Der Chart von LPKF Laser & Electronics lässt sich aus mindestens drei Blickwinkeln betrachten: Anleger, die Anfang 2014 bei Höchstkursen im Bereich um 20 Euro eingestiegen sind, werden das Investment vermutlich verfluchen. Immerhin türmt sich ihr Kursminus für den TecDAX-Wert auf fast 50 Prozent. Entspannter dürften Investoren sein, die sich bereits Anfang 2012 für ein Engagement in den Spezialmaschinenbauer entschieden haben – damals kostete der Anteilschein noch rund 5 Euro. Ihr Kursgewinn ist zwar von in der Spitze 300 Prozent auf gegenwärtig „nur” noch 120 Prozent geschmolzen. Doch es gab bestimmt schlechtere Investments in der Zeit. Und dann gibt es die Gruppe der Börsianer, die gegenwärtig nicht in LPKF Laser investiert ist, sich den Chart aber sehr genau anschauen. Schließlich existieren nicht mehr so viele Aktien, deren Kurse nicht unter der Decke sind. Zudem hat sich die Marke um 10 Euro in den vergangenen Monaten schon mehrfach als tragfähige Unterstützung bei LPKF erwiesen. Lohnt sich also jetzt ein Investment?
Die schlechten Nachrichten liegen alle auf dem Tisch: Im vergangenen Jahr musste das Unternehmen aus Garbsen nordwestlich von Hannover ein Umsatzminus von 7,6 Prozent auf 119,75 Mio. Euro sowie einen EBIT-Rückgang von 45,5 Prozent auf 12,67 Mio. Euro verkraften. Demnach sank die Relation von Ergebnis vor Zinsen und Steuern zu den Erlösen auf 10,6 Prozent. Zum Vergleich: In den vergangenen fünf Jahren lag die EBIT-Marge bei durchschnittlich 16,8 Prozent. Probleme hatte LPKF insbesondere in Korea, wo es heftige Erlösrückgänge gab. Wichtigstes Einsatzgebiet der Anlagen von LPKF ist die Produktion von Smartphones. So lassen sich mit Hilfe von Laser-Direktstrukturierungen die Gehäuse der Geräte gleichzeitig als Antenne nutzen. Diese Technik war allerdings auch der Hauptgrund für den massiven Kursanstieg der LPKF-Aktie in den Jahren zuvor. Traditionell kommt LPKF jedoch aus dem Bereich Leiterplatten. Hier werden die Maschinen von LPKF zum Schneiden und Trennen via Laserstrahl eingesetzt. Weniger bekannt sein dürfte, dass die Technik von LPKF unter anderem auch bei Adidas zum Schweißen der Sohlen unter die Turnschuhe eingesetzt wird. Wichtige Abnehmer des TecDAX-Konzerns kommen darüber hinaus aus dem Photovoltaiksektor.
Um die Konkurrenz aus Asien auf Distanz zu halten, setzt das Unternehmen konsequent auf neue Produkte. „Rund zehn Prozent unseres Umsatzes stecken wir in Forschung und Entwicklung”, sagt Finanzvorstand Kai Bentz auf dem Aktienforum 2015 der Solventis Wertpapierhandelsbank. Große Hoffnungen setzt Bentz unter anderem auf Anlagen, mit denen sich sehr feine Linien – vergleichbar mit den Heizdrähten auf der Heckscheibe von Autos – auftragen lassen. Aber auch Laserverfahren zum ultrafeinen Glasbohren für die Chip-Industrie versprechen künftiges Wachstum. Für eine derart hohe F&E-Quote, bedarf es allerdings einer entsprechend belastbaren Bilanz – und die hat LPKF mit einer Eigenkapitalquote von 53,5 Prozent. Der Nettofinanzverschuldung von knapp 30,5 Mio. Euro steht dabei ein Eigenkapital von 68,5 Mio. Euro entgegen. Das sind smarte Relationen.
Bewertungsmäßig kommt die LPKF-Aktie mittlerweile auch wesentlich ansprechender daher als bei Kursen um 20 Euro. Für das laufende Jahr hat die Gesellschaft bei Erlösen von 128 bis 136 Mio. Euro eine EBIT-Marge zwischen 12 und 15 Prozent in Aussicht gestellt, was auf ein Betriebsergebnis in einer Spanne von 15,4 bis 20,4 Mio. Euro hinausläuft. Zu hoch sollte die Erwatungshaltung allerdings nicht angesetzt werden. „Das ist eine ambitionierte Planung – und kein Selbstläufer”, sagt Finanzvorstand Bentz. Für die Jahre ab 2016 will LPKF dann wieder Erlöszuwächse von im Schnitt mindestens zehn Prozent sowie eine EBIT-Marge zwischen 15 und 17 Prozent zeigen. Viele Maschinenbau-Unternehmen gibt es wohl nicht, die derartige Margen für sich in Anspruch nehmen. Boersengefluester.de rechnet mit einem 2016er-EBIT von 22,5 Mio. Euro. Demnach würde die LPKF-Aktie – bei einer Marktkapitalisierung von 241,2 Mio. Euro – derzeit mit dem Faktor 10,7 auf das 2016er-EBIT gehandelt. Inklusive der Verschuldung erhöht sich das Multiple auf knapp 12,1. Als Vergleichsunternehmen vom heimischen Kurszettel bieten sich in erster Linie Rofin-Sinar und Jenoptik an. In Teilen lassen sich aber auch Verbindungen zu dem TecDAX-Konzern Manz herstellen, denn die Gesellschaft ist ebenfalls in der Bearbeitung von Leiterplatten unterwegs.
Der Laserspezialist Rofin-Sinar ist mit einem Umsatz von umgerechnet zuletzt knapp 500 Mio. Euro deutlich größer als LPKF. Dementsprechend ist die ehemalige Siemens-Abspaltung mit den Abnehmerbranchen Maschinenbau, Automobilzulieferer, Elektronik, Halbleiter, Solar und Medizintechnik viel breiter aufgestellt. Dafür kam Rofin-Sinar in den vergangenen fünf Jahren aber auch „nur” auf eine EBIT-Marge von im Schnitt 10,1 Prozent. Bezogen auf die Schätzungen für das Jahr 2016 wird der bis 2010 noch dem TecDAX zugehörige Titel mit dem 12,5fachen des EBIT gehandelt – also spürbar höher als LPKF. Doch Rofin-Sinar ist bilanziell weich gefedert. Inklusive der Nettoliquidität reduziert sich dieser Faktor auf 10,7. Damit kommen LPKF und Rofin aktuell auf exakt die gleichen Multiples. Schwieriger ist der Vergleich mit Jenoptik, da hier nur knapp 40 Prozent der Gesamterlöse auf den Laserbereich entfallen. Der Rest sind Messsysteme sowie Lösungen für militärische und zivile Anwendungen. Auf Konzernebene und unter Berücksichtigung der Finanzierungsseite wird Jenoptik derzeit aber etwa mit dem Zwölffachen des 2016er-EBIT gehandelt. Bei Manz lässt sich das Geschäft fast noch schwieriger auseinander dividieren. Bezogen auf das Gesamtunternehmen wird der High-Tech-Titel derzeit aber ebenfalls mit einem Enterprise Value/EBIT von gut zwölf gehandelt. Das zeigt: Reinrassige Laser-Aktien sind derzeit gar nicht mal so hoch bewertet. Wir stufen die LPKF-Aktie daher auf Kaufen herauf. Der Anlagehorizont sollte allerdings bei mindestens zwölf Monaten liegen. Eher kurzfristig orientierte Trader schauen zunächst, ob die Kursmarke von 10 Euro hält – und disponieren dann.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 102,07 | 119,96 | 140,03 | 96,24 | 93,57 | 123,70 | 124,34 | |
EBITDA1,2 | 11,63 | 14,88 | 26,94 | 14,84 | 9,60 | 15,12 | 12,81 | |
EBITDA-Marge3 | 11,39 | 12,40 | 19,24 | 15,42 | 10,26 | 12,22 | 10,30 | |
EBIT1,4 | 3,95 | 6,82 | 19,25 | 7,54 | 0,06 | 6,78 | 3,69 | |
EBIT-Marge5 | 3,87 | 5,69 | 13,75 | 7,83 | 0,06 | 5,48 | 2,97 | |
Jahresüberschuss1 | 1,15 | 8,04 | 13,15 | 5,34 | -0,11 | 1,66 | 1,75 | |
Netto-Marge6 | 1,13 | 6,70 | 9,39 | 5,55 | -0,12 | 1,34 | 1,41 | |
Cashflow1,7 | 9,57 | 11,51 | 48,04 | 3,97 | 7,92 | 8,50 | -3,37 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,05 | 0,33 | 0,54 | 0,22 | 0,00 | 0,06 | 0,07 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,10 | 0,10 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Baker Tilly |
Foto: LPKF Laser & Electronics AG