Non-Event oder vielleicht schon Resignation? Die unauffällige Kursreaktion an der Börse auf die vorläufigen Jahreszahlen für 2023 von Intershop Communications lässt beide Interpretationen zu. Dabei sind knapp 38 Mio. Euro sowie ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von minus 2,53 Mio. Euro alles andere als ein Resultat, was die Investoren – und vor allen Dingen aber auch das Vorstandsteam von Intershop – kalt lässt. Nun: Am Kapitalmarkt hatten sich die Anleger nach der vor einigen Wochen deutlich zusammengefalteten Prognose für den Cloud-Auftragseingang (HIER) ohnehin auf maue Daten eingestellt. Dass das Betriebsergebnis nun nochmals um rund 1 Mio. Euro schlechter ausgefallen ist, als von boersengefluester.de vermutet – Schwamm drüber. Das vergangene Jahr ist aus Investorensicht ohnehin abgehakt und der Blick richtet sich nach vorn.
Konsens ist, dass sich nach den zwei schwierigen Jahren 2022 und 2023 dringend etwas ändern muss bei dem Anbieter von E-Commerce-Software. „Wir müssen an die Sachkosten ran und kommen auch um Personalthemen nicht umhin“, räumt CEO Markus Klahn im Hintergrundgespräch mit boersengefluester.de ein. Eine konkrete Einsparsumme nennt das Management dabei nicht. Keinesfalls geht es aber darum, die Gesellschaft in irgendeiner Form gesund zu schrumpfen. „Das absolute Ziel ist es, mehr zu verkaufen“, sagt Klahn und betont in einem Atemzug, dass auf der Vertriebsseite etwas getan werden muss. Schließlich schneidet die Software von Intershop in den einschlägigen Rankings regelmäßig super gut ab. Allein es mangelt daran, die Akzeptanz auch in genügend große Aufträge zu wandeln. Dabei hat das Unternehmen die übergeordnete Transformation vom Produktverkauf hin zu einem Cloudanbieter – mit der quasi jeder Softwareanbieter seit Jahren beschäftigt ist – im Grunde ganz gut hinbekommen. Noch sind die Subskriptionserlöse jedoch nicht groß genug, um den laufenden Betrieb und die Produktentwicklung tragen.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 35,81 | 31,20 | 31,62 | 33,61 | 36,00 | 36,80 | 37,99 | |
EBITDA1,2 | 2,83 | -3,70 | -2,32 | 4,47 | 4,42 | 0,42 | 0,87 | |
EBITDA-Marge3 | 7,90 | -11,86 | -7,34 | 13,30 | 12,28 | 1,14 | 2,29 | |
EBIT1,4 | 0,41 | -5,92 | -6,47 | 1,04 | 1,31 | -2,87 | -2,53 | |
EBIT-Marge5 | 1,14 | -18,97 | -20,46 | 3,09 | 3,64 | -7,80 | -6,66 | |
Jahresüberschuss1 | -0,66 | -6,74 | -6,77 | 0,79 | 0,81 | -3,56 | -3,08 | |
Netto-Marge6 | -1,84 | -21,60 | -21,41 | 2,35 | 2,25 | -9,67 | -8,11 | |
Cashflow1,7 | 1,69 | -4,14 | -1,82 | 4,72 | 4,60 | 1,16 | 2,95 | |
Ergebnis je Aktie8 | -0,06 | -0,60 | -0,17 | 0,06 | 0,06 | -0,25 | -0,21 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: PricewaterhouseCoopers |
Keine Frage: Das allgemein schwierige konjunkturelle Umfeld spielt Intershop seit etlichen Quartalen nicht wirklich in die Karten. Insgesamt bleibt das Unternehmen aber trotzdem hinter seinen Möglichkeiten zurück. Entsprechend wird 2024 fast schon zu einem Entscheidungsjahr für Intershop. Die offizielle Prognose sieht ein moderates Umsatzplus sowie ein ausgeglichenes EBIT vor. Insbesondere auf der Ergebnisseite hatte sich boersengefluester.de hier deutlich mehr versprochen. Allerdings macht Markus Klahn klar, dass in dieser Vorschau zu erwartende Belastungen aus den Strukturmaßnahmen bereits inkludiert sind: „Es handelt sich um eine sehr vorsichtige Prognose. Wir konzentrieren uns auf das Ergebnis. Die schwarze Null ist unser Minimalziel“ Jedenfalls wird es kein – wie auch immer geartetes – adjustiertes Ergebnis geben, in dem mögliche Sondereffekte bereinigt sind. „Wir wollen die volle Transparenz zeigen“, sagt CFO Petra Stappenbeck.
Interessant aus Börsensicht ist derweil auch, dass die Diskussionen um mögliche organisatorische Veränderungen rund um den Kerninvestor Shareholder Value Management AG (SVM) bzw. Shareholder Value Beteiligungen AG (SVB) dem Vernehmen nach keine unmittelbaren Auswirkungen auf Intershop haben. „Den Kreis der Aktionäre sehen wir in unveränderter Stabilität“, sagt Markus Klahn. Ob sich an dieser Gemengelage perspektivisch nicht doch etwas ändert, steht freilich auf einem anderen Blatt. Als potenziellen Kurstreiber würden wir diesen Aspekt jedenfalls nicht abschreiben. Spannend wird auch, wie Intershop das so wichtige Thema KI (Künstliche Intelligenz) nicht nur immer stärker in die eigenen Produkte integriert, sondern es vor allen Dingen auch schafft, diese Extraservices mit einem zusätzlichen Preisschild zu versehen. „Wir versprechen uns schon, dass die Kunden dafür bereit sind zu zahlen“, sagt Klahn. Noch sind die möglichen Effekte schwer zu beziffern, vermutlich könnte ein KI-Upgrade aber durchaus einen Preisunterschied von 10 Prozent rechtfertigen. Immerhin ist der Nutzen für den Kunden enorm.
Interessante Themen gibt es bei Intershop Communications also mehr als genug. Es muss unterm Strich künftig aber einfach mehr rauskommen. Daran hat sich nichts geändert. Der operative Cashflow von zuletzt knapp 3 Mio. Euro als einzig markant positive Kennzahl aus dem 2023er-Zahlenwerk ist zwar ein schönes Signal, insgesamt aber zu wenig. Immerhin: Der Vorstand bezeichnet Intershop als ein „immer noch gesundes Unternehmen“. Wer in dem Titel engagiert ist, sollte also investiert bleiben. Die Bewertung ist alles andere als sportlich und bietet viel Raum nach oben. Charttechnisch bietet die 200-Tage-Durschschnittslinie momentan einen wichtigen Halt.
Foto: Unsplash+
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