Muss man so anerkennen: Am erfolgreichsten sind momentan die Anleger, die sich nicht um klassische Bewertungskennzahlen scheren und statt dessen voll auf Trendaktien wie HelloFresh, TeamViewer, Zalando, Delivery Hero oder Shop Apotheke Europe setzen. Und wer das große Los gezogen hat, besitzt seit 2020 sogar Spezialwerte wie Naga Group, Endor oder Northern Data, deren Aktienkurse allesamt um weit mehr als 200 Prozent in die Höhe geschossen sind. Ob dieses heiße Spiel auch in den kommenden Monaten gut geht, ist offen. Aber das schert zurzeit kaum jemanden. Geradezu katastrophal ist anderseits die Performance von vielen Aktien, deren Kurse die reale Wirtschaftswelt aus Schlüsselbranchen wie dem Automotivesektor, dem Maschinenbau oder dem Einzelhandel widerspiegeln.
Ein Beispiel ist der Anteilschein von Softing, der allein im laufenden Jahr nochmals um gut ein Drittel an Wert eingebüßt hat. Keine Frage: Der Anbieter von Steuerungs- und Messtechniksystemen hat mit seinen Zahlen in den vergangenen Jahren überwiegend enttäuscht und musste zuletzt sogar seine Prognose für das laufende Jahr auf Eis legen, womit er allerdings in bester Gesellschaft ist. Zu unsicher sind zurzeit die Aussichten. „Selbst langjährig bekannte Großkunden haben Probleme, ihre Bedarfsverläufe zu bestimmen“, sagt CEO Wolfgang Trier in einem kürzlich auf finanzen.net erschienen Interview (HIER).
Die Entwicklung ist freilich insofern bitter, weil Softing in den jüngsten Quartalen endlich zurück auf den Wachstumspfad gefunden hatte. Und auch was die Zukunft angeht, malt Trier alles andere als schwarz: „Ich bin sicher: Was immer konjunkturell möglich sein wird, wird bei uns ankommen.“ Vor diesem Hintergrund lohnt es sich nach Auffassung von boersemgefluester.de eben doch, einen Blick auf die Aktie zu werfen. Auf dem aktuellen Niveau von 5,10 Euro bringt es die Gesellschaft auf einen Börsenwert von gerade einmal knapp 46,5 Mio. Euro, was einem stattlichen Abschlag von annähernd 33 Prozent auf das Eigenkapital entspricht. Unter Berücksichtigung der Netto-Finanzverbindlichkeiten ergibt sich für den Anbieter von Hard- und Software derweil ein Unternehmenswert von rund 60 Mio. Euro. Stellt man dem einen Zehn-Jahres-Durchschnittswert (2013 bis 2022) aus historischem und dem von den Analysten erwarteten künftigen EBITDA gegenüber, ergibt sich ein mittleres Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von 11,4 Mio. Euro.
Demnach würde Softing momentan gerade einmal mit dem 5,3fachen des langfristigen Mittels für das rein operative Ergebnis gehandelt. Eine alles andere als anspruchsvolle Bewertung mit entsprechend viel Luft Raum nach oben. Zudem lässt Vorstand Wolfgang Trier in dem Interview durchblicken, dass für die nächsten Monate kein zusätzlicher Kapitalbedarf erkennbar ist: „Wir sind krisensicher finanziert.“ Nun: Auf dem aktuellen Kursniveau, das etwa dem von 2012 entspricht, wäre eine Kapitalerhöhung ohnehin keine besonders schlaue Idee. Auch wenn der Chart zurzeit eine andere Trendsprache spricht: Per saldo haben wir mit Aktien wie Softing ein besseres Gefühl als mit den meisten zurzeit so gehypten Werten aus der zweiten und dritten Reihe.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 78,71 | 83,89 | 91,07 | 77,60 | 84,69 | 98,31 | 112,60 | |
EBITDA1,2 | 6,84 | 9,02 | 12,12 | 7,76 | 9,07 | 9,73 | 13,92 | |
EBITDA-Marge3 | 8,69 | 10,75 | 13,31 | 10,00 | 10,71 | 9,90 | 12,36 | |
EBIT1,4 | 2,35 | 4,08 | 4,30 | -3,93 | -0,48 | 0,76 | -2,72 | |
EBIT-Marge5 | 2,99 | 4,86 | 4,72 | -5,06 | -0,57 | 0,77 | -2,42 | |
Jahresüberschuss1 | 0,73 | 3,33 | 2,93 | -4,58 | -0,07 | -1,18 | -5,71 | |
Netto-Marge6 | 0,93 | 3,97 | 3,22 | -5,90 | -0,08 | -1,20 | -5,07 | |
Cashflow1,7 | 3,56 | 9,43 | 10,37 | 4,91 | 11,05 | 3,82 | 9,10 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,10 | 0,38 | 0,31 | -0,50 | 0,01 | -0,13 | -0,63 | |
Dividende8 | 0,13 | 0,13 | 0,04 | 0,04 | 0,10 | 0,10 | 0,13 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Rödl & Partner |