Kurz vor Weihnachten fliegen noch ordentlich die Fetzen: Die zur Jahresmitte bei Blue Cap eingestiegene Beteiligungsgesellschaft PartnerFonds strebt eine außerordentliche Hauptversammlung der Blue Cap AG an, bei der es einzig und allein darum geht, den kompletten Aufsichtsrat abzuberufen und auch dem Vorstand Hannspeter Schubert das Vertrauen zu entziehen. An der Börse schlägt die Nachricht ein wie eine Bombe und sorgt für einen Kursrutsch von im Tief 16 Prozent auf 14 Euro. Kein Wunder: Schubert gilt in Spezialwertekreisen gemeinhin als Beteiligungsexperte mit einer glücklichen Hand, der Blue Cap über die Jahre zu einer veritablen Größe geführt hat. Die PartnerFonds AG hingegen steht im Ruf einer eher schwierigen Historie und ist immer noch damit beschäftigt, zur Ruhe zu kommen. Die Rollenverteilung in den einschlägigen Diskussionsforen war damit ein Stück weit gesetzt, was es für PartnerFonds-Vorstand Oliver Kolbe nicht unbedingt einfacher machte.
Jetzt war der Bogen aber offenbar überspannt. „Wir haben mit dem Kauf unseres 44-prozentigen Aktienpakets an der Blue Cap AG von Dr. Schubert weitreichende Zusagen hinsichtlich der kooperativen Übergabe der Geschäfte erhalten, die allesamt nicht erfüllt wurden – siehe hierzu als Beispiel die Ad-hoc Meldung der Blue Cap AG vom 13. Juni 2018. Aus diesen und weiteren sich in der Zwischenzeit ergebenen Gründen sind der Aufsichtsrat und Vorstand der PartnerFonds AG einvernehmlich übereingekommen, ein Verlangen nach Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung bei der Blue Cap AG auf den Weg zu bringen, um den Aktionären die Möglichkeit zu geben, über die Weiterentwicklung der Blue Cap AG abzustimmen“, sagt Kolbe gegenüber boersengefluester.de. Dass die Chemie zwischen beiden Parteien nicht wirklich stimmte und Schubert eher auf Alleingänge setzte, hatte boersengefluester.de bereits mehrfach angedeutet (zuletzt etwa HIER). Gleichwohl sind auch wir von der jetzigen Eskalationsstufe überrascht, immerhin hatten wir mit Kolbe noch Ende November auf dem Eigenkapitalforum in Frankfurt gesprochen. Damals präsentierte Kolbe die PartnerFonds AG auf der Venture Stage für nicht gelistete Companys und schien zwar nicht unbedingt happy mit der Entwicklung, aber doch vergleichsweise zuversichtlich, eine weniger konfrontative Lösung hinzubekommen.
Dabei hörte sich anfangs alles nach einer runden Story an: Die Aktionäre der nicht gelisteten PartnerFonds sollten über das geplante Zusammengehen mit der im Handelssegment Scale notierten Blue Cap einerseits fungible Anteile bekommen. Darüber hinaus war es das Ziel von Kolbe, mit Hilfe von Blue Cap eine knackige neue Investmentstory zu formen. Blue Cap-Boss Schubert hingegen wollte die Aktionärsstruktur unabhängiger von seiner Person machen und verkaufte seinen kompletten – in der Southern Blue Beteiligungsgesellschaft gebündelten Anteil von 44 Prozent – für annähernd 33,5 Mio. Euro an PartnerFonds. Herunter gebrochen auf die einzelne Aktie entsprach das einem Niveau von rund 19,15 Euro je Aktie. Eigentlich kein schlechter Deal, auf den sich der frühere Wirtschaftsprüfer da eingelassen hatte. Umso verwunderlicher, warum die Situation nun derart aus dem Ruder gelaufen ist.
Ursprünglicher Plan war es schließlich, dass Schubert weiterhin als Vorstand der Blue Cap tätig sein wird und mittelfristig aus dem Vorstand in den Aufsichtsrat wechselt (HIER). „Business as usual“, möchte man meinen. Offenbar schien sich Schubert mit dieser Rollenverteilung aber dann doch nicht abfinden zu wollen – auch wenn er seine Stücke längst alle verkauft hatte. Das letzte Kapitel des Stücks ist aber mit Sicherheit noch nicht geschrieben. Zudem wird sich der ursprüngliche Zeitplan für die geplante Börsenzusammenführung beider Gesellschaften kaum halten lassen. Bereits eingetreten ist hingegen der Schaden in Form des kräftigen Kursrutsches.
So wird Blue Cap an der Börse zurzeit mit nur knapp 62 Mio. Euro bewertet – bei einem Substanzwert (NAV) von 112 Mio. Euro. Mit anderen Worten: Aktuelle Notiz: 15,50 Euro, NAV: 28,20 Euro. Nun ist ein gewisser Abschlag auf den Substanzwert momentan sicher gerechtfertigt, aber ein Discount von 45 Prozent scheint uns dann doch arg heftig. Das spricht eher für die Aktie. Und vielleicht gibt es ja doch noch ein gütliche Einigung, zumindest liegen die Karten jetzt auf dem Tisch. Das ist definitiv ein Fortschritt. „Unser Ziel ist die Zusammenlegung der Beteiligungen beider Gesellschaften unter dem Dach der Blue Cap AG. Dabei wollen wir uns auf die Wachstumschancen des gemeinsamen Portfolios konzentrieren, die Renditen verbessern um die Blue Cap AG als Industrieholding zu einem nachhaltigen Dividendentitel entwickeln“, sagt Kolbe.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 141,76 | 176,11 | 225,67 | 232,00 | 267,35 | 347,51 | 273,32 | |
EBITDA1,2 | 11,18 | 11,52 | 15,01 | 34,47 | 25,41 | 30,30 | 15,18 | |
EBITDA-Marge3 | 7,89 | 6,54 | 6,65 | 14,86 | 9,50 | 8,72 | 5,55 | |
EBIT1,4 | 8,48 | 6,60 | 4,65 | 21,37 | 7,82 | 16,96 | -13,51 | |
EBIT-Marge5 | 5,98 | 3,75 | 2,06 | 9,21 | 2,93 | 4,88 | -4,94 | |
Jahresüberschuss1 | 40,01 | 4,62 | 2,82 | 16,49 | 4,72 | 10,44 | -20,28 | |
Netto-Marge6 | 28,22 | 2,62 | 1,25 | 7,11 | 1,77 | 3,00 | -7,42 | |
Cashflow1,7 | 3,15 | 0,28 | 1,84 | 12,60 | 12,44 | 16,99 | 19,60 | |
Ergebnis je Aktie8 | 10,05 | 1,16 | 0,71 | 4,15 | 1,24 | 2,78 | -4,02 | |
Dividende8 | 1,00 | 0,75 | 0,75 | 1,00 | 0,85 | 0,90 | 0,65 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Deloitte |
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