Es gibt viele Wege, sich als Investor an die Aktie der auf Sondersituationen und Sanierungen spezialisierten Beteiligungsgesellschaft Mutares anzunähern: Die einfachste, aber sicher nicht verkehrteste, Route führt über die regelmäßig sehr offensive Dividendenpolitik. Am HV-Tag der vergangenen fünf Jahre brachte es die Mutares-Aktie im Schnitt auf eine Dividendenrendite von ansehnlichen 8,1 Prozent – wobei sich die Bandbreite auf diesem Zeitstrahl von 6,1 bis 9,6 Prozent erstreckt. Unterstellt, dass die Münchner zur Hauptversammlung (HV) am 24. Mai 2023 erneut eine Ausschüttung von 1,50 Euro je Aktie vorschlagen, kommt der Titel gegenwärtig auf eine Rendite von 7,4 Prozent. Mutares liegt also auch 2023 voll im Trend. Basis für die Ausschüttungen ist dabei der Netto-Gewinn auf Ebene der Mutares-Holding, der sich wiederum aus Beratungsleistungen, Dividendenzahlungen von Portfoliogesellschaften sowie Exit-Erlösen speist.
Zumindest die ersten beiden Punkte sind valide vorhersehbar. Hinzu kommt, dass das Management selbst zu den wesentlichen Shareholdern zählt und es somit quasi ein eingebautes Dividendeninteresse gibt. Im Hintergrundgespräch mit boersengefluester.de will sich Chief Investment Officer (CIO) Johannes Laumann zum jetzigen Zeitpunkt naturgemäß noch nicht auf eine konkrete Aussage zur Höhe der Gewinnbeteiligung festlegen, doch in der Tendenz ist er unmissverständlich: „Man sollte die Dividende immer mit Bedacht wählen. Aber es würde mich wundern, wenn wir einen Schritt zurück machen.“
Frische Dynamik bekommt die Equity-Story von Mutares aber auch von anderer Seite. So hat die Gesellschaft die drei – allesamt im Kunststoffsektor für die Automotive-Branche tätigen – Portfolio-Unternehmen Light Mobility Solutions (LMS), MoldTecs und SFC Group kürzlich zu der neu formierten Amaneos SE mit Sitz in Frankfurt am Main zusammengefasst. Ein Automobilzulieferer mit einem annualisierten Jahresumsatz von 1,2 Mrd. Euro. Mit Blick auf zwei bis drei Jahre soll hier ein veritabler Börsenkandidat entstehen. „Das wäre zumindest meine favorisierte Exit-Variante“, sagt Johannes Laumann. „Vorher müssen wir aber noch unsere Hausaufgaben machen und die Synergien zwischen den Unternehmen schärfen.“ Dabei ist die Zusammenarbeit des Trios auf operativer Ebene bereits eng verzahnt. Deutlich voranzubringen gilt es aber die Ertragskraft von Amaneos.
Für das laufende Jahr dürfte die operative Rendite „irgendwo zwischen 2 und 3 Prozent“ liegen, sagt Laumann. Zum Vergleich: Die Benchmark innerhalb des Sektors erstreckt sich eher auf eine Spanne von 5 Prozent bis 8 Prozent. Es gibt also noch einiges zu verbessern für die Restrukturierungsprofis von Mutares. Boersengefluester.de ist aber überzeugt davon, dass Amaneos in den kommenden Quartalen immer wichtiger für den Aktienkurs von Mutares werden wird. Immerhin wird das Projekt eine Art Leuchtturm sein, an dessen Entwicklung sich Investoren orientieren. Ein Punkt, der bei Mutares mit seinen insgesamt rund 30 Beteiligungen und im Schnitt etwa einer Transaktion pro Monat ansonsten nicht immer ganz einfach zu überschauen ist – dafür ist das Transaktionstempo einfach zu hoch.
Ein Thema an der Börse ist Mutares zurzeit aber auch wegen der laufenden Ausgabe eines Bonds im Volumen von 100 bis hin zu 125 Mio. Euro. Wesentliches Ziel der Anleihe-Emission ist es, den im Februar 2024 auslaufenden Bond abzulösen und so frühzeitig für klare Verhältnisse zu sorgen. „Es ist normal, sich schon ein Jahr vorher damit zu beschäftigen“, sagt Laumann. Andererseits gibt es eben auch einige Wackelkandidaten im Mittelstandsbereich, die eine solch frühzeitige Refinanzierungslösung versäumt haben und nun mit entsprechend negativen Abstrahleffekten auf den Aktienkurs zu kämpfen haben. Dass die Zinsspanne von 3-Monate EURIBOR zuzüglich 7,5 bis 8,5 % p.a. mit der Mutares in die Vermarktung geht, auf den ersten Blick ziemlich hoch aussieht, ficht Laumann nicht an. Für ihn sind solche Zinssätze „das neue Normal“. Folgerichtig spricht er auch von einer Refinanzierung der alten Anleihe zu „aktuellen Konditionen“.
Das Feedback von Investorenseite – insbesondere auch von den Inhabern des Bonds 2020/24, die ein Umtauschangebot bekommen – ist jedenfalls positiv. Mit Blick auf die eigene Aktie wiederum muss Johannes Laumann nicht lange überlegen, was der Punkt ist, den der Kapitalmarkt bei Mutares noch immer am meisten unterschätzt: „Das ist ganz klar die Planbarkeit und Visibilität unserer Profite.“ Die Analysten von Hauck Aufhäuser haben das Kursziel für den Titel zuletzt bei 37 Euro gelassen und empfehlen die im Frankfurter Spezial-Freiverkehrssegment Scale gelistete Aktie weiterhin zum Kauf. Eine Einschätzung, der sich boersengefluester.de gut anschließen kann.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 899,70 | 865,10 | 1.015,90 | 1.583,90 | 2.504,00 | 3.751,70 | 4.689,10 | |
EBITDA1,2 | 67,10 | 49,10 | 79,20 | 142,70 | 566,50 | 181,50 | 756,90 | |
EBITDA-Marge3 | 7,46 | 5,68 | 7,80 | 9,01 | 22,62 | 4,84 | 16,14 | |
EBIT1,4 | 40,00 | 19,40 | 26,20 | 41,20 | 447,30 | -3,10 | 436,90 | |
EBIT-Marge5 | 4,45 | 2,24 | 2,58 | 2,60 | 17,86 | -0,08 | 9,32 | |
Jahresüberschuss1 | 43,90 | 12,00 | 16,70 | 19,70 | 442,40 | -21,00 | 367,10 | |
Netto-Marge6 | 4,88 | 1,39 | 1,64 | 1,24 | 17,67 | -0,56 | 7,83 | |
Cashflow1,7 | -29,10 | -11,10 | -10,70 | -43,00 | -103,50 | -20,80 | -27,50 | |
Ergebnis je Aktie8 | 2,85 | 0,96 | 1,37 | 1,78 | 26,83 | -0,32 | 18,41 | |
Dividende8 | 1,00 | 1,00 | 1,00 | 1,50 | 1,50 | 1,75 | 2,25 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Deloitte |
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