Der Elektronikspezialist Weidmüller wird sich vermutlich heute noch die Finger reiben, dass er 2014 bei dem Übernahmekampf um R. Stahl nicht zum Zuge kam und sich dem Abwehrbollwerk der Familienaktionäre von R. Stahl beugen musste – trotz einer (nicht nur aus heutiger Sicht) sehr stattlichen Offerte von 50 Euro je Aktie. Schließlich war damals kaum absehbar, dass der Ölpreis derart heftig kollabieren wird und den Anbieter von explosionsgeschützten Elektroteilen – von Spezialbeleuchtungen bis zu Signalgeräten – mit in den Abwärtssog zieht. Schließlich stammen knapp 50 Prozent der Kunden aus dem Öl- und Gassektor. Längst musste der Vorstand von R. Stahl einsehen, dass sich seine ursprünglichen Wachstumsprognosen in diesem Marktumfeld nicht umsetzen lassen. Noch schlimmer: Das Unternehmen musste Personal entlassen und ein strammes Kostensenkungsprogramm initiieren. Zudem will sich R. Stahl stärker auf stabilere Branchen wie Chemie und Pharma konzentrieren. Den Vorstandsvertrag mit CEO Martin Schomaker haben die Waldenburger bis Ende 2019 verlängert. „Wir sind überzeugt, dass er das im letzten Jahr verabschiedete Maßnahmenpaket erfolgreich umsetzen und das Unternehmen im derzeit schwierigen Marktumfeld zu weiterem Wachstum führen wird”, sagt Heiko Stallbörger, Vorsitzender des Aufsichtsrats.
An der Börse hat das Familienunternehmen seit dem harten Konfrontationskurs gegen Weidmüller eine Menge Kredit eingebüßt. Immerhin: Mit der RAG-Stiftung konnte R. Stahl vor geraumer Zeit einen neuen Ankeraktionär gewinnen. Derweil haben die Baden-Württemberger mit ihren vorläufigen Zahlen für 2015 die – zuvor allerdings deutlich zusammengefaltete – Prognosen erfüllt und den zuletzt genannten Ausblick für 2016 bestätigt. Demnach kam R. Stahl im vergangenen Jahr auf leicht gestiegene Erlöse von 312,9 Mio. Euro sowie ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 3,9 Mio. Euro – nach 18,3 Mio. Euro im Jahr zuvor. Die offizielle Vorschau sah ein Betriebsergebnis in einer Bandbreite zwischen 2 und 5 Mio. Euro vor. Für 2016 bleibt das Management bei der Einschätzung, wonach die Umsätze in einem Korridor von 280 bis 290 Mio. Euro anzusiedeln sind – bei einer EBIT-Marge von fünf bis sieben Prozent. Das würde auf ein Betriebsergebnis von 14 bis gut 20 Mio. Euro hinauslaufen. Dem steht gegenwärtig eine Marktkapitalisierung von knapp 194 Mio. Euro entgegen. Zumindest in der zuversichtlicheren Variante bewegt sich R. Stahl mittlerweile also wieder in einem ansprechenderen Bewertungsniveau. In den vergangenen Monaten hatte boersengefluester.de den Titel konsequent auf „Verkaufen“ stehen. Von dieser Einschätzung rücken wir nun ab.
Wer den Titel noch im Depot hat, sollte engagiert bleiben. Im Prinzip sollten die Nachrichten in den kommenden Monaten eher besser werden. Kritisch wird es nochmals am 22. April – dann steht die Veröffentlichung des Geschäftsberichts an. Wir gehen davon aus, dass eine Nullrunde bei der Dividende durchaus möglich ist, was den Kurs kurzfristig nochmals belasten könnte. Dennoch: Wir nehmen das Papier auf unsere Beobachtungsliste.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 268,46 | 280,11 | 274,78 | 246,59 | 248,11 | 274,34 | 330,56 | |
EBITDA1,2 | 7,00 | 9,46 | 25,27 | 17,18 | 16,82 | 20,59 | 36,64 | |
EBITDA-Marge3 | 2,61 | 3,38 | 9,20 | 6,97 | 6,78 | 7,51 | 11,08 | |
EBIT1,4 | -10,69 | -4,16 | 6,34 | 0,49 | -0,06 | 3,85 | 19,12 | |
EBIT-Marge5 | -3,98 | -1,49 | 2,31 | 0,20 | -0,02 | 1,40 | 5,78 | |
Jahresüberschuss1 | -21,78 | -7,00 | 1,35 | -3,53 | -4,93 | 1,93 | 0,18 | |
Netto-Marge6 | -8,11 | -2,50 | 0,49 | -1,43 | -1,99 | 0,70 | 0,05 | |
Cashflow1,7 | 19,75 | 18,22 | 19,62 | 17,86 | 11,86 | 5,99 | 14,22 | |
Ergebnis je Aktie8 | -3,28 | -1,10 | 0,21 | -0,54 | -0,76 | 0,30 | 0,03 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: BDO |
Foto: R. Stahl AG