Bereits vor einem halben Jahr hatten wir die Befürchtung, dass die neue Aktionärsstruktur bei Ehlebracht nicht unbedingt ein Garant für eine nachhaltige Börsenpräsenz sei (zu dem Beitrag von boersengefluester.de kommen Sie HIER). Nun deuten die Zeichen bei dem Anbieter von Kunststoffteilen (Gehäuse für Haushaltsgeräte) und Möbelfunktionstechnik (Leuchten und Lichtsysteme) tatsächlich auf Squeeze-out. Immerhin: Im schlimmsten Fall hätte die nur noch im schwach regulierten Entry Standard gelistete Gesellschaft auch ein Delisting durchführen können. Dem Vernehmen nach zielt die dem Unternehmer Ralf Kesseböhmer zurechenbare E & Funktionstechnik Holding AG aus Köln aber auf einen umwandlungsrechtlichen Squeeze-Out – mit angemessener Barabfindung. Die dafür nötige Schwelle von 90 Prozent hat Kesseböhmer mittlerweile knapp genommen. Die Aufstockung kommt für boersengefluester.de zum gegenwärtigen Zeitpunkt dennoch etwas überraschend, schließlich dümpelte die Notiz von Ehlebracht in den vergangenen Monaten eher lustlos vor sich hin. Von einem Aufkäufer war jedenfalls nichts zu spüren.
Das war auch nicht möglich – zumindest für einen wesentlichen Teil der jetzt gemeldeten Stückzahlen: Die E & Funktionstechnik hat nämlich außerbörslich in sechs Transaktionen die 897.570 Ehlebracht-Aktien zu einem Durchschnittspreis von rund 3,58 Euro erworben. Das geht zumindest aus einer jetzt im elektronischen Bundesanzeiger sowie auf der Internetseite www.ehlebracht-angebot.de veröffentlichten Meldung hervor. Dabei schwankten die einzelnen Positionsgrößen zwischen 8.900 und 370.000 Aktien. Wer die Verkäufer waren, ist unbekannt. Besonders verwunderlich ist allerdings, warum sie ihre Anteile nicht schon bei der offiziellen Offerte zu 3,88 Euro angedient haben. Darüber hinaus haben die Veräußerer mit ihren Paketverkäufen die E & Funktionstechnik jetzt überhaupt erst in die Lage gebracht, den Squeeze-out zumindest einzufädeln. Normalerweise lassen sich Investoren für so etwas angemessen bezahlen und akzeptieren jedenfalls keinen Abschlag zur offiziellen Offerte, auch wenn die bereits vor ein paar Monaten abgelaufen war. Sehr mysteriös also.
Die gesamte Marktkapitalisierung beträgt zurzeit 53,5 Mio. Euro. Angesichts der zuletzt spürbar verbesserten Ertragslage wetten die Investoren jetzt auf einen Nachschlag. Dabei bezeichnete Kesseböhmer sein bisheriges Gebot von 3,88 Euro im Vorjahr bereits als „Premiumofferte”. Nun: Für 2015 hat Ehlebracht-Vorstand Bernd Brinkmann zuletzt Erlöse von mehr als 95 Mio. Euro sowie einen Gewinn vor Steuern von rund 5 Mio. Euro in Aussicht gestellt. Gemessen daran ist die Bewertung des Small Cap nun wirklich nicht luxuriös – selbst unter Beachtung der Nettofinanzverbindlichkeiten von 7,5 Mio. Euro zum Halbjahr 2014 (neuere Zahlen liegen noch nicht vor).
Die Wette auf einen Nachschlag, der auch über das aktuelle Kursniveau von 4,15 Euro spürbar hinausgeht, hat also gar nicht mal so schlechte Erfolgsaussichten. Der weitere Terminplan steht noch nicht fest. Die nächste ordentliche Hauptversammlung ist für den 16. Juli 2015 in der Stadthalle Bielefeld terminiert. Weniger schön ist, dass mit dem „Ausquetschen” der verbliebenen freien Aktionäre auf absehbare Zeit wohl ein weiterer Titel vom Kurszettel verschwinden wird. Immerhin ist Ehlebracht bereits seit Dezember 1989 an der Börse notiert – mit wechselvollen Episoden. Leidgeprüfte Anteilseigner (und Manager) haben wohl vor allem die Zeit um 2009 in Erinnerung, als die mittlerweile insolvente Vestcorp (ehemals TFG Capital) ein Übernahmeangebot zu 1,33 Euro machte und anschließend den Aufsichtsrat zu entern versuchte – allerdings komplett scheiterte.