Überraschende Wende bei Balda: Nachdem sich der Spezialist für Kunststoffteile für den Einsatz in den Bereichen Medizintechnik, Automotive oder auch Brillen zuletzt in Rechtsstreitigkeiten verzettelt hatte und zudem auch noch eine Gewinnwarnung geben musste, bekam die Aktie kein Bein mehr auf den Boden. Verglichen mit den immer noch reichlich vorhandenen Finanzmitteln von knapp 195 Mio. Euro wurde der ehemalige SDAX-Konzern zuletzt sogar mit einem Abschlag von knapp einem Viertel auf den Cashbestand gehandelt. Das hatte sich der Rechtsanwalt Thomas van Aubel, der über die Elector GmbH mehr als 29 Prozent der Stimmen kontrolliert, alles mal ganz anders vorgestellt. Nun macht Aubel, der auch dem Aufsichtsrat von Balda vorsitzt, tabula rasa. Das gesamte operative Geschäft von Balda soll an eine Investorengruppe aus dem Umkreis der Münchner Paragon Partners für 62,9 Mio. Euro verkauft werden. Das entspricht einem Preis von etwa 1,07 Euro je Balda-Aktie. Mit Blick auf das für 2017 erwartete Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) zwischen 2 und 3 Mio. Euro scheint der Verkaufspreis durchaus attraktiv zu sein. Darüber soll der Hauptversammlung (HV) am 19. November 2015 eine Dividende von 1,10 Euro je Aktie vorgeschlagen werden. Bezogen auf den Vortagesschlusskurs entspricht das einer Rendite von immerhin 45 Prozent. Die Ausschüttungssumme beläuft sich auf knapp 64,8 Mio. Euro. Aber Vorsicht: Um genau diesen Betrag wird sich der Wert des Unternehmens via Dividendenabschlag nach der HV verringern. Es wird also kein „Free Lunch” verteilt!
In einem zweiten Schritt soll dann eine Kapitalherabsetzung im Verhältnis 1:10 erfolgen. Konkret heißt das: Das gegenwärtig in 58.890.636 Aktien unterteilte Gezeichnete Kapital wird auf 5.889.063 Euro gekürzt. Die dadurch frei werdenden Mittel wandern in die Rücklagen und stehen so zur Ausschüttung bereit – allerdings ist für die Umsetzung einer solchen Maßnahme eine Sechs-Monats-Frist nach Eintragung ins Handelsregister zu beachten. Demnach ist mit der (steuerfreien) Auszahlung der sich aus dieser Transaktion ergebenden 0,90 Euro je derzeitiger Aktie erst ab Juni 2016 zu rechnen. Aus Balda wird im Zuge dieser Transaktionen also eine Finanzhülle ohne operatives Geschäft – vermutlich sogar mit endlichem Börsenleben. Ähnliche Fälle gab es auf dem Parkett schon häufiger – zuletzt hat etwa der Medizintechnikkonzern UMS United Medical Systems sein Geschäft verkauft und den Erlös sukzessive an die Aktionäre verteilt. Konkrete Pläne zur künftigen Ausrichtung hat Balda aber noch nicht mitgeteilt. Mit Sicherheit wird sich auf der HV aber alles um diesen Themenkomplex drehen. Kurzfristig ist der Verkauf des Stammgeschäfts in Kombination mit der Ausschüttung eine positive Entwicklung. Manch Small-Cap-Kenner hatte Balda in der Vergangenheit sogar in den Kreis der potenziellen Delisting-Kandidaten gerückt. Letztlich bleibt aber die Erkenntnis, dass es dem Unternehmen nicht gelungen ist, die vielen Millionen Euro aus dem Verkauf ihrer TPK-Aktien zu einer klangvollen Börsenstory umzumünzen.
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