Vom Timing her war es vielleicht nicht gerade optimal, dass Euromicron seine Halbjahreszahlen ausgerechnet am 8. August vorgelegt hat. Immerhin endet an diesem Tag auch die nachgeschaltete Kapitalerhöhung im Zuge des Einstiegs der Funkwerk AG bei dem Spezialisten für IT-, Netzwerk- und Sicherheitsinfrastrukturen. Ausgegeben wurden bis zu 2.152.919 neue Aktien zu jeweils 3,40 Euro, wobei Funkwerk – neben seinem normalen Bezugsrecht – auch sämtliche nicht erworbenen Anteilscheine der anderen Aktionären übernimmt. Im Börsensprech agiert Funkwerk also als „Backstop-Investor“. Mit anderen Worten: Die Kapitalerhöhung mit einem Mittelzufluss von gut 7 Mio. Euro ist gesichert. Sollten alle andere Investoren auf die Ausübung ihrer Bezugsrechte verzichten – wovon freilich nicht auszugehen ist – käme die mehrheitlich zur Hörmann Gruppe gehörende Funkwerk auf einen Anteil von mehr als 28 Prozent. Zur Einordnung: Momentan halten die Thüringer 9,09 Prozent an Euromicron (siehe dazu auch unseren Beitrag HIER).
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In Kürze herrscht ohnehin Klarheit. Daher braucht Euromicron-Vorstandssprecherin Bettina Meyer auf der Telefonkonferenz zur Vorlage des Q2-Berichts auch gar nicht erst groß spekulieren: „Wir gehen davon aus, dass Funkwerk dann einen veritablen Anteil an Euromicron hält.“ Den Mittelzufluss der beiden Kapitalerhöhungen von brutto rund 9,7 Mio. Euro wollen die Frankfurter zur strategischen Weiterentwicklung des Unternehmens, etwa im Bereich der Digitalisierung von Serviceprozessen, einsetzen. „Die Maßnahmen aus der Restrukturierung tragen Früchte. Jetzt stehen die Zeichen auf Investitionen“, sagt Meyer. Derweil liefern die Zahlen für die ersten sechs Monate 2019 noch das gewohnte Bild von Euromicron, selbst wenn bereits eine deutliche Besserung zu erkennen ist. Je tiefer man in der Gewinn- und Verlustrechnung schaut, desto trüber werden die Zahlen.
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Insbesondere die Abschreibungen sowie das weiterhin stark negative Finanzergebnis sorgen zum Halbjahr für einen Verlust von unterm Strich 4,76 Mio. Euro – nach einem Fehlbetrag von allerdings knapp 6,95 Mio. Euro in der entsprechenden Vorjahresperiode. Erreicht wurde dieses Resultat bei um 2,6 Prozent rückläufigen Erlösen von 146,73 Mio. Euro sowie einem Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von annähernd plus 5,77 Mio. Euro. Der korrespondierende Vergleichswert aus dem Vorjahr liegt bei minus 1,69 Mio. Euro. Angesichts eines „solides Auftragsbestands“ von fast 158 Mio. Euro bestätigt Vorstandssprecherin Bettina Meyer ihre bisherige Prognose für das Gesamtjahr, die von Umsätzen in einer Bandbreite zwischen 325 und 345 Mio. Euro sowie einer EBITDA-Marge in einer Range von 4,0 bis 5,5 Prozent ausgeht. Dementsprechend dürfte das 2019er-EBITDA irgendwo zwischen 13 und 19 Mio. Euro liegen. Die Analysten von GBC aus Augsburg gingen in ihrer jüngsten Studie von einem EBITDA von 18,6 Mio. Euro aus – setzen also eher auf die optimistische Variante. Boersengefluester.de kalkuliert zurzeit deutlich vorsichtiger.
Entscheidend für den weiteren Verlauf des Aktienkurses ist aber ohnehin, ob der Einstieg von Funkwerk die erhofft positive Wirkung auf das operative Geschäft entfaltet. Zudem setzen die Börsianer darauf, dass der neue Investor bei der finanziellen Sanierung von Euromicron mit Rat und Tat beiseite steht. Immerhin ist für Ende Januar 2020 die Tilgung eines Darlehens im Volumen von 25 Mio. Euro terminiert. „Diverse Prozesse sind angestoßen. Wir sind im Plan“, sagt Meyer. Ende des Jahres soll es zu diesem wichtigen Themenkomplex ein Update geben. Trotz aller Risiken: Insgesamt überwiegen für uns derzeit die Chancen bei Euromicron. Bei dem auf den ersten Blick sehr niedrigen Börsenwert sollten Anleger jedoch beachten, dass die Gesellschaft Netto-Finanzschulden von fast 103 Mio. Euro in der Bilanz stehen hat. Geeignet ist das Papier nur für erfahrene und risikobereite Investoren, die mit großen Kursschwankungen kein Problem haben.
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Nachtrag: Am 10. Dezember 2019 hat Euromicron das Schutzschirmverfahren in Eigenverwaltung (Insolvenz) angemeldet. Offiziell heißt es: „Nachdem Gespräche über einen Überbrückungskredit oder andere liquiditätsstützende Maßnahmen zur Sicherung der Finanzierung des Konzerns gescheitert sind, ist die positive Fortführungsprognose entfallen und damit die Gesellschaft überschuldet. Inzwischen sind Gespräche mit einem strategischen Investor zur Übernahme der operativen Tochtergesellschaften angelaufen. Der Investor hat hierzu heute ein Erwerberkonzept vorgelegt und strebt eine Verwertungsvereinbarung mit den finanzierenden Banken und Avalgebern an.
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