Es ist Sommerpause und eigentlich hat eine Fußball-Aktie da die Pflicht, einigermaßen unspektakulär zu bleiben. Der Anteilschein von Borussia Dortmund (BVB) und seine Investoren interpretieren den Begriff Sommerpause aber völlig anders. Seit dem letzten Spieltag der Vorsaison ist die BVB-Notiz von 3,75 auf 5,05 Euro förmlich durch die Decke geschossen. Dabei gab es von der Weltmeisterschaft in Brasilien kaum Impulse in Sachen Marktwerte. Zwar spielte Mats Hummels überzeugend, Adrian Ramos erhielt jedoch wenig Einsatzzeiten, dazu fiel Marco Reus aus, Kevin Großkreutz sorgte lediglich in der WG für Stimmung und auch Mathias Ginter durfte nur zuschauen, ebenso wie logischerweise Roman Weidenfeller. Ciro Immobile war mit den Italienern schneller zuhause als alle Experten vermutet hatten. Ungeachtet dessen kletterte der Aktienkurs dennoch weiter, auch dank Gerüchten um einen Einstieg der Deutschen Bank, der abgeblasen wurde, und eine intensivere Kooperation mit Evonik, die zustande kam.
Oberhalb der 5-Euro-Marke dürften die Investoren nun darauf schauen, wie der BVB in die Saison startet, wie die Auslosung zur Champions League aussieht (das Überstehen der Vorrunde muss Formsache sein) und ob noch weitere interessante Neuzugänge an Bord kommen. Den Schweden Carlos Strandberg vom schwedischen Erstligisten Häcken hat man an der Angel, er dürfte aber zunächst mal in der zweiten Mannschaft kicken, ist er doch erst 18 Jahre alt und fällt in die Kategorie Talent. Von diesen hat der BVB jedoch auch einige, die in der kommenden Saison einen weiteren Marktwertsprung schaffen könnten, Eric Durm – bei der WM auch ohne Einsatz – Milos Jojic und vor allem Jonas Hofmann sind da nur drei Beispiele. Sie dürften am Saisonbeginn ordentlich Einsatzzeiten bekommen, denn Marco Reus ist nicht fit und die WM-Teilnehmer werden ähnlich wie Müller, Schweinsteiger und Co. bei den Bayern wohl erst noch ihre Zeit brauchen – erfahrungsgemäß kommen diese erst ab Ende September in Fahrt.
Ein Luxusproblem könnte derweil Marco Reus werden. Er dürfte im Sommer 2015 für festgeschriebene 35 Mio. Euro den Verein verlassen, offenbar arbeitet Michael Susi Zorc daran, Reus die Klausel abzukaufen. Dies dürfte nicht einfach werden. Doch ein zweiter Coup rückt in greifbare Nähe. Shinji Kagawa hatte unbestritten seine beste Zeit beim BVB und dorthin könnte er nun zurückkehren. Louis van Gaal – neuer Coach bei ManU – steht offenbar nicht auf den Japaner und könnte die Freigabe erteilen. Gelingt dieser Coup zu einem akzeptablen Preis und startet Kagawa wieder durch beim BVB, wäre auch ein möglicher Abgang von Marco Reus im Sommer 2015 irgendwie verkraftbar.
Auf der Aktienseite wäre neben sportlichem Erfolg und Steigerungen beim Marktwert auch ein Einstieg eines weiteren Investors interessant. Offenbar verhandeln die Borussen unter anderem mit Puma, in deren Trikots die Schwarz-Gelben bereits kicken. Darüber hinaus bringt das Handelsblatt den Versicherer Signal Iduna, Opel, Turkish Airlines sowie Unitymedia als potenzielle Investoren ins Spiel: Alle vier sind bereits im Sponsorenpool der Klopp-Truppe vertreten.
Die Datenbank von boersengefluester.de spuckt derweil für die BVB-Aktie eine Marktkapitalisierung von 337 Millionen Euro aus, der FC Bayern wird locker mit dem Dreifachen bewertet, wenn man alle Beteiligungen und deren Erlöse einmal hochrechnet. Das KGV liegt für 2015 bei akzeptablen 13,5, das Kurs-Umsatz-Verhältnis bei 1,11. Auch eine Dividende gibt es beim BVB: Für das Geschäftsjahr 2012/13 (per Ende Juni) schütteten die Borussen 0,10 Euro je Anteilschein aus. Das entsprach einer Dividendensumme von 6,14 Mio. Euro. Zur Hauptversammlung am 24. November 2014 gibt es noch keinen Dividendenvorschlag. Fest steht lediglich, dass die gut sechs Millionen jungen Aktien, die Evonik zuletzt für 4,37 Euro das Stück zeichnete, erst für das Geschäftsjahr 2014/15 dividendenberechtigt sind. Sollte der BVB die Dividende für 2013/14 konstant lassen, würde also auch die Ausschüttungssumme – trotz der mittlerweile auf 61.425.000 Stück gestiegenen Aktienzahl – konstant bleiben. Boersengefluester.de kalkuliert derzeit für 2013/14 erneut mit einer Gewinnbeteiligung von 0,10 Euro pro Anteilschein, auch wenn das Ergebnis je Aktie signifikant zurückgehen wird.
Die einzigen drei Institute, die den BVB “covern”, sind übrigens das Bankhaus Lampe, Edison Research und Close Brothers Seydler. Das Kursziel von Lampe ist mit 5 Euro schon übertroffen, die Close Brothers rufen 6 Euro auf. Edison hält sich traditionell mit Kurszielen zurück. Gleichwohl dürfte das britische Institut des maßgeblichsten Einfluss von allen Analysehäusern auf die tolle Performance der BVB-Aktie in den vergangenen Quartalen gehabt haben. Zur Info für Dividendenjäger: Edison rechnet derzeit für 2013/14 mit einer Kürzung auf 0,06 Euro je Aktie. Zumindest unter diesem Aspekt würde der SDAX-Titel also keinen Angriffswirbel versprühen.
Interessant ist derweil ein Aktienkauf von Großaktionär Bernd Geske, der am 25. Juli 10.000 BVB-Aktien zu je 5,055 Euro erwarb. Bemerkenswert ist dabei insbesondere das Timing, denn in einem kürzlich geführten Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg hat Geschäftsführer Watzke bis Ende September bis zu zwei neue Investoren in Aussicht gestellt. Kein Wunder, dass findige Börsianer gleich Rückschlüsse ziehen. Wenn Firmenkenner Geske, ihm werden immerhin rund 10,8 Prozent der BVB-Aktien zugerechnet, unmittelbar vor einer anstehenden Kapitalerhöhung aufstockt, können eigentlich nur gute Nachrichten anstehen. Vor allen Dingen eine stärkere Liaison mit Puma dürfte die Fantasie der Anleger anregen – und zwar nicht nur auf der Seite der Schwarz-Gelben.
Foto: Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA