Gemessen an der medialen Aufmerksamkeit und den Bewertungsmultiples, mit denen Unternehmen wie Rocket Internet oder die ebenfalls zum Einflussbereich von Burda zählenden Gesellschaften Xing und Zooplus an der Börse gehandelt werden, galt Tomorrow Focus eher als verschlafener Internetwert. Dabei hat die Gesellschaft mit dem Bewertungsportal HolidayCheck einen echten Kracher im Depot – und zwar zu 100 Prozent. Kritisiert wurde von den Investoren zumeist die erklärungsbedürftige Konzernstruktur. Grund: Neben dem Reisebereich gibt es nämlich noch auf Abomodelle fokussierte Webseiten wie Elitepartner oder das Ärzteportal Jameda – zusammengefasst im „Subscription-Segment” – sowie die publizistischen Aktivitäten der Tomorrow-Focus-Gruppe (Focus Online, Netmoms, Finanzen100, Huffington Post). Und genau von diesem, auf Werbefinanzierung ausgerichteten Redaktionszweig, wird sich Tomorrow Focus nun trennen. Beinahe schon natürlicher Käufer ist die Burda Digital GmbH – und zwar für 30,2 Mio. Euro. „Die Veräußerung ist für alle Beteiligten sinnvoll und schafft für unser Unternehmen einen klareren Fokus”, sagt Toon Bouten, Vorstandsvorsitzender von Tomorrow Focus. Vollzogen werden soll der Deal im zweiten Quartal 2015. Den dabei entstehenden Buchgewinn geben die Münchner mit mindestens 20 Mio. Euro an. Das Geld soll zur Tilgung eines im kommenden Jahr fälligen – und mit 4,83 Prozent verzinsten – Schuldscheindarlehens über 14,5 Mio. Euro sowie für die weitere Expansion des Reisebereichs eingesetzt werden.
Damit nicht genug: Um auch das Wachstum im Abo-Bereich zu forcieren, wird die Beteiligung strategischer Investoren für Elitepartner, Jameda und dem auf Ordnung für private Dokumente fokussierten Onlineservice Organize.me in Erwägung gezogen. Mit anderen Worten: Bei Tomorrow Focus stehen jede Menge Veränderungen an – und zwar ganz im Sinne der Börsianer. Letztlich dürfte sogar der Firmenname zur Debatte stehen, denn mit „Focus” hat die Investmentstory dann nicht mehr viel zu tun. Angesichts dieser Investor-Relations-Offensive sind die vorläufigen Zahlen des Unternehmens für 2014 fast komplett in den Hintergrund gerückt. Sie fallen allerdings auch eher unspektakulär aus. Bei einem Umsatzanstieg von sieben Prozent auf 165,5 Mio. Euro kam das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von 20,7 auf 23,5 Mio. Euro voran. Für das laufende Jahr stellt Finanzvorstand Dirk Schmelzer ein – um Beteiligungskäufe oder -verkäufe bereinigtes – Erlösplus im oberen einstelligen bis unteren zweistelligen Prozentbereich in Aussicht. Das operative Konzern-EBITDA soll um mindestens zehn Prozent steigen. Boersengefluester.de sieht gute Chancen, dass die Aktie von Tomorrow Focus nun vor einer Neubewertung steht und an die Erfolge von Zooplus und Xing anknüpfen kann. Das Potenzial ist erklecklich, wie allein folgende Rechnung zeigt: Mitte 2013 stockte Tomorrow Focus seinen Anteil an HolidayCheck von 94 auf 100 Prozent auf – für einen Kaufpreis von 15,3 Mio. Euro. Das lief rechnerisch auf eine Gesamtbewertung von 255 Mio. Euro für die Vorzeigetochter hinaus. Zum Vergleich: Die aktuelle Marktkapitalisierung von Tomorrow Focus beträgt gerade einmal 247 Mio. Euro. Dabei dürfte HolidayCheck bestimmt nicht weniger wert sein als damals.