Am dritten Tag des Frankfurter Eigenkapitalforums geht es meist deutlich gemächlicher zu. Etliche Investoren, Analysten oder auch Unternehmen haben bereits ihre Heimreise angetreten. Andere Teilnehmer noch geschlaucht von den ersten beiden Konferenztagen – und natürlich auch den Abendveranstaltungen. Umso überraschter war boersengefluester.de, wie gut die Präsentation von Franz Ömer, CEO von bet-at-home.com, am Mittwoch im Raum Oslo gefüllt war. Dabei hat der Anbieter von Online-Sportwetten und Casino-Spielen überwiegend Themen auf der Agenda, die aus Investorensicht alles andere als prickelnd sind: Nachdem die Abschottung Polens für ausländische Betreiber – so schmerzhaft der Prozess war, da es sich um ein EU-Land handelt – mittlerweile verdaut ist, fällt seit Jahresmitte der Schweizer Markt (vermutlich dauerhaft) aufgrund einer Gesetzesänderung der Eidgenossen weg. Und zu allem Überfluss gab es dann noch eine höchst unschöne Entscheidung der österreichischen Finanzbehörden hinsichtlich der steuerlichen Konzernverrechnung der in Malta ansässigen Betriebstöchter von bet-at-home.com, die zu Steuernachzahlungen im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich führte und damit vermutlich auch spürbare Auswirkungen auf die in den vergangenen drei Jahren stets sehr üppige Dividendenpolitik der Linzer mit AG-Sitz in Düsseldorf hat.
Die weitere Konsequenz: Statt der früher üblichen Steuerquote von weniger als zehn Prozent, müssen sich die Investoren künftig auf einen Satz zwischen 15 und 20 Prozent einstellen. Der größte Spannungsfaktor derzeit ist jedoch die regulatorische Neuordnung des so wichtigen deutschen Markts für Sportwetten und Casinoprodukte. Ziel des neuen Glücksspielstaatsvertrags soll es sein, die bislang unregulierten Angebote in einen regulierten Markt zu lenken. Grob vereinfacht läuft der aktuelle Prozess so, dass sich die Sportwettenanbieter ab Jahresanfang 2020 um eine Sportwettenlizenz bewerben können, die dann allerdings erstmal nur eine Laufzeit bis zum 30. Juni 2021 hat. Danach soll der neue Glücksspielstaatsvertrag gültig sein, über dessen inhaltliche Ausgestaltung freilich noch längst keine politische Einigkeit besteht. Konkret prallen Verbraucherschutz (Suchtprävention) und fiskalische Wünsche (Steuereinnahmen) aufeinander. Rein aus Sicht von Unternehmen wie bet-at-home.com geht es um einen möglichst guten Kompromiss, der einerseits Rechtssicherheit und andererseits nicht zu drastische Einschränkungen etwa beim Thema Wetteinsatz unter einen Hut bringt.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 145,39 | 143,35 | 143,29 | 126,93 | 59,35 | 53,53 | 46,18 | |
EBITDA1,2 | 35,47 | 36,22 | 35,17 | 30,95 | 13,97 | 2,11 | 0,81 | |
EBITDA-Marge3 | 24,40 | 25,27 | 24,54 | 24,38 | 23,54 | 3,94 | 1,75 | |
EBIT1,4 | 34,13 | 34,95 | 33,24 | 28,92 | 11,67 | -0,11 | -0,84 | |
EBIT-Marge5 | 23,47 | 24,38 | 23,20 | 22,78 | 19,66 | -0,21 | -1,82 | |
Jahresüberschuss1 | 32,85 | 32,61 | 17,96 | 23,29 | -16,31 | 11,91 | -1,51 | |
Netto-Marge6 | 22,59 | 22,75 | 12,53 | 18,35 | -27,48 | 22,25 | -3,27 | |
Cashflow1,7 | 25,90 | 24,81 | 29,88 | 18,15 | 10,50 | -5,02 | 0,16 | |
Ergebnis je Aktie8 | 4,68 | 4,65 | 2,56 | 3,32 | -2,32 | 1,62 | -0,21 | |
Dividende8 | 7,50 | 6,50 | 2,00 | 2,50 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: PKF Fasselt Schlage |
Ein juristischer Drahtseilakt ist schon jetzt absehbar. bet-at-home.com-Vorstand Franz Ömer geht jedenfalls nicht davon aus, dass die Lizenzen vor Ende des zweiten oder dritten Quartals 2019 vergeben werden. Einschneidende Veränderungen sind gleichwohl schon jetzt absehbar, denn dem Vernehmen nach werden Unternehmen, die eine Lizenz bekommen, im Gegenzug ihre (im Grunde illegalen) Casino-Produkte zwischenzeitlich deaktivieren müssen. Entsprechend heftig wird derzeit darum gerangelt, wie diese Spiele die es ja nunmal gibt, im Glücksspielstaatsvertrag ab 2021 gehandhabt werden. Nun: Vermutlich werden Online-Roulette & Co. am Ende zwar freigegeben, aber eben unter sehr strengen Auflagen. Angesichts der vielen Konjunktive, fällt eine valide Einschätzung zur bet-at-home.com-Aktie zurzeit besonders schwer. Auf der Habenseite steht aber allemal, dass sich die Österreicher bislang sehr flexibel und anpassungsfähig auf geänderte Rahmenbedingungen gezeigt haben. Und auch auf dem Eigenkapitalforum hinterließ Franz Ömer für uns einen sehr positiven Eindruck. Mit dieser Einschätzung stehen wir übrigens nicht allein, wie wir aus zahlreichen Gesprächen mit anderen Konferenzteilnehmern entnehmen konnten. Haltenswert ist der Titel somit allemal, auch wenn die Aktie im kommenden Jahr vermutlich nicht mehr ganz oben auf den Hitlisten zur Dividendenrendite steht.