Während es zurzeit an Gewinnwarnungen nur so kracht an der Börse, schafft Varta ein kleines Kunststück: Pünktlich zur Vorlage des Halbjahresberichts setzt der Batteriehersteller seine Prognosen für 2019 bereits zum zweiten Mal herauf. Demnach rechnet der SDAX-Konzern nun mit einem um Sondereffekte aus Optionsprogrammen bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von 72 bis 76 Mio. Euro – bei Erlösen zwischen 320 und 330 Mio. Euro. Ins Jahr gestartet war Varta mit einer EBITDA-Vorschau von 61 bis 64 Mio. Euro, korrigierte diese Anfang Mai jedoch auf eine Spanne von 64 bis 67 Mio. Euro. „Als Innovations- und Marktführer profitieren wir enorm vom starken Markenwachstum und der hohen Nachfrage nach unseren Lithium-Ionen Batterien“, sagt CEO Herbert Schein.
Am Kapitalmarkt kommt die Story um neue Anwendungen wie kabellose Kopfhörer für Smartphones oder den boomenden Markt für Hörgerätebatterien super an – die Varta-Aktie ist mit einem Kursplus von in der Spitze 188 Prozent seit Jahresbeginn 2019 der absolute Überflieger aus dem SDAX. Selbst die im Juni zu 46,70 Euro durchgeführte Kapitalerhöhung mit einem Netto-Emissionserlös von knapp 103 Mio. Euro – mit dem Geld will Varta die Produktionskapazitäten für wiederaufladbare Lithium-Ionen Batteriezellen deutlich vergrößern – sorgte nur für einen kurzen Hänger an der Börse. Soweit klingt alles nach der perfekten Investmentstory. Fakt ist allerdings auch, dass die Marktkapitalisierung von Varta weit schneller gestiegen ist, als sich die fundamentalen Rahmendaten verbessert haben.
Mittlerweile türmt sich der Börsenwert des Unternehmens aus Ellwangen auf 2.781 Mio. Euro – verglichen mit 950 Mio. Euro zum Jahresbeginn 2019. Auf Basis des für das laufende Jahr von boersengefluester.de erwarteten Netto-Ergebnisses käme die Varta-Aktie damit auf ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von rund 68. Nun möchte bestimmt kein Investor 68 Jahre warten, um seinen Einstandskurs – bei als konstant unterstellten Gewinnen – zu sehen. Trotz der zurzeit bombastischen Ergebnisdynamik; realistischer wäre wohl ein KGV zwischen 20 und maximal 30. Zur Vereinfachung setzen wir das „faire“ KGV an dieser Stelle bei 25 an. Um diese Größenordnung zu erreichen, müsste Varta beim momentanen Kurs von knapp 69 Euro ein Ergebnis je Aktie von rund 2,75 Euro erzielen. Das heißt aber auch: Bezogen auf den für 2019 von uns erwarten Gewinn je Aktie von etwa 1,00 Euro, müsste Varta in den kommenden fünf Jahren (als überschaubaren Zeitraum) den Überschuss um jeweils über 22 Prozent steigern, um 2024 dann tatsächlich auf ein Ergebnis je Aktie von 2,75 Euro zu kommen. Dabei dürfte der Aktienkurs freilich noch nicht einmal steigen, um das 2024er-KGV von 25 zu zeigen.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 242,16 | 271,65 | 362,69 | 869,58 | 902,93 | 806,92 | 820,00 | |
EBITDA1,2 | 33,09 | 47,39 | 91,62 | 212,63 | 282,18 | 66,99 | 47,00 | |
EBITDA-Marge3 | 13,66 | 17,45 | 25,26 | 24,45 | 31,25 | 8,30 | 5,73 | |
EBIT1,4 | 23,64 | 36,87 | 70,77 | 146,01 | 186,51 | -188,01 | 0,00 | |
EBIT-Marge5 | 9,76 | 13,57 | 19,51 | 16,79 | 20,66 | -23,30 | 0,00 | |
Jahresüberschuss1 | 13,54 | 25,70 | 50,46 | 95,51 | 125,96 | -200,42 | 0,00 | |
Netto-Marge6 | 5,59 | 9,46 | 13,91 | 10,98 | 13,95 | -24,84 | 0,00 | |
Cashflow1,7 | 22,02 | 69,85 | 105,73 | 232,86 | 114,50 | 20,38 | 0,00 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,36 | 0,66 | 1,28 | 2,36 | 3,12 | -4,96 | -3,34 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 2,48 | 2,48 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: PricewaterhouseCoopers |
Unterstellt man zusätzlich, dass auch die Notiz bis Ende 2024 noch um jeweils 10 Prozent klettern würde, müsste der Batteriehersteller für 2024 bereits ein Ergebnis je Aktie von gut 4,40 ausweisen, um auf besagtes KGV von 25 zu kommen. Das wiederum würde ein durchschnittliches Gewinnwachstum von etwa 35 Prozent unterstellen: Ein gewaltiger Kraftakt, auch wenn die derzeitigen Wachstumsraten das scheinbar hergeben. Zum Halbjahr 2019 zog das bereinigte EBITDA von 23,11 auf 35,85 Mio. Euro an. Das Ergebnis je Aktie kletterte dabei um knapp 43 Prozent auf 0,50 Euro.
Allerdings wird es auch für Varta immer schwerer werden, das Tempo zu halten, dafür sorgt allein der Basiseffekt. Boersengefluester.de bleibt daher dabei: So lässig die Investmentstory von Varta ist, so üppig ist auch die Bewertung der Aktie. Wem bei den fundamentalen Kennzahlen eher schwindelig wird, sichert sich über ein Short-Investment ab. In Frage kommt etwa der Turbo-Short der DZ BANK mit der WKN DF4XA0 mit einem Hebel von 1,55 und einer Knock-out-Schwelle bei gut 112 Euro.
Foto: Varta AG