Never ever hätten wir nach dem Kurssturz vom März bis auf im Tief unter 25 Euro gedacht, dass die Notiz von Pierer Mobility im laufenden Jahr nochmals die Marke von 60 Euro erreicht und es damit sogar um gut 20 Prozent über den Stand vom Jahresbeginn 2020 schafft. Dabei lief 2020 für den Motorradhersteller mit den Marken KTM, Husqvarna und GasGas mindestens so hügelig wie eine Moto-Cross-Strecke. Gestartet waren die Österreicher mit einer geplanten Umsatzsteigerung zwischen acht und zehn Prozent sowie einer erhofften EBIT-Marge von sechs bis acht Prozent. In absoluten Zahlen wäre das auf Erlöse von rund 1660 Mio. Euro sowie ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern von ungefähr 115 Mio. Euro hinausgelaufen. Bezogen auf das EBIT wäre das deutlich weniger gewesen, als im Jahr zuvor. Das wiederum hat der Aktienstory des damals frisch in den Frankfurter General Standard übergesiedelten Unternehmens keinen Abbruch getan, da der Rückgang mit dem Aufbau des Elektro-Zweirad-Bereichs sowie der Integration der zugekauften spanischen Motorradmarke GasGas zusammenhängt.
Dann drehte allerdings erst einmal Corona den Hahn auf. Pierer Mobility musste die Werke schließen und Kurzarbeitergeld in Anspruch. Das wiederum verträgt sich nicht mit Dividendenzahlungen oder einem Aktienrückkaufprogramm, das genauso auf Eis gelegt wurde, wie kurz zuvor der ursprüngliche Ausblick für 2020. Ende Juli traute sich CEO Stefan Pierer dann zumindest wieder mit einer Umsatzprognose von Untergrenze 1.400 Mio. Euro nach draußen. Gut einen Monat später ergänzte Pierer diese Vorschau dann noch um eine neu formulierte EBIT-Guidance von vier bis sechs Prozent. Ende September der nächste Schritt in Form einer auf mindestens 1.450 Mio. Euro leicht nach oben korrigierten Erlöserwartung für 2020. In absoluten Zahlen hätte Pierer damit einen Korridor von 60 bis 90 Mio. Euro im Betriebsergebnis touchiert.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 1.533,00 | 1.559,57 | 1.520,14 | 1.530,38 | 2.041,73 | 2.437,20 | 2.661,21 | |
EBITDA1,2 | 218,94 | 252,49 | 240,79 | 233,53 | 332,20 | 381,10 | 323,53 | |
EBITDA-Marge3 | 14,28 | 16,19 | 15,84 | 15,26 | 16,27 | 15,64 | 12,16 | |
EBIT1,4 | 132,54 | 161,17 | 131,71 | 107,24 | 193,49 | 235,25 | 160,02 | |
EBIT-Marge5 | 8,65 | 10,33 | 8,66 | 7,01 | 9,48 | 9,65 | 6,01 | |
Jahresüberschuss1 | 83,90 | 114,19 | 95,71 | 69,46 | 142,87 | 170,62 | 76,41 | |
Netto-Marge6 | 5,47 | 7,32 | 6,30 | 4,54 | 7,00 | 7,00 | 2,87 | |
Cashflow1,7 | 161,28 | 85,46 | 257,38 | 312,82 | 367,36 | 280,34 | -110,85 | |
Ergebnis je Aktie8 | 1,98 | 2,99 | 2,42 | 1,56 | 3,34 | 5,03 | 2,37 | |
Dividende8 | 0,30 | 0,30 | 0,00 | 0,50 | 1,00 | 2,00 | 0,50 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: KPMG |
Nun das bislang jüngste Update, wonach die Gesellschaft mit Umsätzen von mindestens 1.500 Mio. Euro sowie einem EBIT von etwa 100 Mio. Euro rechnet. Was für eine Entwicklung. Aus Anlegersicht lassen sich daraus zwei Schlüsse für die Aktie ziehen: Die skeptische Variante wäre, dass der Aktienkurs im laufenden Jahr um mehr als 20 Prozent zugelegt hat, obwohl die Ziele für Umsatz und Ergebnis am Ende deutlich unter der ursprünglichen Messlatte für 2020 bleiben werden. Die freundlichere Auslegung ist, dass die Erleichterung über den dann doch wesentlich glimpflicher als gedachten vorläufigen Ausgang der Corona-Krise für Pierer Industries alles andere überschattet und die Aktie deswegen zusätzlich an Höhe gewonnen hat. Wer hätte schließlich gedacht, das Motorräder und ambitionierte Elektrobikes plötzlich so gefragt sind? Gut möglich natürlich, dass ein Teil davon Vorzieheffekte waren, die dann entsprechend 2021 als Neuanschaffungen wegfallen. Noch lässt sich das aber nicht hinreichend sicher sagen.
Die Analysten von EDISON Research rechnen jedenfalls für das kommende Jahr mit deutlichen Erlöszuwächsen auf mehr als 1,7 Mrd. Euro sowie einem kräftigen EBIT-Anstieg auf über 140 Mio. Euro. Gemessen daran scheint die Notiz sogar noch immer Sprungkraft nach oben zu haben. Boersengefluester.de findet den Titel jedenfalls mindestens haltenswert.
Foto: KTM