Eine einzige Katastrophe ist die Geschäftsentwicklung von ZhongDe Waste. Das Unternehmen baut Müllverbrennungsanlagen in China, aus denen Strom erzeugt werden soll, und beabsichtigt diese auch teilweise zu betreiben – wenn sie denn irgendwann einmal fertiggestellt werden. Seit vier Jahren produziert das Unternehmen hauptsächlich Verluste, weil sich mit Regelmäßigkeit die Projekte verzögern. Die Prognosen des Managements wurden in dieser Zeit nie auch nur annähernd eingehalten. Daher ist eine Umsatz- oder Gewinnschätzung für das laufende und das kommende Jahr seriös nicht möglich. Ein Papier nur für abgebrühte Zocker mit der Chance auf Totalverlust.
Wie soll man ein Unternehmen bewerten, bei dem die Bewirtungs- und Reisekosten die Forschungs-und Entwicklungsaufwendungen um ein Vielfaches übersteigen? Der Jahresabschluss von ZhongDe macht eindrucksvoll deutlich, warum die neue chinesische Regierung dem Spesenrittertum den Kampf angesagt hat. Auch sonst liegt bei ZhongDe fast alles im Argen. Seit vier Jahren schreibt das Unternehmen Verluste. Die haben sich inzwischen auf mehr als 30 Mio. Euro getürmt – bei einem Umsatz, der sich 2013 auf 12 Mio. Euro halbiert hat. Dass unterm Strich ein Minus von „nur“ 8,3 Mio. Euro übrig geblieben ist, verdanken die Pekinger einzig dem Verkauf ihres Tafelsilbers. Die Veräußerung einer Produktionsanlage brachte einen außerordentlichen Gewinn von 10,3 Mio. Euro. Ohne diesen Deal betrüge der Verlust 150 Prozent des Umsatzes.
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Wie prekär die Lage inzwischen geworden ist, zeigt die Veränderung der Bilanzierungsmethoden für fünf der insgesamt acht Anlagen, die sich fast alle in der Planung oder im Bau befinden. Während bis zum ersten Quartal 2013 die PoC-Methode (Percentage of Completion) für die nicht fertigen Anlagen gewählt wurde, muss nun nach der Zero-Profit-Methode abgerechnet werden. PoC bedeutet, dass die erbrachten Leistungen bei den Anlagen, die sich noch im Bau befinden plus einer Gewinnmarge als Umsatz verbucht werden – auch wenn diese Leistung vom Kunden noch nicht abgenommen wurde. In der Bilanz erhöhen sie die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen. Bei der Zero-Profit-Methode ist die Verbuchung ähnlich, nur dass der Gewinnaufschlag wegfällt. Bei ZhongDe wahrscheinlich die realistischere Methode. Ob allerdings die Wertansätze in der Bilanz langfristig Bestand haben, darf bezweifelt werden. 2013 mussten mal eben Berichtigungen im Volumen von 11,4 Mio. Euro durchgeführt werden.
Weil der Umsatz Jahr für Jahr deutlich zurückgeht, bleibt der Auftragsbestand natürlich auf einem atemberaubenden Niveau von 226 Mio. Euro, denn es wird ja nur sehr wenig abgearbeitet. Hierin sind auch 46 Mio. Euro in 2013 hereingeholte Verträge enthalten. Fraglich ist nur, wann diese endgültig – also nach allen zu erwartenden Abwertungen – umsatz- und ergebniswirksam werden. 2013 jedenfalls überstiegen schon die reinen Herstellungskosten die Umsätze – vor Verwaltungs- , Vertriebs- , Forschungs- und Zinsaufwendungen. Ganz zu schweigen von außerordentlichen Faktoren wie Wertberichtigungen. „Um die Bauprozesse effizienter zu gestalten und die Steuerung seiner aktuellen Projekte zu verbessern, plant ZhongDe eine neue Projekt-Controlling-Software sowie eine neue Abrechnungs- und Butgetierungssoftware einzuführen“, schreibt das Management in der jüngsten Pressemitteilung. Das ist offensichtlich dringend nötig, doch ob das reicht, darf bezweifelt werden.
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Ein echtes Asset scheinen die liquiden Mittel zu sein. Mit 100 Mio. Euro übersteigen sie die Marktkapitalisierung um das zweieinhalbfache. Das heißt ein Euro in der Kasse von ZhongDe in China ist dem deutschen Anleger rund 0,40 Euro wert. Ist das eine krasse Unterbewertung der Aktie oder eine schrillende Alarmglocke? Die Anleger tendieren derzeit eher zum Zweiten. Denn wie Eis in der Sonne schmilzt die Liquidität dahin. Woher der Vorstand die Zuversicht nimmt, im Geschäftsjahr 2014 „von einem raschen Umsatzwachstum sowie verbesserten operativen Ergebnissen“ auszugehen, bleibt sein Geheimnis. Nach drei Monaten des neuen Geschäftsjahrs jedenfalls ist der Umsatz weiter zurückgegangen und der Periodenverlust ist mit 2,3 Mio. Euro doppelt so hoch wie der Umsatz. Auf langfristige Wertsteigerung fokussierte Anleger sollten einen großen Bogen um ZhongDe Waste machen.
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