiter, dann Prokurist und seit 2008 Vorstandsmitglied der IVU.