Wie zu erwarten war, drückt Bosch auf die Tube, um das Börsenkapitel von Aleo Solar möglichst rasch zu schließen. So hat der Mischkonzern noch vor Jahresende 2014 mitgeteilt, dass er einen Squeeze-out gegen Zahlung einer „angemessenen Barabfindung” anstrebt. Das ist ein positives Zeichen, immerhin hätte sich Bosch auch über ein kaltes Delisting aus der Verantwortung stehlen können. Die formalen Voraussetzungen für einen ordentlichen Börsenrückzug sind gegeben: Nach Andienung der Stücke der Beteiligungsgesellschaft Deutsche Balaton besitzt Bosch nun mehr als 95 Prozent aller Aleo-Aktien. Die Spekulation ist bereits in vollem Gang. Jetzt geht es darum, welcher Preis als „angemessen” bezeichnet werden kann. Die rechtliche Untergrenze ist der volumengewichtete Durchschnittskurs der vergangenen drei Monate. Kontrovers diskutiert wird dabei immer wieder, ab wann der korrekte Startpunkt für die Berechnung zu ziehen ist. Wählt man die drei Monate vor Bekanntgabe der Squeeze-out-Absicht – also den 30. Dezember 2014 – ergibt sich nach Berechnungen von boersengefluester.de ein Durchschnittskurs von rund 2 Euro. Zum Vergleich: Aktuell wird der Anteilschein des früheren Photovoltaikspezialisten mit 3,62 Euro gehandelt. Nach diesem Szenario ist die Aleo-Aktie längst ein Spiel mit dem Feuer.
Ein Anhaltspunkt für den möglicherweise fairen Abschiedswert könnte aber auch die in der öffentlich geführten Auseinandersetzung zwischen Deutsche Balaton und Robert Bosch AG genannte Preisspanne zwischen 2,55 und 3,00 Euro sein. Auf Seite 46 der Angebotsunterlage heißt es: „Vorbehaltlich der allerdings schwierigen internen Abstimmung und Genehmigungen bei Bosch sei vorstellbar, das Zweifache des (damals) aktuellen Kurses (rund 0,85 Euro je aleo-Aktie zum damaligen Zeitpunkt) als Aufschlag, also insgesamt rund 2,55 Euro, gegebenenfalls möglicherweise sogar bis zu 3 Euro je aleo-Aktie zu bezahlen.” Hintergrund der damaligen Verhandlungen war die Einschätzung der Parteien, dass allein die steuerlich nutzbaren Verlustvorträge einen abgezinsten Wert von 10 Mio. Euro für Bosch darstellen.
Die Fantasie der verbliebenen freien Aleo-Aktionäre entfacht sich allerdings an dem von Bosch an Deutsche Balaton zugestandenen Preis von 6,00 Euro je Aktie. Ein knifflige Situation: Unter Gleichheitsaspekten wäre es eine Ungerechtigkeit, wenn Bosch die verbleibenden freien Aktionäre mit weniger Geld abspeisen würde, als die Nebenwerteexperten von Balaton bekommen haben – „nur” weil diese massive rechtliche Geschütze gegen Bosch aufgefahren hatten, wie in der Einladung zur außerordentlichen Hauptversammlung im Dezember nachzulesen ist. Andererseits scheint eine Bewertung von 78 Mio. Euro (auf Basis der 6 Euro) für eine nicht mehr existente Solarfirma – mit freilich stattlichen Verlustvorträgen – ziemlich abgehoben.
Möglicherweise spielt aber auch eine Rolle, dass Bosch – die Gesellschaft hat sich in der ganzen Abwicklung von Aleo bislang sehr fair gezeigt – definitiv einen Schlussstrich ziehen will. Bei der noch im Streubesitz befindlichen Aktienzahl von knapp 623.000 Aleo-Stücken würde der Abfindungsbetrag zwischen 3,7 Mio. Euro (bei Abfindungspreis 6 Euro) und 1,2 Mio. Euro (bei Abfindungspreis 2 Euro) schwanken. Angesichts der bereits versenkten zig Millionen Euro, wäre also selbst die höhere Variante beinahe eine Marginalie. Dennoch: Bosch hat nichts zu verschenken und steht wohl auch nicht in der Pflicht, die Erwartungen von Squeeze-out-Spekulanten maximal zu erfüllen. Genau in diese Richtung deutet zurzeit allerdings die Kursentwicklung von Aleo-Solar. Letztlich dürfte das Spiel ohnehin viel besser ausgehen als lange Zeit zu vermuten war. Immerhin kostete die Aleo-Aktie im Mai 2014 gerade einmal 0,25 Euro und alles sah nach einem Totalverlust aus. Wer hätte da gedacht, dass aus Aleo Solar noch einmal so eine spannende Squeeze-out-Story wird?
Foto: SplitShire