Schon wieder ein Umsatzrückgang – und dazu rote Zahlen sowie eine neuerliche Nullrunde bei der Dividende. Die Aktionäre von A.S. Création Tapeten machen seit Mitte 2021 eine heftige Zeit durch. Seitdem hat der Aktienkurs des Tapetenherstellers um rund zwei Drittel an Wert eingebüßt und die Marktkapitalisierung auf nur noch knapp 27 Mio. Euro gedrückt. Das entspricht nicht einmal 40 Prozent des per Ende 2023 ausgewiesen Eigenkapitals. Wer als Anleger in dieser Gemengelage ausschließlich nach vorn schaut, findet in dem Spezialwert aber ein durchaus interessantes Investment. So haben die Gummersbacher in den vergangenen Quartalen enorm viel umstrukturiert und sehen zuversichtlich nach vorn, selbst wenn noch nicht alle Optimierungsmaßnahmen angeschlossen sind und für 2024 und 2025 deutlich heraufgesetzte Investitionen von kumuliert rund 14 Mio. Euro geplant sind. Zum Vergleich: In den vergangenen fünf investierte das Unternehmen im Schnitt rund 4,1 Mio. Euro pro Jahr – nun sind rechnerisch etwa 7 Mio. Euro geplant.
Schwerpunkte des neuen Vorstandsteams um CEO Tim Herder sind neue Produktionsanlagen sowie eine weitere Modernisierung der IT-Infrastruktur. Angetrieben von höheren Absatzpreisen sollen die Umsätze im laufenden Jahr eine Bandbreite von 110 bis 130 Mio. Euro erreichen. Rein von der Nachfrageseite her rechnet sich A.S. Création also noch keinen Rückenwind aus. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) dürfte sich – je nach Umsatz – zwischen minus 1 und plus 3 Mio. Euro einpendeln. Wenn es nicht ganz blöd läuft, sollte 2024 also ein Turnaround möglich sein – freilich ohne bereits wirklich überzeugende operative Margen einzufahren. Doch bereits für 2025 geht der Vorstand von einer signifikanten Verbesserung des Ergebnisses aus. Die Richtung stimmt also, was am Kapitalmarkt bislang allerdings so noch gar nicht angekommen ist.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 143,33 | 134,49 | 141,06 | 144,87 | 145,64 | 133,99 | 121,22 | |
EBITDA1,2 | -9,27 | 3,18 | 10,22 | 9,93 | 11,41 | -2,42 | 2,84 | |
EBITDA-Marge3 | -6,47 | 2,36 | 7,25 | 6,85 | 7,83 | -1,81 | 2,34 | |
EBIT1,4 | -15,81 | -2,89 | 4,50 | 4,43 | 5,71 | -8,55 | -2,09 | |
EBIT-Marge5 | -11,03 | -2,15 | 3,19 | 3,06 | 3,92 | -6,38 | -1,72 | |
Jahresüberschuss1 | -17,77 | -5,98 | 14,13 | 1,45 | 3,87 | -5,38 | -1,42 | |
Netto-Marge6 | -12,40 | -4,45 | 10,02 | 1,00 | 2,66 | -4,02 | -1,17 | |
Cashflow1,7 | 3,23 | 3,32 | -2,14 | 7,01 | 0,04 | -2,50 | 3,78 | |
Ergebnis je Aktie8 | -6,45 | -2,17 | 5,13 | 0,53 | 1,40 | -1,95 | -0,51 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,90 | 0,90 | 0,90 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Rödl & Partner |
Entsprechend will die Gesellschaft ihre IR-Aktivitäten forcieren. „Der Vorstand beabsichtigt, die Kapitalmarktkommunikation im Jahr 2024 zu intensivieren, um die neue Ausrichtung und die Zukunftsperspektiven von A.S. Création transparent aufzuzeigen“, heißt es im kürzlich veröffentlichen Geschäftsbericht 2023. Boersengefluester.de ist gespannt, wie das in der Praxis aussehen wird und ob die Story tatsächlich wieder mehr Aufmerksamkeit bekommt. Immerhin handelt es sich grundsätzlich um ein solides Unternehmen mit 50 Jahren Historie, stabiler Bilanz und einem Netto-Cash, was – ohne Berücksichtigung der Pensionsrückstellungen von gut 10 Mio. Euro – allein fast ein Viertel des Börsenwerts abdeckt. Bezogen auf die Dividende geht boersengefluester.de allerdings davon aus, dass erst für 2025 – also zahlbar nach der Hauptversammlung (HV) im Jahr 2026 – wieder eine Ausschüttung erfolgen wird, wobei A.S. Création nach Möglichkeit rund 45 Prozent des Ergebnisses je Aktie auskehrt. Für Langfristanleger kann das eine attraktive Option werden.
Größte Aktionäre sind die Familie um Firmengründer Franz Jürgen Schneider sowie die britische Lins Wallpaper Ltd.. Offiziell dem Streubesitz zuzurechnen sind 28,84 Prozent der Anteilscheine. Bei Lins Wallpaper handelt es sich übrigens um die Mehrheitseigentümer des russischen Tapetenherstellers Palitra, mit dem A.S. Création vor vielen Jahren ein Gemeinschaftsunternehmen zum Aufbau einer Tapetenproduktion in Russland aufgebaut hatte – von dem sich die Gesellschaft 2019 aber trennte. Noch immer bindet A.S. Création über die Produktionsstätte bei der belarussischen Tochter Profistil sowie eine russische Vertriebsgesellschaft jedoch durchaus nennenswerte Vermögenswerte in der Region. Im schlimmsten Fall könnte es zu Enteignungen kommen, was mit Blick auf die Entschädigungsgarantien der Bundesrepublik Deutschland aber zu einem überschaubaren – nicht liquiditätswirksamen – Korrekturbedarf von „nur“ rund 3,4 Mio. Euro führen könnte.
Schwer abzuschätzen, wohin die Entwicklung diesbezüglich geht, im Aktienkurs von A.S. Création sollten die potenziellen Risiken aber längst enthalten sein. Im Zweifel sind wohl komplette Wertberichtigungen, wie sie zuletzt das Elektronikunternehmen R. Stahl bei seinem Russland-Engagement vorgenommen hat, die realistische Variante. Grundsätzlich sind Tapeten-Exporte von Deutschland nach Belarus bzw. Russland ohnehin massiv zurückgegangen, sehr viel wichtiger ist der Verkauf von in Belarus produzierten Tapeten in andere osteuropäische Länder. Losgelöst davon: Die Aktie von A.S. Création ist mittlerweile so niedrig bewertet, da kann es mit Sicht auf zwei Jahren fast nur aufwärts gehen.
Foto: Clipdealer
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