Was für ein derbes Chartbild: Erstmals seit Ende 2020 ist der Aktienkurs von Weng Fine Art wieder in den einstelligen Bereich gerutscht. Dabei kostete der Anteilschein des Kunsthändlers Anfang Januar 2022 in der Spitze noch 37,40 Euro – entsprechend einem Börsenwert von annähernd 206 Mio. Euro. Knapp 75 Prozent Wertverlust innerhalb von weniger als 1,5 Jahren – das tut weh. Insbesondere auch deshalb, weil Weng Fine Art lange Zeit als so etwas wie ein Vorzeige-Spezialwert galt. Das schützte die Aktie jedoch nicht davor, gemeinsam mit etlichen anderen Titeln aus dem E-Commerce-Sektor auf Talfahrt zu gehen. Keine Frage: Aus Trendthemen wie Token oder auch Fraktionalisierung wurde im Zuge des Kriegs gegen die Ukraine sowie des damit einhergehenden veränderten Zinsumfelds generell kräftig Luft abgelassen. So hat Weng Fine Art (WFA) – etwa mit Blick auf den Einstieg bei der auf digitale Marktplätze für den Kunsthandel spezialisierten 360X Art AG – mitunter auch selbst die Reißleine gezogen und anschließend Plan B im Form eigener Lösungen umgesetzt.
Erst vor wenigen Tagen haben die Monheimer nun den Soft-Launch ihrer – in der Schweizer Tochter ArtXX aufgehängten – Token-Plattform Weng Art Invest kommuniziert. Bereits im laufenden Jahr sollen über Weng Art Invest Kunsteditionen in einem siebenstelligen Euro-Volumen gehandelt werden. Neben der bisherigen E-Commerce-Plattform Weng Contemporary verfügt ArtXX damit nun bereits über das zweite digitale Vehikel für den Kunsthandel. Inwiefern sich die Preise auf beiden Plattformen à la longue annähern, bleibt abzuwarten. Zunächst einmal werden die Objekte auf Weng Art Invest schon allein deshalb günstiger sein, weil sich das Angebot nicht unmittelbar an Sammler mit Interesse an dem physischen Kunstwerk richtet. Das Recht zur Auslieferung haben Kunden von Weng Art Invest erst nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist. Dafür ist der Token auf die jeweils ersteigerten Kunstgegenstände eben auch deutlich fungibler und adressiert entsprechend stärker die Investorenszene.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt lässt zwar nur schwer einschätzen, wie das Produkt nachhaltig am Markt ankommen wird. Im Zweifel geht boersengefluester.de jedoch davon aus, dass sich das Team um Vorstand Rüdiger K. Weng sehr intensiv mit der Materie beschäftigt und eine entsprechend marktnahe Lösung mit Ausbaupotenzial entwickelt hat. Auslöser des jüngsten Kursknicks in der WFA-Aktie ist daher ein anderer Grund – und zwar die Jahreszahlen 2022 von ArtXX: Demnach fiel der Umsatz im vergangenen Jahr unerwartet deutlich von 7,46 auf knapp 5,08 Mio. Euro. Der Gewinn nach Steuern kam dazu überproportional um 51 Prozent auf 1,10 Mio. Euro zurück. Grundsätzlich ist eine Netto-Marge von 21,7 Prozent zwar noch immer super gut, aber verglichen mit der 2021er-Rendite von 30,4 Prozent ergibt sich eben doch ein deutlicher Schwund.
Hinzu kommt, dass das Abschlussquartal 2022 von ArtXX extrem mau gewesen sein muss. Immerhin zeigten die Schweizer zum Halbjahr noch 3,42 Mio. Euro Umsatz (Vorjahr: 2,83 Mio. Euro) sowie einen Gewinn von 1,00 Mio. Euro (Vorjahr: 0,74 Mio. Euro) und betonten Mitte Oktober, dass sie auch nach Ende Q3 2022 bei Umsatz und Ergebnis noch über den vergleichbaren Vorjahreswerten gelegen haben. Als wesentliche Herausforderung von 2022 bezeichnet das Management dabei die „enormen Verzögerungen bei der Lieferung von Editionen“, so dass die Verkäufe sich im Wesentlichen auf Bestandsware konzentrierten.
Auf dem falschen Fuß erwischt hat ArtXX manch Börsianer jedoch insbesondere mit der Einschätzung, dass sich die Kunstmärkte im Geschäftsjahr 2023 erst noch einmal abschwächen dürften, bevor sie im Verlauf des zweiten Halbjahrs 2023 ihren Tiefpunkt erreichen könnten und sich der Turnaround somit erst 2024 einstellen dürfte. Wird also interessant, welchen Ergebnisbeitrag die zu rund 61 Prozent im Besitz der Weng Fine Art AG befindliche artXX AG im kommenden Jahr liefern wird. Grundsätzlich sollte Weng Art Invest jedoch schnell profitabel arbeiten. Für Juli ist derweil die Veröffentlichung des WFA-Konzernabschlusses angesetzt. Zudem gibt es noch spannende Sonderthemen wie das weitere Vorgehen bei der Beteiligung an Artnet.
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