Paukenschlag bei den Immobilien-Aktien: Der MDAX-Konzern Deutsche Wohnen legt ein Übernahmeangebot für das Berliner Unternehmen GSW Immobilien vor. Michael Zahn, Vorstandsvorsitzender der Deutsche Wohnen AG, sagt: „Mit einem Zusammenschluss von Deutsche Wohnen und GSW bündeln die beiden Unternehmen ihre Stärken und schaffen ein auch im europäischen Maßstab führendes Unternehmen. Von dem Zusammenschluss profitieren alle unsere Stakeholder.“ Für je 20 Anteilscheine von GSW Immobilien bieten die Frankfurter 51 Aktien von Deutsche Wohnen. Gemessen an den Schlusskursen vom 19. August entspricht das einer Prämie von rund 15 Prozent.Sehr bedeckt hält sich derweil noch das Management von GSW. Bislang gibt es nur einen sehr allgemeinen Kommentar: “Der Vorstand der GSW Immobilien AG wird die bislang vorliegenden Informationen zum geplanten Übernahmeangebot sorgfältig prüfen und bewerten und im Anschluss daran eine erste Einschätzung abgeben.” Ein abgestimmtes Vorgehen klingt anders.
Durch den Zusammenschluss würde eine Wohnimmobiliengesellschaft mit einem Portfolio von rund 150.000 Wohneinheiten entstehen. Mehr als zwei Drittel des Bestands liegt dabei in Berlin. Aus diesem Grund wurde auch in regelmäßigen Abständen über einen Zusammenschluss der beiden Unternehmen spekuliert. Echte Anhaltspunkte für eine bevorstehende Fusion gab es aber freilich nicht. Den Gesamtwert der Wohnungen beziffern die Gesellschaften auf rund 8,5 Mrd. Euro. Zum Vergleich: Die beiden im MDAX gelisteten Konzerne kommen auf einen addierten Börsenwert von rund 4 Mrd. Euro – 60 Prozent davon entfällt auf die Deutsche Wohnen. Damit hätte der fusionierte Konzern beinahe gutes DAX-Niveau. In halbwegs vergleichbaren Regionen bewegen sich im Wohnimmobilienbereich nur noch LEG Immobilien (Börsenwert: 2,2 Mrd. Euro), Gagfah (Börsenwert 2,1 Mrd. Euro) und die Anfang Juni an die Börse gekommene Deutsche Annington (Börsenwert: 4,1 Mrd. Euro). Allerdings befinden sich bei den Bochumern nur gut zehn Prozent der Anteile im Streubesitz.
Die erhofften Einsparungen durch den Zusammenschluss von GSW und Deutschen Wohnen beziffern die Gesellschaften auf jährlich rund 25 Mio. Euro. Zudem ist eine Steigerung des nachhaltige FFO – einer Art Cashflow bei Immobilienunternehmen – im mittleren einstelligen Prozentbereich avisiert. „Durch den Zusammenschluss mit der GSW Immobilien AG würde die Deutsche Wohnen AG die kritische Größe erreichen, um sich im europäischen Kapitalmarkt weiter zu etablieren und die bereits hohe Attraktivität des Unternehmens für den Kapitalmarkt nochmals zu stärken“, betont die Deutsche Wohnen. Die Dauer der Integration beider Unternehmen wird auf zwei Jahre veranschlagt. Dabei dürften zunächst Kosten von 25 Mio. Euro anfallen. Unter der – kaum wahrscheinlichen – Prämisse, dass alle GSW-Aktien umgetauscht werden, würde Deutsche Wohnen rund 57 Prozent an dem Gemeinschaftsunternehmen halten. Der Rest entfällt auf die seit April 2011 börsennotierte GSW Immobilien. Der Deal ist an eine Mindestannahmeschwelle von 75 Prozent geknüpft. Auf einer außerordentlichen Hauptversammlung am 30. September will Deutsche Wohnen will den Beschluss für eine entsprechende Sach- und gegebenenfalls auch Barkapitalerhöhung einholen.
Demnach soll das derzeit in 168.811.826 Aktien mit einem rechnerischen Nennwert von jeweils 1 Euro unterteilte Kapital durch die Ausgabe von bis zu 128.842.101 neue Anteilscheine auf bis zu 297.749.244 Euro erhöht werden. Hierbei handelt es sich um die Sacheinlage in Form der bisherigen GSW-Aktien. Sollten mehr als 94,9 Prozent der GSW-Aktien in Deutschen Wohnen-Papiere getauscht werden, würde zusätzliche eine Barkapitalerhöhung im Volumen von bis zu 6.570.948 Aktien greifen. Wichtiger Zusatz: „Ein Erwerb des 94,9 Prozent übersteigenden Anteils an den Aktien der GSW Immobilien AG durch die Deutsche Wohnen AG ist auch in Zukunft nicht beabsichtigt.“ Demnach scheint ein Squeeze-out derzeit kein Thema zu sein.
Rund 69 Prozent der GSW-Anteilschein befinden sich im Streubesitz. Der Rest lieget in Paketen zwischen drei und zehn Prozent bei Finanzinvestoren. Ob die bei dem Deal mitziehen, ist noch offen. Spannend wird auch, ob sich noch andere Parteien in den Zusammenschluss einmischen. Reibungslos geht so ein Milliarden-Geschäft so gut wie über die Bühne. Der Kurs der GSW-Aktie trat in den vergangenen zwölf Monaten unterm Strich weitgehend auf der Stelle. Auf der jüngste Hauptversammlung im Juni entlud sich die Wut der Aktionäre gegen den erst wenige Monate zuvor an Bord geholten Vorstandsvorsitzenden Bernd Kottmann sowie den Aufsichtsratschef Eckart John von Freyend. Beiden Managern wurde Vetternwirtschaft vorgeworfen. Anschließend musste sie ihren Hut nehmen. Für die Aktionäre von GSW-Immobilien besteht kein unmittelbarer Handlungszwang. Sie sollten zunächst einmal abwarten. Mit deutlich mehr Fragezeichen ist die künftige Kursrichtung bei der Aktie von Deutsche Wohnen versehen. Zunächst einmal gab es einen Abschlag von knapp fünf Prozent auf die Meldung des geplanten Zusammenschlusses mit GSW. Vermutlich befürchtem die Investoren, dass sich die Integration lähmend auf das Stammgeschäft auswirken könnte. Die Analysten von Close Brothers Seydler raten bei Deutsche Wohnen engagiert zu bleiben, während sie bei GSW Immobilien weiterhin mit Kursziel 36,20 Euro zum Einstieg blasen. Die Experten der Nord LB hingegen machen sich auch für die Anteilscheine der Deutsche Wohnen stark und haben das Kursziel von 14,50 auf 15,50 Euro angehoben.
Eine Analyse der größten deutschen Wohnimmobilien-Aktien finden Sie HIER
Die wichtigsten Meldeschwellen im Zuge einer Übernahmen haben wir HIER für Sie erklärt.
Foto: Deutsche Wohnen AG