Schwieriges Terrain für Anleger bleibt die Klöckner-Aktie. Dabei hat sich an der grundsätzlichen Gemengelage – auch nach Vorlage des Halbjahresberichts 2023 – nichts Wesentliches geändert. Operativ führen die deutlichen Rückgänge bei den Stahlpreisen zu den befürchtet scharfen Rückgängen bei Umsatz und Ergebnis. Andererseits ist der Titel des Stahlhändlers so dermaßen günstig bewertet, dass sich ein Verkauf in der jetzigen Börsenphase eigentlich von selbst verbietet. So wird die Aktie mittlerweile mit einem Abschlag von 55 Prozent auf den Buchwert gehandelt. Keine Frage: Das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) ist nicht gerade die erste Kennzahl, auf die Anleger schauen. Zudem kommen die Aktien der Stahlproduzenten ThyssenKrupp und Salzgitter sogar auf noch niedrigere Werte beim KBV. Aber auch unter Ertragsgesichtspunkten gibt es kaum günstigere Titel auf dem heimischen Kurszettel, als die Vertreter aus dem Stahlsektor.
Für das Gesamtjahr 2023 kalkuliert Klöckner-CEO Guido Kerkhoff mit einem um wesentliche Sondereffekte bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (adjustiertes EBITDA) zwischen 220 und 280 Mio. Euro. Diese Größe wurde jetzt erstmals so kommuniziert, im Prognoseteil des vor einigen Monaten veröffentlichten Geschäftsberichts 2022 war zunächst von einem „deutlichen Rückgang“ des adjustierten EBITDA gegenüber dem Vorjahreswert von 417 Mio. Euro die Rede – aber noch immer auf einem „relativ starken Niveau“. Nachdem Klöckner im Auftaktquartal 2023 ein adjustiertes EBITDA von 68 Mio. Euro erwirtschaftete, stellten die Duisburger für Q2 ein Ergebnis in einer Bandbreite von 60 bis 110 Mio. Euro in Aussicht. Geworden sind es am Ende jetzt 63 Mio. Euro.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 6.291,56 | 6.790,49 | 6.314,72 | 5.130,11 | 7.440,86 | 9.378,69 | 6.956,61 | |
EBITDA1,2 | 219,56 | 227,10 | 139,03 | 52,14 | 878,70 | 480,96 | 190,44 | |
EBITDA-Marge3 | 3,49 | 3,34 | 2,20 | 1,02 | 11,81 | 5,13 | 2,74 | |
EBIT1,4 | 129,84 | 141,46 | 1,73 | -93,64 | 754,50 | 348,08 | 65,76 | |
EBIT-Marge5 | 2,06 | 2,08 | 0,03 | -1,83 | 10,14 | 3,71 | 0,95 | |
Jahresüberschuss1 | 102,25 | 68,65 | -54,88 | -114,36 | 629,34 | 259,34 | -189,80 | |
Netto-Marge6 | 1,63 | 1,01 | -0,87 | -2,23 | 8,46 | 2,77 | -2,73 | |
Cashflow1,7 | 78,87 | 60,20 | 204,23 | 160,98 | -305,77 | 405,17 | 321,57 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,96 | 0,66 | -0,56 | -1,16 | 5,58 | 2,32 | -1,91 | |
Dividende8 | 0,30 | 0,30 | 0,00 | 0,00 | 1,00 | 0,40 | 0,20 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: PricewaterhouseCoopers |
Damit bewegt sich die Gesellschaft zwar innerhalb des avisierten Korridors, schrammten aber dennoch nur knapp an einer Enttäuschung vorbei. Wobei: Wirklich überzeugend sind die Daten für Q2 2023 damit natürlich auch nicht. Aber was soll man machen, wenn der Gesamtmarkt momentan keine besseren Resultate hergibt? Die jetzige Prognose für das Gesamtjahr unterstellt jedenfalls, dass (bei einer Gleichverteilung) auch für Q3 und Q4 mit einem bereinigten EBITDA von jeweils rund 60 Mio. Euro zu rechnen ist. Insgesamt stabilisiert sich die Situation zumindest, wenn auch auf deutlich ermäßigtem Niveau. Zur weiteren Einordnung: Q1 und Q2 2022 kam Klöckner noch jeweils auf bereinigte EBITDAs nördlich von 200 Mio. Euro. Im dritten Quartal 2022 knickte diese Zahl auf 16 Mio. Euro ein, im Abschlussviertel 2022 waren es sogar minus 22 Mio. Euro.
Unter Berücksichtigung der Netto-Finanzverbindlichkeiten von zuletzt 596 Mio. Euro wird der SDAX-Konzern momentan – je nach Prognoseerreichung – mit dem 5,2- bis 6,6-fachen des für 2023 in Aussicht gestellten bereinigten EBITDA gehandelt. Wie es mit Blick auf 2024 aussieht, lässt sich kaum valide abschätzen. Dafür ist die Entwicklung beim Stahlpreis einfach zu volatil. Immerhin gehen die Analysten im Schnitt aber schon wieder von einer spürbaren Ergebnisbelebung bei Klöckner aus. Trotz alledem hätte boersengefluester.de nicht gedacht, dass der Aktienkurs sich mittlerweile so deutlich von der jüngsten Offerte durch Großaktionär Friedhelm Loh zu 9,75 Euro nach unten entfernt hat.
Da ist es nur ein schwacher Trost, dass auch der Klöckner-Vorstand bislang mit seiner Einschätzung, das Angebot nicht anzunehmen, falsch gelegen hat. „Der Angebotspreis spiegelt nach Einschätzung von Vorstand und Aufsichtsrat nicht den fundamentalen Wert von Klöckner & Co auf Basis der Wachstums- und Profitabilitätspotenziale wider“, hieß es damals Ende März 2023. Immerhin gibt es aber auch positive Nachrichten: So hat das Unternehmen die schon vor einiger Zeit auf die Schiene gesetzte Übernahme von National Material of Mexico vollzogen und stärkt dadurch seine Position im Stahl-Service-Geschäft in Nordamerika. Per saldo setzen mutige Investoren bei dem Stahlhändler Klöckner & Co weiterhin auf einen Stimmungswechsel an der Börse gegenüber Aktien von Unternehmen, die besonders stark an der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hängen.
Foto: Klöckner & Co SE
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