Ein Investorentraum war die Bauer AG aus Schrobenhausen in den vergangenen Jahren nun wahrlich nicht. Dafür hat das im Bereich Tiefbau tätige Unternehmen einfach zu häufig die Prognosen gerissen und zum Teil heftige Verluste eingefahren. Nicht jedermanns Sache sind auch die markante Finanzverschuldung von mehr als 500 Mio. Euro sowie die nun schon vier Nullrunden in Folge bei der Dividende. Ende 2022 kam dann insofern Bewegung in die Börsenstory, weil die ebenfalls im Baubereich tätige Doblinger-Gruppe aus München im Zuge einer größeren Kapitalerhöhung ihren Anteil gegenüber den bislang dominierenden Familienaktionären von Bauer kräftig ausbauen wollte und zudem dringend benötigtes Cash in die Firmenkassen fließen sollte.
Nach einer klagebedingten Extraschleife wurde die Transaktion Mitte März 2023 dann tatsächlich so umgesetzt und sorgte für einen Mittelzufluss von netto rund 100 Mio. Euro. Sichtbares Zeichen der neuen Machtverhältnisse auch, dass der bisherige CEO Michael Stomberg aus dem Unternehmen ausgeschieden ist. Zudem sorgen etliche Portfoliobereinigungen – sprich die Abwicklung bzw. der Verkauf von Tochtergesellschaften – für einen reinen Tisch. Das wiederum führt für 2022 zu einem Rekord-Nettoverlust von rund 94 Mio. Euro und entsprechend nochmals drastischen Einschnitten in der Bilanz. Immerhin: Der Free Cashflow drehte von minus 11,60 auf plus 17,34 Mio. Euro.
Angesichts der weiterhin labilen globalen Wirtschaftslage bleibt CFO Peter Hingott zwar auch für das laufende Jahr vorsichtig und prognostiziert bei einer leicht rückläufigen Konzernleistung ein nicht unbedingt ambitioniertes EBIT (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) in einer Bandbreite zwischen 35 und 60 Mio. Euro. Gleichwohl betont Peter Hingott nach dem Umbruchjahr 2022 auch die sich bietenden Chancen. „Wir können uns nun wieder mehr auf das operative Geschäft konzentrieren“, lautet seine Botschaft. Interessant in diesem Zusammenhang, dass kürzlich sogar die Analysten von Montega auf den Transformationsprozess von Bauer hingewiesen haben und den Titel mit einem Kursziel von 9 Euro versehen haben. Potenzial ist grundsätzlich also reichlich vorhanden. Abzuwarten bleibt allerdings, wie die Resonanz am Kapitalmarkt tatsächlich ausfallen wird.
Quasi als eine der ersten Amtshandlungen hat der neue Großaktionär nämlich gleich mal ein Delisting der Bauer-Aktie aus dem streng regulierten Börsensegment Prime Standard avisiert. Auf die damit fällige Offerte sollten Anleger als attraktive Exit-Option nicht setzen. Hier wird sich Doblinger vermutlich nur an die gesetzlichen Vorgaben halten. Offen ist zudem, ob sich der Großaktionär „nur“ aus dem Regulierten Markt zurückziehen will und es dafür ein Listing etwa im Frankfurter Spezialsegment Scale geben wird, oder ob es tatsächlich auf eine harte Börsenabkehr mit dann vermutlich stark eingeschränkter Publizität hinauslaufen wird. Aber auch für diesen Fall sollten Anleger wissen, dass die Aktie im regionalen Freiverkehr – erste Adresse ist hier meist Hamburg – weitergehandelt wird.
Panik wegen des vermeintlichen Börsenrückzugs ist also fehl am Platz. Und sollte Bauer im laufenden Jahr bei der EBIT-Prognose auf den oberen Bereich zusteuern, hätte der Titel auch fundamental ordentlich Luft. Immerhin wird die Aktie – inklusive des Mittelzuflusses au der jüngsten Kapitalerhöhung – mit einem kräftigen Abschlag von 28 Prozent zum Buchwert gehandelt. Wer den Titel im Depot hat, sollte nach Auffassung von boersengefluester.de daher engagiert bleiben.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 1.667,86 | 1.589,09 | 1.470,92 | 1.343,24 | 1.433,07 | 1.630,14 | 1.698,19 | |
EBITDA1,2 | 182,55 | 198,62 | 123,05 | 165,25 | 153,46 | 60,52 | 209,81 | |
EBITDA-Marge3 | 10,95 | 12,50 | 8,37 | 12,30 | 10,71 | 3,71 | 12,36 | |
EBIT1,4 | 89,57 | 100,06 | 22,48 | 55,54 | 36,03 | -68,02 | 95,23 | |
EBIT-Marge5 | 5,37 | 6,30 | 1,53 | 4,13 | 2,51 | -4,17 | 5,61 | |
Jahresüberschuss1 | 3,67 | 24,09 | -36,55 | -8,22 | 3,99 | -94,02 | 7,48 | |
Netto-Marge6 | 0,22 | 1,52 | -2,48 | -0,61 | 0,28 | -5,77 | 0,44 | |
Cashflow1,7 | 183,33 | 147,44 | 168,88 | 168,15 | 82,92 | 100,99 | 150,85 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,16 | 1,32 | -2,17 | -0,48 | -0,02 | -3,66 | 0,14 | |
Dividende8 | 0,10 | 0,10 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: PricewaterhouseCoopers |
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