Was für ein krasser Chart: Erst schießt die Notiz von Bio-Gate Ende Oktober innerhalb von wenigen Tagen um in der Spitze 222 Prozent Richtung Norden, nachdem der Spezialist für antimikrobielle Spezialbeschichtungen den Einsatz seiner Desinfektionssprays zur Vorbeugung von Corona-Infektionen im öffentlichen Nahverkehr von Nürnberg vermeldet hatte. Dann folgte die – beinahe zu erwartende – Kurskorrektur, die schulbuchmäßig 50 Prozent des vorangegangenen Anstiegs ausmachte. Das immer noch deutlich erhöhte Niveau nutzte Bio-Gate im Januar freilich recht schnell, um via Kapitalerhöhung (zu 3,65 Euro) rund 2,5 Mio. Euro zur Wachstumsfinanzierung einzuwerben. Seitdem hangelt sich der Micro Cap – und das finden wir doch sehr überraschend – in einer vergleichsweise engen Spanne zwischen 3,50 und 4,50 Euro seitwärts.
Zumindest die Analysten von SMC Research trauen Bio-Gate deutlich mehr zu und empfehlen die Aktie mit einem Kursziel von 6,90 Euro zu kaufen. Borsengefluester.de hat sich den jetzt veröffentlichten Geschäftsbericht 2020 genau angesehen und kann sich der positiven Einschätzung von SMC anschließen. Wichtig zunächst einmal, dass Bio-Gate nicht nur eine kurzfristige Wette auf den Absatz von antiviralen Produkten wie Masken- und Imprägniersprays, Handgele oder auch Shampoos zur täglichen Desinfektion ist – selbst wenn dieser Bereich zurzeit am kräftigsten wächst und Bio-Gate die Mittel aus der Kapitalerhöhung entsprechend in den Ausbau ihrer Kapazitäten hierfür steckt. Gut unterwegs mit einem Umsatzanteil von zuletzt rund 18 Prozent sind die Nürnberger auch im Veterinärbereich, hier geht es etwa um Wundsprays zur Behandlung von Ekzemen bei Tieren.
Auffällig ist, dass Bio-Gate quasi überall auf Kooperationen setzt, um das Potenzial der einzelnen Produkte zu heben. So werden viele antivirale Produkte häufig über Lebensmitteldiscounter (siehe dazu auch unseren Beitrag HIER) vertrieben. Aber auch bei der Beschichtung von orthopädischen Implantaten setzt das Unternehmen auf namhafte Partner wie die früher selbst einmal börsennotierte B. Braun-Tochter Aesculap. Anhaltendes Geschäft verspricht auch der Einsatz von Desinfektionsmitteln in Bus und Bahn. „Derzeit befindet sich Bio-Gate in einer Vielzahl von Gesprächen mit den Verkehrsbetrieben fast aller deutschen und österreichischen Großstädte“, heißt es offiziell. Summa summarum drängt sich klar der Eindruck auf, dass Bio-Gate – nach vielen schwierigen Jahren – zurzeit an allen Ecken und Enden neue Geschäfte auftut. Entsprechend dynamisch soll sich auch der Umsatz im ersten Quartal entwickelt haben, selbst wenn Bio-Gate hierzu keine Zahlen nennt.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 3,83 | 3,69 | 3,49 | 5,13 | 6,24 | 5,90 | 7,25 | |
EBITDA1,2 | 0,05 | -0,64 | -0,75 | -0,52 | -0,35 | -1,55 | -1,33 | |
EBITDA-Marge3 | 1,31 | -17,34 | -21,49 | -10,14 | -5,61 | -26,27 | -18,35 | |
EBIT1,4 | -0,19 | -0,89 | -1,05 | -0,82 | -0,54 | -1,79 | -1,59 | |
EBIT-Marge5 | -4,96 | -24,12 | -30,09 | -15,98 | -8,65 | -30,34 | -21,93 | |
Jahresüberschuss1 | -0,18 | -0,87 | -1,03 | -0,80 | -0,56 | -1,81 | -1,62 | |
Netto-Marge6 | -4,70 | -23,58 | -29,51 | -15,59 | -8,97 | -30,68 | -22,35 | |
Cashflow1,7 | -0,11 | -0,57 | -1,01 | -0,60 | -0,63 | -2,16 | -0,98 | |
Ergebnis je Aktie8 | -0,03 | -0,14 | -0,16 | -0,11 | -0,07 | -0,22 | -0,19 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Rödl & Partner |
Nur auf eine qualitative Aussage lässt sich der Vorstand auch beim Ausblick für das Gesamtjahr 2021 ein: So ist bei einer „deutlichen“ Umsatzsteigerung von einem „spürbar verbesserten“ Konzernergebnis die Rede – trotz der Investitionen für die Entwicklung neuer Produkte und dem Ausbau der Kapazitäten. „Die Bereitschaft der Bevölkerung, von Unternehmen und der Politik, in antimikrobielle und antivirale Produkte und Lösungen zu investieren, ist spürbar gestiegen“, sagt CEO Marc Lloret-Grau. Im Geschäftsbericht ist zwar zu lesen, dass Vorstand und Aufsichtsrat dem Ziel, die Gewinnzone zu erreichen, eine hohe Priorität beimessen und Vorleistungen für die Expansion bereits im 2020er-Abschluss enthalten sind. Ob Bio-Gate bereits für 2021 schwarze Zahlen schafft, scheint für uns aus heutiger Sicht aber trotzdem eher unwahrscheinlich.
Spätestens für 2022 rechnet boersengefluester.de dann jedoch mit einem deutlichen Ende der langjährigen Verlustserie. Schwierig aus Investorensicht bleibt derweil die Kombination aus sehr geringem Börsenwert und entsprechend niedriger Handelsliquidität – trotz des seit der jüngsten Kapitalerhöhung von 7,6 auf 16,6 Prozent erhöhten Streubesitzanteils. Wer sich davor nicht scheut, findet in Bio-Gate jedoch eine interessante Aktie mit viel Platz nach oben.