Kaum ist der Konzernabschluss für 2021 von Weng Fine Art (WFA) veröffentlicht, belegt der Report auch sofort Platz 1 in einem ganz speziellen Ranking unserer neuen Zweitseite geschaeftsberichte-download.de: Mit einem Umfang von gerade einmal 17 Seiten ist das PDF-Dokument des Kunsthandelsunternehmens – gemeinsam mit dem Abschluss von Pro DV – nämlich der Geschäftsbericht mit der bislang geringsten Seitenzahl für 2021. Gut möglich allerdings, dass sich an dem Tabellenstrand noch was ändert, denn bislang haben „erst“ 512 der insgesamt rund 650 Unternehmen aus der Datenbank von boersengefluester.de ihren Geschäftsbericht vorgelegt. Aber das nur am Rande, selbst wenn CEO Rüdiger K. Weng im Hintergrundgespräch mit uns betont, dass der Geschäftsbericht von Weng Fine Art natürlich umfangreicher und opulenter gestaltet werden könnte. Zum Vergleich: Der Geschäftsbericht 2021 von Artnet umfasst 149 Seiten.
Mit zuletzt gerade einmal acht Mitarbeitern sind die Kapazitäten bei WFA aber begrenzt, zudem investiert Rüdiger K. Weng die Mittel in der jetzigen Phase lieber in Personal und die Weiterentwicklung des Geschäfts. Nun: Die schlanken Strukturen spiegeln sich definitiv positiv im Zahlenwerk wider. Bei kräftig von 10,43 auf 13,06 Mio. Euro gesteigerten Umsatzerlösen steht mit 5,01 Mio. Euro für 2021 immerhin das zweithöchste EBIT (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) der Firmengeschichte zu Buche. Dass der Vorjahreswert von 5,92 Mio. Euro eine Spur höher war, liegt in erster Linie daran, dass WFA 2020 einen Sonderertrag von allein netto rund 3 Mio. Euro im Zuge der Ausschüttung von Aktien der E-Commerce-Tochter ArtXX an die Anteilseigner von WFA verbuchen konnte.
2021 waren die sonstigen betrieblichen Erträge von in Summe 1,55 Mio. Euro – hierbei handelt es sich unter anderem um Gewinne aus Transaktionen mit der Artnet-Aktie – um fast 60 Prozent niedriger als 2020. Das wirkt sich dann auch unterm Strich in einem von 5,27 auf 4,25 Mio. Euro gesunkenen Überschuss aus. Nach Anteilen Dritter – und bereinigt um die jeweiligen eigenen Anteilscheine – fiel das Ergebnis je Aktie so von 0,91 auf 0,62 Euro zurück. Eine Größenordnung, mit der angesichts der bereits veröffentlichten AG-Abschlüsse der wichtigsten Töchter so in etwa auch zu rechnen war. Eine komplette Überraschung war demnach ohnehin nicht zu erwarten. Zumindest eine Erwähnung wert ist derweil aber die deutliche Erhöhung des Eigenkapitals um fast 48 Prozent auf 22,25 Mio. Euro.
Maßgeblich dazu beigetragen hat die Teilplatzierung von eigenen Aktien bei Investoren, die sich nicht in der Gewinn- und Verlustrechnung widerspiegelt, da sie direkt mit dem Eigenkapitalkonto verrechnet wurde. Nach Abzug der Anteile Dritter kommt WFA derzeit auf einen Buchwert je Aktie von 3,25 Euro. Verglichen mit dem mehrjährigen Durchschnitt ist das aktuelle Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) von 5,6 – trotz des deutlichen Kursrücksetzers seit Jahresbeginn – zwar noch immer relativ hoch. Allerdings haben sich die Ertragsperspektiven durch die geplanten Erweiterungen Richtung Online-Plattform für selbst aufgelegte Editionen sowie darüber hinaus Geschäftsmodelle rund um die Tokenisierung von Kunst spürbar verbessert. In der zweiten Jahreshälfte 2022 – vermutlich im Herbst – will WFA hier mit einem eigenen Produkt an den Markt gehen.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 8,21 | 7,64 | 7,40 | 10,43 | 13,06 | 8,53 | 5,92 | |
EBITDA1,2 | 1,70 | 1,66 | 2,26 | 6,01 | 5,13 | 1,20 | 0,73 | |
EBITDA-Marge3 | 20,71 | 21,73 | 30,54 | 57,62 | 39,28 | 14,07 | 12,33 | |
EBIT1,4 | 1,65 | 1,61 | 2,19 | 5,92 | 5,01 | 1,09 | 0,64 | |
EBIT-Marge5 | 20,10 | 21,07 | 29,60 | 56,76 | 38,36 | 12,78 | 10,81 | |
Jahresüberschuss1 | 1,06 | 1,07 | 1,75 | 5,27 | 4,25 | 0,60 | 0,01 | |
Netto-Marge6 | 12,91 | 14,01 | 23,65 | 50,53 | 32,54 | 7,03 | 0,17 | |
Cashflow1,7 | -0,27 | 0,02 | 1,60 | 0,53 | 0,44 | 1,94 | -2,88 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,20 | 0,19 | 0,32 | 0,91 | 0,62 | 0,11 | 0,00 | |
Dividende8 | 0,08 | 0,10 | 0,75 | 0,25 | 0,16 | 0,11 | 0,05 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Dr. Brandenburg |
Auch wenn der grundsätzliche Aufbau einer solchen Plattform aus Nutzer-Sicht möglichst einfach ausgestaltet sein soll: Wichtige Rahmenbedingungen – insbesondere in den Bereichen Gesetzgebung und Regulierung – sind schlichtweg noch nicht 100 Prozent wasserdicht. Gleiches gilt für die umsatzsteuerliche Behandlung von Token-Transaktionen. Hinzu kommt, dass sich im Zuge der deutlich veränderten ökonomischen und geopolitischen Rahmenbedingungen auch die Anforderungsprofile der Investoren verschoben haben. Insbesondere ein funktionierender Handel mit Token im Zweitmarkt hat an Bedeutung gewonnen. Und da stehen Anbieter ohne Market Maker-Expertise mit ihren bisherigen Lösungen meist ziemlich blank da. Das wiederum verbessert die Chancen von Weng Fine Art bzw. ArtXX, denn genau in diesem Bereich ist die eigene DNA verankert.
Schnell noch einmal zurück zum Geschäftsbericht der Monheimer: Einen expliziten Ausblick für 2022 sucht man auf den 17 Seiten vergebens. CEO Rüdiger K. Weng verspricht uns aber, dass auf der Hauptversammlung (HV) am 28. Juni 2022 hierzu Details folgen werden. Insgesamt sieht boersengefluester.de die Gesellschaft weiter auf Kurs. Eine wichtige Tugend beim Investieren ist aber eben auch Geduld, die Transformation eines Geschäftsmodells lässt sich eben nicht mal husch husch innerhalb von ein paar Monaten umsetzen. Mittlerweile ist der Börsenwert von WFA auf rund 100 Mio. Euro zurückgekommen, bewegt sich also an einer aus institutioneller Sicht wichtigen Schwelle, auch wenn sich das im Aktien-Chart so unmittelbar gar nicht ablesen lässt.
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