Youniq ist ein Phänomen: Nahezu null Prozent Leerstandsquote und auch so gut wie keinen Ausfall bei den Mieteinnahmen – aber trotzdem eine der heißesten Immobilien-Aktien Deutschlands. Um immerhin 45 Prozent hat der Anteilschein des Projektentwicklers und Bewirtschafters von studentischen Wohnanlagen in den vergangenen sechs Monaten an Wert verloren. Zum Halbjahr schockte das in Frankfurt sitzende Unternehmen mit einem Verlust von fast 21,5 Mio. Euro. Fehlendes Neugeschäft und aus dem Ruder laufende Baukosten für die Studentenwohnungen waren die Hauptgründe für das dicke Minus. „Die Ergebnisse der Sachverständigen erreichten uns im Juli. Wir haben sie aber noch ins erste Halbjahr 2013 gebucht“, erklärte Vorstand Marcus Schmitz auf dem „Forum Financial & Real Estate“ in Frankfurt, das von SRC Research veranstaltet wurde. Etliche im Bau befindliche Objekte müssen komplett nachgerüstet werden. Die Mängelliste umfasste Punkte wie zum Beispiel unzureichend dimensionierte Telekomanschlüsse. Mittlerweile kommt Youniq nur noch auf einen Börsenwert von 33 Mio. Euro. Der aktuelle Kurs von 3,15 Euro liegt um 45 Prozent unter dem zum Halbjahr ausgewiesenen Net Asset Value (NAV) von 5,73 Euro pro Aktie.
Dabei galt Youniq lange Zeit als veritable Investmentstory – auch wenn der Small Cap die hochgesteckten Erwartungen nie erfüllen konnte. 2007 entschließt sich die damals noch als Alta Fides firmierende Gesellschaft, künftig verstärkt auf den Bereich studentisches Wohnen zu setzen. Zuvor lag der Schwerpunkt auf exklusiven, denkmalgeschützten Wohnimmobilien. Für eine breite Anlegerschicht kam die Aktie von Alta Fides damals aber ohnehin nicht in Betracht, denn noch Anfang 2009 betrug der Streubesitz lediglich 1,97 Prozent. Den Rest hielt der Schweizer Private Equity-Investor Corestate Capital. Mitte August 2009 wechselt Alta Fides den Namen und firmiert seitdem unter als Youniq AG. Parallel wurde der Firmensitz von Stuttgart nach Frankfurt am Main verlegt. Im Frühjahr 2011 erhöhte Youniq dann das Grundkapital um fast 50 Prozent und nahm dabei etwa 25 Mio. Euro ein. Da der Großaktionär nicht mitzog, erhöhte sich der Streubesitz auf gut ein Drittel. Im Juli 2011 schloss Youniq eine Kooperation mit der ebenfalls börsennotierten MPC Capital, um Immobilienfonds für Studentenwohnungen zu initiieren.
Doch es gab immer wieder Rückschläge: Insbesondere der Verkauf der Immobilienaltbestände zieht sich viel länger hin als ursprünglich gedacht. Daran änderte auch der Anfang 2012 eingeleitete Strategiewechsel, wonach die Frankfurter den schleppenden Einzelverkauf durch Blockverkäufe forcieren wollten, nicht viel. Ursprüngliches Ziel war, Ende 2012 den kompletten Altbestand verkauft zu haben. Per Anfang August 2013 verfügte Youniq hier noch über zwölf Objekte mit insgesamt 159 Einheiten zu einem Buchwert von rund 9,5 Mio. Euro. Das entspricht etwa 60.000 Euro pro Wohnung. Abwertungen, Gewährleistungen und Verkaufsnebenkosten drückten das Ergebnis hier zum Halbjahr 2013 auf fast 7,2 Mio. Euro in die Miesen. Zu allem Überfluss kamen auch noch ein personeller Aderlass hinzu. Seit Mitte April verantwortet der bisherige Finanzvorstand Schmitz allein die Geschäfte. Der bis dahin amtierende Vorstandschef Rainer Nonnengässer verlängerte seine Amtszeit nicht und verließ Youniq. Für Close Brothers Seydler ist die momentane Lösung mit Schmitz als Alleinvorstand keine sinnvolle Lösung. „Wir halten die Management-Kapazität für zu niedrig. Der jetzige Zustand sollte so schnell wie möglich verbessert werden“, finden die Analysten in ihrer neuesten Studie ungewöhnlich deutliche Worte.
Verteilt auf zwölf Hochschulstandorte – von Greifswald bis München – kommt Youniq derzeit auf insgesamt 3270 Studentenapartments. Knapp die Hälfte davon befindet sich noch im Bau. Von den bereits fertiggestellten Wohnungen sind etwa 42 Prozent dem Eigenbesitz zuzurechnen, die restlichen Objekte werden für Dritte bewirtschaftet. Trennen will sich Youniq von Studentenwohnanlagen, die nicht dem hohen „Youniq Standard“ entsprechen. Die hier zu erzielenden Erlöse dürften allerdings wenig erquicklich sein. Das im Juli an einen privaten Investor verkaufte Objekt in Göttingen etwa bekam Youniq nur für 3,6 Mio. Euro los. Das waren 800.000 Euro unter Buchwert. Vermutlich wird sich auch die zur Disposition stehende Immobilie in Berlin (Iranische Straße) nur mit Verlust verkaufen lassen. Ungemach droht auch aus der Karlsruher Immobilie, da hier die Tiefgarage offenbar nachgebessert werden muss.
Bis hierher klingt die Investmentstory von Youniq ähnlich gruselig wie die Zahlen aus dem Halbjahresbericht. Und Vorstandschef Schmitz gestand den Zuhörern auf der SRC-Konferenz in Frankfurt offen ein: „Ich will Ihnen die Illusion nehmen, dass es im Jahresverlauf besser wird.“ 2013 wird das Unternehmen also mit einem sehr deutlichen Verlust abschließen. „Augen zu und durch“, gibt Schmitz als Devise für das laufende Jahr aus. „Wir werden die Rückstellungen bilden, die gebildet werden müssen.“ Andererseits betont der früher als Finanzboss von IFM Immobilien tätige Schmitz die grundsätzlich positiven Aussichten im Stammgeschäft mit den Studentenwohnungen: „Wir sind in zahlreichen Verhandlungen für weitere Akquisitionen. Da ist viel Raum für weiteres Wachstum.“ Zudem schafft die Befreiung von den Altlasten Potenzial für die Zukunft. Für den Manager ist klar, dass das Bestandsgeschäft von Youniq noch zu klein ist. Gerade am Kapitalmarkt haben Firmen, die überwiegend als Entwickler tätig sind, einen schweren Stand. „Wir erwarten, dass noch mindestens sechs bis zwölf harte Monate auf Youniq zukommen“, sagen die Analysten von Close Brothers Seydler. Daher haben die Experten ihr Kursziel von 4,70 Euro auf 2,70 Euro gefaltet. Die Anlageempfehlung lautet dennoch „Halten“.
Nach dem derben Kursverfall seit Mitte März sollte die Youniq-Aktie das Schlimmste überstanden haben. Die unerfreulichen Nachrichten um die Baukostenüberschreitungen und verlustreiche Verkäufe von Altbeständen haben ihre volle Wirkung entfaltet. Zudem erfüllt auch die Kooperation mit MPC Capital längst nicht die ursprünglichen Erwartungen. Allerdings liegen die Fakten nun auf dem Tisch und sind somit bekannt. 2014 kann eigentlich nur besser werden. Allmählich gehört das Papier damit auf jeden Fall auf die Watchlist. Größter Wettbewerber von Youniq ist die – allerdings nicht börsennotierte – International Campus. Erst Anfang des Jahres hat sich eine Investorengruppe aus Dubai an dem Münchner Unternehmen beteiligt. Ganz verkehrt scheint der Markt für hochwertige Studentenwohnungen also nicht zu sein.