Um unnötige Doppler zu vermeiden: Die wesentlichen Eckdaten aus dem Geschäftsbericht der Beteiligungsgesellschaft Mutares hatte boersengefluester.de bereits Anfang April in kompakter Form kommentiert (HIER). Seit dem ist zwar noch nicht fürchterlich viel Zeit vergangen, angesichts der so ziemlich alle Wirtschaftsbereiche erfassenden Corona-Krise, haben wir jedoch gern die Gelegenheit für ein Update-Gespräch mit CIO Johannes Laumann genutzt. Den aktuellen Ausblick für 2020 stuft Laumann auf Konzernebene gerade einmal „als leicht bewölkt“ ein, was wir für eine unerwartet positive Einschätzung halten. Immerhin setzen die meisten Vorstände ihre Vorschauen zurzeit komplett aus oder berichten bereits über markante Rückgänge von Umsatz und Ergebnis. Beinahe folgerichtig, dass Laumann den stattlichen Dividendenvorschlag von 1,00 Euro je Aktie für 2019 nochmals bekräftigt. Bezogen auf den momentanen Aktienkurs von 10,50 Euro ergibt sich daraus eine Rendite von weit überdurchschnittlichen 9,5 Prozent. „Mir ist wichtig, dass wir nicht aus der Substanz ausschütten“, sagt Laumann. Die Hauptversammlung der in München ansässigen Gesellschaft findet am 18. Mai 2020 als virtuelle Veranstaltung statt.
Mit Blick auf die einzelnen Beteiligungen betont Laumann, dass Mutares bislang noch kein Unternehmen wegen der Corona-Belastungen finanziell stützen musste. Klar ist aber auch, dass insbesondere die im Automotivesegment tätigen Portfoliomitglieder STS Group und Kico Group zurzeit ein Tal der Tränen durchschreiten. Umso positiver überrascht sind wir, dass Mutares ausgerechnet in der jetzigen Phase einen Teil-Exit meldet und den polnischen Ableger des 2016 erworbenen Anlagenbauers Balcke-Dürr – in Warschau werden Spezialfilter für Kraftwerke hergestellt – an die Wallstein Gruppe aus Recklinghausen verkauft hat. Zum Preis äußern sich die Unternehmen nicht. Angesichts der wirtschaftlichen Rahmendaten – 2019 kam Balcke-Dürr Polska bei Erlösen von 30 Mio. Euro auf ein operatives Ergebnis von annähernd 2 Mio. Euro – dürfte Branchenkennern zufolge ein hoher einstelliger Millionen-Euro-Betrag aber eine realistische Größenordnung sein.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 899,70 | 865,10 | 1.015,90 | 1.583,90 | 2.504,00 | 3.751,70 | 4.689,10 | |
EBITDA1,2 | 67,10 | 49,10 | 79,20 | 142,70 | 566,50 | 181,50 | 756,90 | |
EBITDA-Marge3 | 7,46 | 5,68 | 7,80 | 9,01 | 22,62 | 4,84 | 16,14 | |
EBIT1,4 | 40,00 | 19,40 | 26,20 | 41,20 | 447,30 | -3,10 | 436,90 | |
EBIT-Marge5 | 4,45 | 2,24 | 2,58 | 2,60 | 17,86 | -0,08 | 9,32 | |
Jahresüberschuss1 | 43,90 | 12,00 | 16,70 | 19,70 | 442,40 | -21,00 | 367,10 | |
Netto-Marge6 | 4,88 | 1,39 | 1,64 | 1,24 | 17,67 | -0,56 | 7,83 | |
Cashflow1,7 | -29,10 | -11,10 | -10,70 | -43,00 | -103,50 | -20,80 | -27,50 | |
Ergebnis je Aktie8 | 2,85 | 0,96 | 1,37 | 1,78 | 26,83 | -0,32 | 18,41 | |
Dividende8 | 1,00 | 1,00 | 1,00 | 1,50 | 1,50 | 1,75 | 2,25 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Deloitte |
Eine Sonderkonjunktur dürfte derweil die 2016 von Sonoco erworbene Cenpa Group erleben. Das im Elsass ansässige Unternehmen (ehemals: Papierfabrik Schweighausen) stellt unter anderem Verpackungsmaterial für Hygieneartikel sowie die Papprollen im Inneren von Toilettenpapier her – zurzeit ein überaus gefragter Artikel. Die im Bereich Plastikboxen für den Einsatz im Haushalt tätige Keeeper Group hatte sich derweil zuletzt durch die Übernahme des deutschen Papierserviettengeschäfts der finnischen Metsä Tissue Corporation verstärkt. Inwiefern hier ein Extrageschäft lockt, bleibt abzuwarten.
Mit Blick auf weitere Akquisitionen dürfte Mutares zurzeit in Lauerstellung liegen und spätestes in der zweiten Jahreshälfte 2020 wieder Vollgas geben. Erklärtes Ziel von Laumann ist es, die durchschnittlichen Ticketgrößen deutlich zu erhöhen. Für Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe liegt der Sweetspot nach Aussagen von Laumann bei Umsätzen zwischen 100 und 200 Mio. Euro, für Handelsgesellschaften kann sich dieser Wert sogar auf bis zu 500 Mio. Euro türmen. Verabschiedet hat sich Mutares derweil von der Veröffentlichung des Substanzwerts (NAV) des Portfolios. Ganz überraschend kommt die Entscheidung nicht, schließlich hatte sich CIO Johannes Laumann bereits bei unserem Hintergrundgespräch im März (HIER) eher zurückhaltend zu dieser Kennzahl geäußert.
Nun: Nach überschlägigen Rechnungen soll der NAV per Ende 2019 zwischen 13 und 14 Euro je Aktie gelegen haben, was nicht weit entfernt von dem zum dritten Quartal 2019 ausgewiesenen NAV von 12,87 Euro ist. Für hartgesottene NAV-Fans hätte der im Freiverkehrssegment Scale gelistete Titel damit noch stattliches Kurspotenzial. Gleiches gilt für Anhänger von Aktien mit sehr hoher Dividendenrendite. Größtes Risiko bleiben derweil die kaum vorhersehbaren Auswirkungen der COVID-19-Ausbreitung. Immerhin fokussiert sich Mutares bei der Auswahl seiner Plattformunternehmen eher auf Restrukturierungsfälle. Und die haben in der Regel nicht sonderlich viel Muskelmasse.
Foto: Clipdealer