Wer gehofft hatte, dass sich CEO Oliver Behrens kurz nach seinem Amtsantritt gleich eine merklich höhere Prognose für 2024 an Revers heftet, mag ein wenig enttäuscht sein. Immerhin hat flatexDEGIRO trotz per saldo guter Zahlen für das dritte Quartal seinen Ausblick nur marginal angehoben. So rechnet der Discountbroker für das Gesamtjahr jetzt mit einem Umsatzwachstum leicht oberhalb der bislang avisierten Marke von 15 Prozent. Bei Gewinn nach Steuern bleibt es dabei, dass die Frankfurter den Vorjahreswert von knapp 71,9 Mio. Euro um bis zu 50 Prozent steigern wollen – wobei es tatsächlich um das obere Ende dieser Einschätzung geht. Demnach liegt die Messlatte bei bis zu 108 Mio. Euro Überschuss. Zur weiteren Einordnung: Nach neun Monaten 2024 kommt flatexDEGIRO auf einen Gewinn nach Steuern von 85,7 Mio. Euro, bräuchte im Abschlussviertel also noch ein Netto-Ergebnis von etwa 22 Mio. Euro um stabil ins Ziel zu kommen.
Normalerweise müsste mehr drin sein für die Frankfurter. Um den Kapitalmarkt positiv zu überraschen, wäre es vermutlich notwendig, in den Bereich nördlich von 115 Mio. Euro vorzustoßen. „Wir blicken sehr zuversichtlich auf das Schlussquartal und rechnen weiterhin mit einem Rekordjahr“, sagt Co-CEO und CFO Benon Janos. Ein wichtiger Treiber bleibt dabei das Zinsergebnis, das mit 44,1 Mio. Euro dritten Quartal 2024 zwar leicht unter den 47,7 Mio. Euro von Q2 2024 fiel, insgesamt aber noch immer auf Hochplateau verharrt. Mit Blick auf die Werbeaktivitäten ist das Unternehmen im dritten Quartal wieder ein wenig mehr aufs Gaspedal getreten, mit einem Marketingaufwand von 24,2 Mio. Euro nach den ersten neun Monaten liegt der ursprünglich prognostizierte Etat von rund 30 Mio. Euro für das Gesamtjahr aber noch im Plan. Produkttechnisch schaltet flatexDEGIRO – wie auch die meisten Marktbegleiter – ebenfalls einen Gang herauf.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 107,01 | 125,10 | 131,95 | 261,49 | 417,58 | 406,96 | 390,73 | |
EBITDA1,2 | 32,07 | 42,37 | 37,58 | 98,43 | 112,09 | 183,28 | 140,35 | |
EBITDA-Marge3 | 29,97 | 33,87 | 28,48 | 37,64 | 26,84 | 45,04 | 35,92 | |
EBIT1,4 | 26,48 | 30,62 | 24,75 | 73,79 | 80,26 | 151,28 | 104,35 | |
EBIT-Marge5 | 24,75 | 24,48 | 18,76 | 28,22 | 19,22 | 37,17 | 26,71 | |
Jahresüberschuss1 | 16,80 | 17,47 | 14,91 | 49,92 | 51,55 | 106,19 | 71,86 | |
Netto-Marge6 | 15,70 | 13,96 | 11,30 | 19,09 | 12,35 | 26,09 | 18,39 | |
Cashflow1,7 | 0,11 | 250,07 | -157,25 | 141,45 | 125,03 | 113,32 | 63,08 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,15 | 0,16 | 0,14 | 0,55 | 0,47 | 0,97 | 0,65 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,04 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: BDO |
„Noch im Laufe dieses Jahres werden wir in Deutschland den direkten Handel in Kryptowährungen starten. Wir unterstützen außerdem den Ansatz der Bundesregierung, kapitalmarktbasierte Anlagen in der privaten Altersvorsorge zu fördern. Als Bank und Online-Broker sind wir prädestiniert, Kunden Altersvorsorgedepots anzubieten, und werden zusätzlich unsere Erfahrung mit ähnlichen Produkten in anderen europäischen Ländern einbringen“, sagt CEO Oliver Behrens. Nun: Wenn es die Politik nicht – wie bei der Riester-Rente – wieder versemmelt, könnte die Branche durch die Pläne um eine „Aktien-Rente“ tatsächlich vor einer erheblichen Sonderkonjunktur stehen. Kein Wunder, dass sich ein großes Unternehmen wie flatexDEGIRO hier frühzeitig positioniert.
Abgehakt ist derweil auch das Thema Sonderbeauftragter der BaFin: Sämtliche Punkte, die die Finanzaufsicht Ende 2022 in der Organisationsstruktur bemängelte, wurden behoben. Ein Prozess, der sich aber schon vorab in diversen Erleichterungen – etwa bei den Eigenmittelanforderungen – für flatexDEGIRO abgezeichnet hat. Gleichwohl hat die Umsetzung viele Kapazitäten gebunden. Insofern ist die Entwicklung absolut positiv zu sehen. Im Aktienchart zeichnen sich die vielen Veränderungen und der stramme Gewinnkurs bereits deutlich ab, auch wenn die Marke von 15 Euro im ersten Anlauf noch eine zu hohe Barriere war. Bewertungstechnisch hat der SDAX-Titel aber noch Luft für spürbar höhere Kurse. Zudem läuft zurzeit auch noch das auf bis zu 50 Mio. Euro dotierte Aktienrückkaufprogramm. Eine Summe, die erst ansatzweise ausgeschöpft ist.
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