Mit ein wenig Extra-Schwung zum Jahresende schaffte es der Aktienkurs von R. Stahl vielleicht sogar, 2022 mit einer zumindest ausgeglichenen Performance abzuschließen. Dabei sah nach den ersten drei Quartalen mit einem Kursminus von gut 30 Prozent für den Anbieter von explosionsgeschützten Elektronikkomponenten – die Produkte von R. Stahl werden unter anderem in der Öl- und Gasindustrie oder auch dem Chemie-Sektor eingesetzt – noch alles nach einem abermals enttäuschenden Börsenjahr aus. Doch bereits das dritte Quartal 2022 ließ darauf schließen, dass R. Stahl operativ deutlich besser unterwegs ist, als vom Kapitalmarkt vermutet (siehe dazu auch unseren Bericht HIER). Vor wenigen Tagen hat das Unternehmen aus dem östlich von Heilbronn gelegenen Waldenburg sogar die Prognosen für das laufende Jahr heraufgesetzt und rechnet jetzt mit Umsatzerlösen zwischen 273 und 278 Mio. Euro – das sind rund 3 Mio. Euro mehr, als bislang gedacht.
Ebenfalls um jeweils 3 Mio. Euro hat CEO Mathias Hallmann die Spanne für das zu erwartende EBITDA vor Sondereinflüssen nach oben angepasst. Demnach liegt die Messlatte für das um Restrukturierungsaufwand und ähnliche Posten bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) nun in einer Bandbreite von 21 bis 24 Mio. Euro. Interessant: So dürfte der Unterschied zwischen berichtetem EBITDA und adjustiertem EBITDA wahrscheinlich nur noch bei etwas mehr als 1 Mio. Euro liegen. Den Höhepunkt – mit einer Differenz von jeweils mehr als 5 Mio. Euro – gab es hier in den Jahren 2018 und 2019. Seitdem schließt sich die Schere kontinuierlich. Rückenwind bekommt R. Stahl von der vorsichtigen Entspannung im Bereich der Lieferketten, wenngleich die Beschaffungssituation von Elektronikbauteilen angespannt bleibt, wie das Unternehmen betont.
Wer sich die Präsentation von R. Stahl zum Deutschen Eigenkapitalforum ansieht, wird zudem nicht übersehen, dass sich viel um Themen wie Flüssiggas oder Wasserstoff dreht, wo die Gesellschaft mit ihren Produkten noch stärker Fuß fassen will. Zudem macht R. Stahl große Fortschritte bei der Digitalisierung ihres Produktspektrums. Insgesamt stehen die Chancen jedenfalls gut, dass das Familienunternehmen in den kommenden Jahren nachhaltig bessere Ergebnisse zeigt. Normalerweise wäre bereits 2022 spürbar besser ausgefallen, aber eine Sonderabschreibung von rund 3 Mio. Euro auf die vor gut sechs Jahren eingegangene Beteiligung an dem russischen Unternehmen Zavod Goreltex drückt momentan auf die Zahlen. Diese Belastung fällt 2023 weg. Gemessen daran notiert der Aktienkurs mit 16 Euro noch weit unter seinen Möglichkeiten. Das Drei-Jahres-Hoch liegt bei 34 Euro, in der Spitze – am 13. Juni 2014 – kostete der Titel auch schon einmal etwas mehr als 48 Euro.
Bewertungstechnisch ist sowieso noch alles im grünen Bereich. Auf schuldenfreier Basis wird das Unternehmen an der Börse nur mit dem rund Neunfachen des von boersengefluester.de für 2022 geschätzten EBITDA gehandelt. Nur auf eine Dividende müssen die Anleger wohl auch zur nächsten Hauptversammlung Ende April 2023 verzichten. Die bislang letzte Ausschüttung gab es für 2016. Neben den Gründerfamilien sind bei R. Stahl die RAG-Stiftung (unter anderem Evonik Industries) sowie die Investmentaktiengesellschaft für langfristige Investoren TGV um Norman Rentrop maßgeblich investiert. Insgesamt eine spannende Investmentstory, die derzeit noch nicht so viele Anleger auf dem Schirm haben. Die vorläufigen Zahlen für 2022 kommen am 16. Februar 2023.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 268,46 | 280,11 | 274,78 | 246,59 | 248,11 | 274,34 | 330,56 | |
EBITDA1,2 | 7,00 | 9,46 | 25,27 | 17,18 | 16,82 | 20,59 | 36,64 | |
EBITDA-Marge3 | 2,61 | 3,38 | 9,20 | 6,97 | 6,78 | 7,51 | 11,08 | |
EBIT1,4 | -10,69 | -4,16 | 6,34 | 0,49 | -0,06 | 3,85 | 19,12 | |
EBIT-Marge5 | -3,98 | -1,49 | 2,31 | 0,20 | -0,02 | 1,40 | 5,78 | |
Jahresüberschuss1 | -21,78 | -7,00 | 1,35 | -3,53 | -4,93 | 1,93 | 0,18 | |
Netto-Marge6 | -8,11 | -2,50 | 0,49 | -1,43 | -1,99 | 0,70 | 0,05 | |
Cashflow1,7 | 19,75 | 18,22 | 19,62 | 17,86 | 11,86 | 5,99 | 14,22 | |
Ergebnis je Aktie8 | -3,28 | -1,10 | 0,21 | -0,54 | -0,76 | 0,30 | 0,03 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: BDO |
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