Am 11. August 2014 richten sich die Augen der Börsianer auf bet-at-home.com. Dann wird der mittlerweile ausschließlich im Frankfurter Entry Standard gelistete österreichische Wettanbieter seinen Halbjahresbericht vorlegen. Doch schon jetzt kribbelt es manchen Investor, wie der nervöse Kursverlauf zeigt. Nach dem Anfang Mai erreichten Jahreshoch von gut 49 Euro hat die Notiz seit Beginn des Juli den geordneten Rückzug angetreten – zeitlich passt das etwa mit dem Start der Viertelfinal-Partien bei der WM in Brasilien zusammen. Gegen Mitte Juli hatte sich das Abwärtstempo zwischenzeitlich sogar verschärft – ohne jedoch bedrohlich zu werden. „Da schwebt der Verdacht mit, dass uns der Titelgewinn der Deutschen teuer zu stehen gekommen ist“, sagt Finanzvorstand Michael Quatember beim Hintergrundgespräch in den Redaktionsräumen von boersengefluester.de.
So kurz vor der Zahlenvorlage lässt sich Quatember naturgemäß nicht in die Karten schauen. Insgesamt macht er aber einen sehr entspannten Eindruck. Immerhin gab es genügend Partien, die nach dem Geschmack der Wettanbieter ausgegangen sind. Und auch das Finale Deutschland gegen Argentinien wurde schließlich erst in der Verlängerung entschieden. „Null zu null ist das perfekte Ergebnis für uns“, betont Quatember. Wichtig ist aber auch, dass der Halbjahresbericht die WM maximal zur Hälfte abbildet. Schließlich fand das Finale erst am 13. Juli statt. Besonders interessant dürfte damit der Bericht für das dritte Quartal werden. Aber auch losgelöst von den sportlichen Ergebnissen zieht der frühere KPMG-Wirtschaftsprüfer eine positive WM-Bilanz: „Unser integriertes Marketingkonzept hat sich als sehr erfolgreich erwiesen.“ Mittlerweile wird beinahe wissenschaftlich erhoben, wann welcher TV-Spot wo läuft.
Boersengefluester.de geht daher davon aus, dass bet-at-home.com seine Gesamtjahresprognose für 2014 in Kürze bestätigen wird. Demnach ist bei einem Anstieg der Brutto-Wett- und Gamingerträge um rund zehn Prozent mit einem Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) etwa auf dem Vorjahreswert von 15 Mio. Euro zu rechnen. Grund: Trotz des Megaevents in Brasilien wollte bet-at-home.com seine Marketingaufwendungen von 34,3 Mio. Euro aus dem Vorjahr nur sehr dosiert erhöhen. Die Analysten von Warburg Research taxierten das 2014er-Werbebudget zuletzt auf 42 Mio. Euro. Gut möglich, dass es sogar noch ein wenig niedriger ausfallen wird. Zur Einordnung: Im EM-Jahr 2012 (Polen/Ukraine) türmten sich die Ausgaben zur Kundengewinnung und -bindung auf rund 50 Mio. Euro – und sorgten für einen entsprechend heftigen Ergebnisabfall.
Ein zäher Prozess bleibt die bundesweite Vergabe der Sportwettlizenzen. Das hessische Innenministerium hatte ein entsprechendes Vergabeverfahren angestrengt. Noch ist aber nichts entschieden. Letztlich geht es darum, ob sich ein bundesweiter Alleingang überhaupt mit EU-Regeln vereinbaren lässt. Und so spielen die Behörden auf Zeit. „Die rechtliche Lage ist diffus, aber wesentlich sicherer als vor fünf Jahren“, sagt Quatember. Angst vor einschneidenden Verboten hält er jedenfalls für unbegründet. Dennoch sind die Börsianer bei diesem Themenkomplex stets sensibel. Die Aktie von Tipp24 kam zuletzt böse unter die Räder, als Berichte über angebliche Pläne der Bundesländer publik wurden, wonach diese verbieten wollen, dass deutsche Glücksspieler an ausländische Anbieter – Tipp24 hatte zuletzt seinen Firmensitz nach England verlegt – weitergeleitet werden oder von dort aus ihre Gewinnzahlungen erhalten.
Sportlich ist das nächste Highlight – vor dem Start der Bundesliga-Saison – der Super-Cup mit der Partie Borussia Dortmund gegen Bayern München am 13. August im Signal Iduna Park. Hier wird bet-at-home.com erstmals als Partner des ZDF auftreten, verrät uns Quatember. Bei der WM war das Unternehmen noch tabu für die öffentlich-rechtlichen Sender. Privatanleger sollten weniger Berührungsängste mit der Aktie von bet-at-home.com haben – auch wenn sie selber noch keinen Euro verwettet haben. Der aktuelle Börsenwert von 143 Mio. Euro ist alles andere als ein heißer Zock. Das Unternehmen hat keine Bankverbindlichkeiten und weist liquide Mittel von rund 22 Mio. Euro aus. Hinzu kommt ein anständig verzinstes Darlehen von 32 Mio. Euro an den französischen Großaktionär Betclic Everest (Anteil 65,1 Prozent). Zieht man beide Posten vom Börsenwert ab, ergibt sich ein Enterprise Value (EV) von 89 Mio. Euro. Damit wird die Gesellschaft nicht einmal mit dem Faktor sechs auf das EBITDA gehandelt. Abschreibungen spielen bei bet-at-home.com keine wesentliche Rolle, so dass sich diese Relation sogar auf EBIT-Basis auf nur rund 6,2 erhöhen dürfte.
Boersengefluester.de sieht in der aktuellen Kursdelle daher einen guten Einstiegszeitpunkt und setzt auf ein starkes zweites Halbjahr bei den Österreichern. Ende April, kurz vor Veröffentlichung des Q1-Berichts, notierte der Small-Cap ebenfalls bei rund 40 Euro und schoss anschließend in die Höhe. Das muss nicht wieder so passieren und ging damals wohl auch alles ein wenig zu schnell. Doch die Kursziele von 57 Euro (Hauck & Aufhäuser) sowie 53 Euro (Warburg Research) sollten mittelfristig durchaus möglich sein.