Einen Monat nach dem verpatzten Start an der Frankfurter Börse hat sich der mediale Rummel um die Zalando-Aktie längst aufgelöst. Seit etlichen Tagen hangelt sich die Notiz des Mode-Onlinehändlers auffällig dicht um die Marke von rund 18 Euro. Noch einmal zur Vergegenwärtigung: Der Emissionspreis lag bei 21,50 Euro – die Ausgabespanne erstreckte sich von 18,00 bis 22,50 Euro. Zum IPO betonten die Berliner, dass das Angebot „am obersten Ende der Preisspanne deutlich mehr als zehnfach überzeichnet“ war. Der Bruttoemissionserlös türmte sich auf gut 525 Mio. Euro. Doch so schnell wie Schuhe und Pullover von Zalando angeliefert werden, so fix kippte auch die Stimmung an der Börse. Und so ist es auch kaum eine Überraschung, dass die Mehrzuteilungsoption nicht gezogen wurde, wie Zalando nun mitteilte. Durch diesen Greenshoe hätten noch einmal 3.671.433 Aktien auf den Markt kommen können. Knapp 55 Prozent davon wären übrigens aus dem Besitz von Rocket Internet über den Weg eines Wertpapierdarlehens zur Verfügung gestellt worden. Hintergrund: Wesentliche Anteilseigner von Rocket Internet sind die Brüder Oliver, Marc und Alexander Samwer, die auch gut 16 Prozent an Zalando halten.
So bleibt es dabei: Auf Basis der Aktienzahl von 244.762.223 Stück kommen die Berliner auf eine Marktkapitalisierung von 4.577 Mio. Euro. Das entspricht etwa dem Börsenwert des im MDAX notierten Flughafenbetreibers Fraport. Kein Wunder, dass viele Finanzexperten ratlos mit dem Kopf schütteln. Immerhin gilt Zalando nicht gerade als Cashmaschine. Im vergangenen Jahr kam die Gesellschaft bei Erlösen von 1,76 Mrd. Euro auf einen Verlust von 116 Mio. Euro. Zum Halbjahr 2014 erreichten die Umsätze bereits 1,05 Mrd. Euro – bei einem Mini-Ergebnis von schlappen 0,2 Mio. Euro. Eigentlicher Knackpunkt ist aber die Frage, ob Zalando langfristig gegen Internetriesen wie Amazon bestehen kann. Zudem formieren sich im Netz etliche Modehändler à la Bonprix oder Breuninger. Größter Konkurrent von Zalando dürfte dabei das ursprünglich britische – und auch börsennotierte – Shoppingportal Asos (WKN: 912703) sein. Aber auch Modeketten wie H&M und Zara wetteifern um die Kunden. Hinzu kommen die mächtigen Sportartikelhersteller wie Nike, Adidas und Puma.
Das Wettbewerbsumfeld ist also extrem herausfordernd, und es ist keinesfalls sicher, dass Zalando auch langfristig auf der Gewinnerseite steht. Börsentechnisch wird Zalando hierzulande in einen Topf geworfen mit Firmen wie Delticom oder Zooplus: Einzelhandel, Subsektor Internethandel. Damit ist klar: Wenn der Arbeitskreis Aktienindizes am 3. Dezember 2014 das nächste Mal tagt, steht die Qualifizierung für den SDAX auf der Agenda. Vor dem IPO galt Zalando mitunter als potenzieller Kandidat für den TecDAX, dafür hätte die Gesellschaft aber dem Technologiesektor zugeschlüsselt werden müssen. Mitunter zeigt sich die Börse hier zwar kompromissbereit, wie zum Beispiel bei Osram Licht, doch letztlich sollte Zalando mit einem Platz im SDAX zufrieden sein. Eine Nominierung für den MDAX dürfte derzeit wohl noch nicht in Frage kommen, schließlich schaut die Börse bei ihren Berechnungen für die Marktkapitalisierung nur auf den Streubesitzanteil. Demnach fließen bei Zalando nur gut 20 Prozent der Aktien ein.
Ob Zalando mit dem Aufstieg in die Indexwelt aber auch kursmäßig ein neues Kapitel aufschlägt, ist ungewiss. Bislang agieren in dem Titel ohnehin ganz überwiegend institutionelle Investoren. Und diese Anlegergruppe wird ihr Engagement bei Zalando nicht in erster Linie an die Zugehörigkeit zu einem Börsenbarometer geknüpft haben. Letztlich muss Zalando gute Zahlen liefern und dann möglichst schnell in die üppige Bewertung hineinwachsen. Wie bei einem Kind, für das die Eltern Hosen und Pullover bewusst eine Nummer zu groß kaufen, damit sie länger getragen werden können. Für den 26. November hat die Gesellschaft die Veröffentlichung der Neun-Monats-Zahlen angekündigt. Das ist die erste Bewährungsprobe für die momentan eher platt gedrückte Zalando-Notiz. Anleger, die den Titel im Depot haben, werden derzeit wohl ohnehin an der Aktie festhalten und zumindest auf eine Rückkehr auf den Emissionskurs hoffen. Eine seriöse Beurteilung des fairen Werts ist derzeit fast unmöglich: Letztlich gibt es gute Gründe für einen Absturz auf 10 Euro und für eine Rally auf 25 Euro. Vieles hängt einfach von der Grundstimmung an der Börse ab.