Mit KTG Agrar, Tonkens Agrar und Agrarius haben gleich drei landwirtschaftliche Betriebe ihr Feld auch auf dem Kurszettel bestellt. Die meisten Investoren machen zurzeit jedoch einen Bogen um die Acker-Aktien. Dabei galt insbesondere der Börsenpionier KTG Agrar mal als extrem angesagtes Investment. Boersengefluester.de analysiert, ob das Trio vielleicht zu Unrecht links liegen gelassen wird und welche Aktie das beste Chance-Risiko-Profil hat.
Siegfried Hofreiter, Vorstandschef von KTG Agrar, ist um markige Sprüche nie verlegen. „Wir versorgen Köln ein Jahr mit Nahrung und Rostock mit Energie.“ In der Tat hat sich die Gesellschaft seit dem Börsengang Ende 2007 zu einem kleinen Ökoimperium entwickelt. So verfügen die Hamburger mittlerweile über mehr als 38.000 Hektar Ackerland in Deutschland und dem Baltikum. Rund ein Viertel davon befindet sich im Eigentum von KTG Agrar. Über die 70-Prozent Tochter KTG Energie (WKN: A0HNG5) betreibt das Unternehmen Biogasanlagen mit einer Produktionskapazität von 35 Megawatt. Komplettiert wird die Wertschöpfungskette seit 2011 durch das Lebensmittelgeschäft Richtung Endverbraucher. Hofreiter nennt das Konzept: „Vom Acker bis auf die Theke.“ Gelistet ist das Unternehmen im wenig regulierten Entry Standard – wie auch Tonkens Agrar und Agrarius. Gemessen am Börsenwert spielt KTG Agrar mit einer Kapitalisierung von 92 Mio. Euro aber in einer anderen Liga als Tonkens Agrar (17 Mio. Euro) und Agrarius (7 Mio. Euro).
Die 2012er-Umsätze von KTG Agrar betragen rund 100 Mio. Euro, der Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) beläuft sich auf 20 Mio. Euro. Damit blieb die operative Marge gegenüber dem Vorjahr in etwa konstant – trotz des Erlösanstiegs von 30 Prozent. Großes Manko: Unterm Strich bleibt bei KTG Agrar kaum etwas hängen. Hauptgrund sind die Zinszahlungen auf die enormen Finanzverbindlichkeiten. „Der KTG Agrar Konzern hat mittlerweile Anleihen mit einem Volumen von 264 Mio. Euro ausstehen“, berichtet Alexander Drews, Analyst bei Montega Equity Research. So hat KTG Agrar im Februar 2013 die Anleihe II um immerhin 80 Mio. Euro aufgestockt. Kurz zuvor erhielt das Eigenkapital eine Spritze in Form einer „kleinen“ Kapitalerhöhung, die brutto 8,5 Mio. Euro einbrachte. Beinahe zeitgleich verkaufte das Unternehmen weitere Aktien von KTG Energie (WKN: A0HNG5) an Investoren und hat die angestrebte Platzierung von zwei Millionen Stück damit abgeschlossen. Nach Abschluss der Transaktionen beträgt das Eigenkapital nun rund 100 Mio. Euro, macht aber trotzdem nur gut 25 Prozent der gesamten Vermögenswerte aus. So richtig „Bio“ ist die Bilanz von KTG Agrar angesichts der massiven Finanzierung via Anleihen also nicht. Die Skepsis der Aktien-Anleger basiert wohl zu einem Großteil auf der Befürchtung, dass diese Expansionsmaschinerie womöglich überspannt ist.
Andererseits legt Börsenbauer Hofreiter Wert auf die enormen stillen Reserven von KTG Agrar. So stehen die im Eigentum befindlichen rund 9000 Hektar Ackerland mit ca. 30 Mio. Euro in der Bilanz. Den tatsächlichen Marktwert beziffert er auf „heute vielleicht über 100 Mio. Euro“. Hinzu kommen die noch vorhandenen rund vier Mio. Aktien an der Biogas-Tochter. Diese haben momentan einen Marktwert von etwa 55 Mio. Euro, stehen aber nur mit rund 4 Mio. Euro in den Büchern. Klar ist: Vorstandschef Hofreiter fährt einen forschen Expansionskurs. Bis 2015 soll allein der Anteil der Eigentumsflächen auf 11.000 Hektar ausgebaut werden. Das entspräche einer zusätzlichen Fläche von nochmal rund 2800 Fußballfeldern. Zudem verschlingen die Ausweitung der Lebensmittelproduktion und die Expansion im Energiebereich weitere Mittel. Die Anleihenkurse signalisieren noch keine erhöhte Gefahr, sowohl das „KTG Biowertpapier I (WKN: A1ELQU)“ als auch das „KTG Biowertpapier II (WKN: A1H3VN)“ notieren beide oberhalb von 100 Prozent. Für konservative Anleger scheint die Aktie dennoch nicht das passende Investment zu sein.
Etliche Nummern kleiner ist die in Sülzetal in der Nähe von Magdeburg sitzende Tonkens Agrar. Die Ackerflächen befinden sich ausschließlich in Deutschland, haben mit 3120 Hektar aber nicht mal ein Zehntel des Umfangs von KTG Agrar. Rund 250 Hektar – das entspricht etwa der Größe von 350 Fußballfeldern – befinden sich im Eigentum von Tonkens. An der Börse hatte der Small Cap lange Zeit einen sehr schweren Stand. Gemessen an den Hochkursen aus dem Frühjahr 2011 mussten die Anleger bis heute einen Verlust von mehr als 50 Prozent verkraften. Verschiebungen im Aktionärskreis und eine schlechter als gedachte Ergebnisentwicklung sorgten für Frust. Auf dem aktuellen Kursniveau ist der Nebenwert aber allemal einen Blick wert. Anlass zur Hoffnung geben die nun wieder nach HGB-Richtlinien erstellten Halbjahreszahlen zum 31. Dezember – das Geschäftsjahr von Tonkens Agrar endet jeweils am 30. Juni. Bei um 46 Prozent auf knapp 9 Mio. Euro erhöhten Umsätzen machte das EBIT einen Satz von 0,70 Mio. auf 3,1 Mio. Euro. Da sich auch das Zinsergebnis besser darstellte als in der Vergleichsperiode, blieb zum Halbjahr ein Nettogewinn von 2,1 Mio. Euro übrig. Profitiert hat das Unternehmen dabei insbesondere vom kräftig gestiegenen Kartoffelpreis und geringeren Transportkosten. „Wir haben äußerst positive Fakten geschaffen und wollen damit auch den Börsentrend drehen“, sagt Vorstandschef Gerrit Tonkens. Ähnlich wie auch KTG Agrar setzt die Firma aus Sachsen-Anhalt auf eine möglichst breite Wertschöpfungskette. Neben dem traditionellen Ackerbau und der Milchproduktion will Tonkens die Bereiche Verarbeitung und Veredelung sowie das Geschäftsfeld Erneuerbare Energien forcieren. Bereits jetzt betreibt das Unternehmen eine Biogasanlage in Sülzetal plus Photovoltaikanlagen.
Zum Geschäftsjahresende werden sich die Tonkens-Zahlen zwar nicht mehr so gut darstellen wie per 31. Dezember. Die Chancen stehen aber sehr gut, dass die Gesellschaft einen deutlichen Turnaround hinlegt. Die Tonkens-Aktie wird mit einem Aufschlag von knapp 40 Prozent auf den Buchwert gehandelt. Das klingt nicht gerade nach einem Schnapper, zumal die Anteilscheine von KTG Agrar knapp unterhalb des Eigenkapitals gehandelt werden. Dafür stellt sich die Eigenkapitalquote mit zurzeit 42 Prozent deutlich komfortabler dar. Die Nettofinanzverbindlichkeiten betragen etwa 8 Mio. Euro und machen somit „nur“ 46 Prozent des Börsenwerts aus. Bei KTG liegt diese Quote deutlich höher. Insgesamt rechnet Tonkens für das Geschäftsjahr 2012/13 mit Erlösen zwischen 16 und 17 Mio. Euro. Auch gemessen daran scheint der Small Cap attraktiv bewertet zu sein.
Wer sich durch eine Marktkapitalisierung von lediglich 7 Mio. Euro nicht abschrecken lässt, kann auch einen Blick auf die Aktie von Agrarius werfen. Zwar hat die Gesellschaft ihren formalen Sitz in Bad Homburg. Das eigentliche Geschäft findet jedoch in Rumänien statt. Dort bestellt Agrarius insgesamt rund 3000 Hektar Ackerfläche, wovon 250 Hektar Eigentum sind. Zumindest unter diesem Aspekt sind Agrarius und Tonkens also vergleichbar. Die Standortwahl Rumänien hat für Agrarius-Vorstandschef Ottmar Lotz handfeste Gründe: „Wir haben dort erstklassige Böden zu einem attraktiven Preis. Außerdem bietet Rumänien – allen Vorurteilen zum Trotz – eine hohe Rechtssicherheit.“ Im Gegensatz zu den meisten deutschen Gegenden regnet es in Rumänien allerdings deutlich weniger. Die Auswirkungen der letztjährigen Rekorddürre musste die Gesellschaft in Form eines so nicht vorhergesagten Verlusts für 2012 bezahlen. Entsprechend reserviert stehen die Anleger dem Titel momentan gegenüber. Für die kommenden Jahre hat sich Lotz jedoch einiges vorgenommen. Er hat massiv in neue Technik investiert und die Kosten für Gehälter, Diesel und Ersatzteile zum Teil deutlich reduziert. „Wir sind für weiteres Wachstum bereit und können das auch managen. Selbst eine Verdopplung der Ackerfläche wäre kein Problem für uns“, sagt Lotz.
Gespannt dürfen Investoren sein, was aus der angekündigten Akquisitionsstrategie wird. Bis Ende 2014 hat Agrarius ein Flächenziel von mehr als 7000 Hektar ausgegeben. „Den Eigentumsanteil wollen wir dabei auf 15 bis 20 Prozent ausbauen“, verspricht Lotz. Leichter wird die Suche nach geeignetem Land offenbar nicht, denn in Rumänien sind längst kapitalkräftige Investoren – auch aus Deutschland – unterwegs. „Wir spüren einen Kampf um jeden Hektar in unserer Region“, berichtet Lotz. Deutlich ausbauen will er den Bereich Agrar Investment Services, also die Beratung und den Ackerlandkauf für Dritte. Bei Bedarf bewirtschaftet Agrarius die gekauften Flächen dann auch. Regelmäßig führt Agrarius Investorenreisen nach Rumänien durch. Dort können sich Interessierte ein eigenes Bild vor Ort machen. Unterm Strich ist die Aktie aber wohl doch eher was für Liebhaber exotischer Investments mit einem längeren Anlagehorizont. Unabhängig davon: Der amerikanische Schriftsteller Mark Twain stand Investments in Ackerböden stets sehr positiv gegenüber. Schon damals riet er: „Kauft Land. Sie haben aufgehört, es zu produzieren.“