David Roth, Finanzvorstand von Expedeon, gibt Entwarnung: „Wir sind auf gutem Wege, unsere Ganzjahresprognose zu Umsatzerlösen und bereinigtem EBITDA zu erreichen.“ Demnach wird sich der Laborzulieferer voraussichtlich also nicht in die Reihe der Unternehmen einreihen, die ihre ursprünglichen Ziele kappen müssen. Das ist auch insofern eine gute Nachricht, weil es für Expedeon enorm wichtig ist, Vertrauen am Kapitalmarkt aufzubauen. Dass die Gesellschaft hier vorankommt, zeigt sich am Aktienkurs, der im Sommer deutlich zurück über die Marke von 1 Euro gekehrt ist. Für die Analysten von GBC ist das freilich nur ein erster Schritt. Sie siedeln das Kursziel bei 3,20 Euro – also um mehr als 170 Prozent oberhalb der aktuellen Notiz von 1,17 Euro – an (Download der Studie HIER). Die Experten von First Berlin sind nicht ganz so forsch, veranschlagen den fairen Wer des Small Cap aber bei ebenfalls sportlichen 2,20 Euro – was einer Marktkapitalisierung von etwas mehr als 113 Mio. Euro entsprechen würde.
Für eine Gesellschaft mit einem Börsenwert von jetzt schon 60 Mio. Euro bewegt sich Expedeon freilich noch immer in relativ niedrigen Umsatzregionen. Trotz der zahlreichen Übernahmen aus der Vergangenheit: Für 2019 kalkuliert GBC mit einem Zuwachs der Erlöse von 13 auf gerade einmal rund 16 Mio. Euro. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) soll dabei laut Expedeon auf mehr als 2 Mio. Euro klettern. Zur Einordnung: Nach sechs Monaten erreichte die Gesellschaft ein bereinigtes EBITDA von 1,21 Mio. Euro – liegt demnach also gut im Rennen. Als außerordentliche Faktoren stuft das Management dabei insbesondere die Kaufpreisallokationen und Earn-outs aus Übernahmen ein. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um zahlungswirksame Effekte. Plastisches Beispiel sind zusätzliche Expedeon-Aktien die ehemalige Anteilseigner von zugekauften Firmen bei entsprechend guter Umsatzentwicklung zugesprochen bekommen. Solche Vereinbarungen schonen einerseits die Kassen von Expedeon, lassen andererseits aber die ohnehin schon arg geschwollene Aktienstückzahl von gegenwärtig fast 51,6 Millionen Stück weiter ansteigen.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Das unbereinigte EBITDA erreichte zum Halbjahr gerade einmal 274.000 Euro. Unterm Strich blieb gar ein kräftig ausgeweiteter Fehlbetrag von knapp 1,79 Mio. Euro stehen. Wünschenswert aus Investorensicht wäre demnach, dass die Lücke zwischen bereinigten und unbereinigten Zahlen zügig geschlossen wird und Expedeon 2020 den Sprung in die Netto-Gewinnzone schafft. Ansonsten bleiben wir nach dem Halbjahresreport bei unserer Einschätzung von Anfang Juni (siehe dazu auch unseren Beitrag HIER). Wer den Titel im Depot hat, sollte engagiert bleiben. Nützliche Hintergrundinfos liefert auch ein kürzlich veröffentlichtes Interview von GBC-Analyst Cosmin Filker mit Expedeon CEO Dr. Heikki Lanckriet, das wir in gekürzter Form zum Nachlesen an den Artikel stellen. Das komplette Interview können Sie sich HIER durchlesen.
GBC: Herr Dr. Lanckriet, in der Unternehmenspräsentation ihres Geschäftsberichtes beschreiben Sie die Änderung der Expedeon von einem forschungsorientierten zu einem auf die Kommerzialisierung fokussierten Unternehmen. Können Sie dies näher erläutern?
Dr. Heikki Lanckriet: Als sich Sygnis und Expedeon 2016 zusammengeschlossen haben, hatte Sygnis nur eine Technologie, die zudem noch in der Entwicklung war. Durch den Merger mit Expedeon und die im Anschluss durchgeführten Übernahmen von CBS Scientific, Innova Biosciences und zuletzt TGR BioSciences im Mai 2018 haben wir ein Portfolio an marktreifen bzw. bereits kommerzialisierten Technologien erworben. Genau hierum ging es in der Grow, Buy und Build-Strategie: schnell genug die kritische Masse zu erreichen, um am Markt bestehen zu können. Natürlich investieren wir weiterhin in Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten. Aber unser Fokus liegt nun klar auf der Vermarktung – und die Strategie geht auf: Unsere Umsätze erlauben es uns erstmals, unser operatives Geschäft selbst zu finanzieren. Expedeon steht damit erstmals überhaupt stabil auf eigenen Beinen.
GBC: Welche Bereiche deckt die Expedeon-Produktpalette aktuell ab und welche Entwicklungschancen sehen Sie, vielleicht auch in Bezug auf die Zusammenarbeit mit großen Anbietern?
Dr. Heikki Lanckriet: Expedeon ist ein Anbieter für Laborreagenzien und Kits auf höchstem Qualitätsstandard, die in der Wissenschaft und in kommerziellen Labors eingesetzt werden können. Mit unseren bestehenden Produkten decken wir Genomik, Proteomik und Immun-Onkologie ab. Dabei zielen wir eindeutig auf die molekularbiologischen Wachstumsmärkte ab. Die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen wird für uns einfacher, weil wir zunehmend als Experten für Antikörper-Konjugation wahrgenommen werden. So ergeben sich Chancen, unsere Produkte zuzuliefern und Liefer- und Lizenzvereinbarungen für die kommerzielle Nutzung und White-Label-Lösungen anzubieten. Wir können uns gut vorstellen, dass durch solche Vereinbarungen zum Beispiel im Diagnostika-Markt bis 2024 ein zusätzlicher Umsatz von bis zu 7 Millionen Euro im Jahr entsteht.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
EBITDA1,2 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
EBITDA-Marge3 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
EBIT1,4 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
EBIT-Marge5 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
Jahresüberschuss1 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
Netto-Marge6 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
Cashflow1,7 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
GBC: Auch wenn die derzeitige Fokussierung auf der Kommerzialisierung der Produktpipeline liegt, werden Sie weitere Produkte in den Markt einführen?
Heikki Lanckriet: Selbstverständlich! Wir investieren konstant in Forschung und Entwicklung, um neue Anwendungsfelder zu erschließen, die unsere Technologien ermöglichen. Aber wir haben – durch die Expertenrolle, die wir mittlerweile innehaben – inzwischen auch die Möglichkeit, nicht nur unsere Endkunden aus dem akademischen Umfeld anzusprechen, sondern in zunehmendem Maße auch kommerzielle Kunden.
GBC: 2018 wurde auf EBITDA-Basis erstmals die Gewinnschwelle überschritten. Wie nachhaltig ist diese Entwicklung und wie schätzen Sie die künftige Ergebnisentwicklung ein?
Heikki Lanckriet: Wir haben in den vergangenen Jahren hart gearbeitet und unsere Hausaufgaben gemacht. Wenn Sie die Zahlen seit 2016 ansehen sind die Umsätze, aber auch das EBITDA, kontinuierlich angestiegen. Auf Basis
unserer bestehenden Produktplattform und der positiven Entwicklung gehen wir davon aus, dass wir weiterhin stark wachsen werden. Deswegen haben wir eine Verdopplung des bereinigten EBITDA auf 2 Mio. EUR und einen
Umsatzanstieg im zweistelligen Prozentbereich für das Jahr 2019 prognostiziert.
GBC: Sind weitere Akquisitionen geplant?
Heikki Lanckriet: Geplant nicht, nein. Wir haben eine Plattformgroßartiger Technologien, mit denen wir sehr zufrieden sind und die unsweiterhin ein starkes Wachstum ermöglichen. Dennoch beobachten wirselbstverständlich den Markt und möchten nicht ausschließen, dass wir eine Akquisition in Erwägung ziehen würden, sollten wir eine exzellenteTechnologie, die zu unserem Portfolio komplementär ist und die zu einemguten Preis in einem profitablen Unternehmen vorfinden. Aber anders als in den vergangenen Jahren ist das kein Muss mehr.
GBC: Zum Abschluss noch eine Frage. Sie und Ihr Vorstandskollege Herr Roth haben zuletzt immer wieder Aktien der Expedeon AG gekauft. Deshalb haben wir Sie auch in unseren Strategieindex, dem GBC Insider Focus aufgenommen. Was waren die Beweggründe für Ihre Käufe?
Heikki Lanckriet: David Roth und ich haben uns dazu entschieden über Aktienkäufe das Vertrauen der Investoren zustärken und dem Kapitalmarkt zu signalisieren, dass wir an den Erfolg des Unternehmens glauben. In den vergangenen drei Jahren haben wir Expedeon auf stabile Füße gestellt und die Grundlage für gesundes, nachhaltiges Wachstum gelegt. Dies versetzt uns in die Lage, einen Mehrwert für unsere Aktionäre und potentielle Investoren zu
schaffen.
Fotos: Pixabay, Expedeon