An der auf Modeschmuck spezialisierten Einzelhandelskette Bijou Brigitte (BB) kann man sich als Aktionär offenbar herrlich abarbeiten. Immer wieder gibt es Themen, die nicht so gut gelaufen sind, wie gedacht – und das schon seit vielen Jahren. Da sind die jüngsten Korrekturen beim Ausweis des Materialaufwands nur ein Punkt, der Investoren irritiert. Demnach hatte Bijou Brigitte Restbestände und Auslaufartikel in der Vergangenheit regelmäßig komplett abgeschrieben, was sich mit Blick auf die dann tatsächlich mit diesen Restposten erzielten Erlöse jedoch nicht die Realität traf. Vielmehr wäre im Schnitt eine Abwertung von 25 Prozent ausreichend gewesen. Der geänderte Wertansatz wirkt sich zunächst einmal erhöhend auf den Vorratsbestand aus, führt in der Folge jedoch – da es nun einen Buchwert für die vermeintlich aus der Mode geratenen Schmuckstücke gibt – zu höheren Materialaufwendungen und damit am Ende auch zu leicht niedrigeren Gewinnen aus dem Verkauf dieser Posten.
Entscheidend für den nachhaltigen Kursverlauf der BB-Aktie ist die Anpassung der Abschreibungsmodalitäten sicher nicht, ein kleiner Aufreger aber allemal. Und ja: Bijou Brigitte hat nicht die Wachstumsstory einer Zalando und hat auch nicht den tollen Langfristchart des ebenfalls börsennotierten australischen Wettbewerbers Lovisa vorzuweisen. Dafür ist die Aktie aber auch sehr viel geerdeter bewertet als Lovisa. Auf Basis der 2025er-Schätzung von boersengefluester.de liegt das KGV von Bijou Brigitte bei gerade einmal 10, während es die freilich margenstärkere Lovisa auf einen Faktor von rund 30 bringt. Noch interessanter: Klammert man die Leasingverbindlichkeiten aus den gemieteten Geschäftsräumen als Finanzschulden aus, stehen knapp 154 Mio. Euro an liquiden Mitteln, Termingeldern und Anleihen in der Bilanz, was einem Netto-Cash je Aktie von 19 Euro entspricht. Exakt die Hälfte des Aktienkurses von zurzeit 38 Euro ist damit abgedeckt.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 326,59 | 321,61 | 333,95 | 204,87 | 216,03 | 306,46 | 327,88 | |
EBITDA1,2 | 45,95 | 44,75 | 103,46 | 31,86 | 75,45 | 98,39 | 89,30 | |
EBITDA-Marge3 | 14,07 | 13,91 | 30,98 | 15,55 | 34,93 | 32,11 | 27,24 | |
EBIT1,4 | 32,58 | 31,54 | 42,77 | -28,73 | 24,41 | 50,26 | 39,89 | |
EBIT-Marge5 | 9,98 | 9,81 | 12,81 | -14,02 | 11,30 | 16,40 | 12,17 | |
Jahresüberschuss1 | 21,67 | 21,55 | 25,42 | -30,97 | 17,03 | 35,27 | 24,08 | |
Netto-Marge6 | 6,64 | 6,70 | 7,61 | -15,12 | 7,88 | 11,51 | 7,34 | |
Cashflow1,7 | 40,21 | 30,05 | 90,83 | 15,71 | 76,22 | 77,59 | 73,47 | |
Ergebnis je Aktie8 | 2,75 | 2,74 | 3,27 | -4,01 | 2,21 | 4,58 | 3,13 | |
Dividende8 | 3,00 | 3,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 5,00 | 3,50 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: RSM Ebner Stolz |
Die Dividende zur Hauptversammlung (HV) am 27. Juni 2024 kürzt Bijou Brigitte formal zwar von 5,00 auf 3,50 Euro je Aktie. Allerdings war in der Vorjahresdividende ein Jubiläumsbonus von 2,00 Euro je Aktie enthalten, so dass die Hamburger – bereinigt um diesen Sondereffekt – die Ausschüttung eigentlich um 0,50 Euro pro Anteilschein heraufsetzen. Bei einem für 2023 ausgewiesenen Ergebnis je Aktie von 3,13 Euro kehrt Bijou Brigitte zwar zum Teil aus der Substanz aus, die ist aber eben auch reichlich vorhanden in Form von Cash & Co. Jedenfalls kommt die Aktie derzeit auf eine Dividendenrendite von um die 9 Prozent. Es würde boersengefluester.de wundern, wenn in den kommenden Monaten bis zur HV nicht noch eine Reihe von dividendenorientierten Anlegern auf den Titel aufmerksam werden und so für zusätzliches Kaufinteresse sorgen.
Der Ausblick sieht mit avisierten Umsatzerlösen zwischen 330 und 350 Mio. Euro sowie einem Gewinn vor Steuern in einer Spanne von 32 bis 42 Mio. Euro (Vorjahr: 36 Mio. Euro) nicht ganz verkehrt aus – zumindest am jeweils oberen Ende der Bandbreiten. „Bijou Brigitte blickt optimistisch in das Geschäftsjahr 2024 und wird das laufende Jahr dazu nutzen, den geplanten Wachstumskurs voranzutreiben“, sagt CEO Roland Werner. Aber klar: Um dem Kapitalmarkt eine attraktive Story zu bieten, sollte das Unternehmen die Messlatte von 2023 schon deutlich toppen, zumal die ursprünglichen Erwartungen der Investoren sicher deutlich ambititionierter waren. „Insgesamt liegt der Fokus im Geschäftsjahr 2024 darauf, die positive Umsatzdynamik des vergangenen Jahres fortzuführen und die erwarteten Kostensteigerungen so weit wie möglich einzudämmen“, heißt es im frisch vorgelegten Geschäftsbericht.
Auf dem aktuellen Niveau überwiegen nach Auffassung von boersengefluester.de klar die Chancen, selbst wenn das Sentiment im Einzelhandel durch die Schieflagen von großen Playern wie Galeria Kaufhof angespannt bleibt. Der Aktienkurs von Bijou Brigitte hangelt sich in dieser Gemengelage seit etlichen Monaten dicht unterhalb der fallenden 200-Tage-Durchschnittslinie. Desbezüglich wäre es ein starkes charttechnisches Signal, wenn die Notiz hier signifikant nach oben ausbricht.
Foto: Bijou Brigitte modische Accessoires AG
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