In einer stabilen Seitenlage befand sich der Aktienkurs von Wüstenrot & Württembergische (W&W) wahrlich lange genug – rund fünf Jahre hangelte sich die Notiz des Vorsorgekonzerns in einem Korridor zwischen 15 und 20 Euro hin und her. Jetzt kommt es drauf an: Erstmals seit Anfang 2011 sieht es nämlich so aus, als ob der Kurs die Marke von 20 Euro nach oben durchbrechen könnte. Jedenfalls hat der Titel so viel Aufwärtsschub wie ewig nicht mehr: Im November 2015 kostete das Papier noch 16 Euro. Rund 25 Prozent Kursgewinn innerhalb so kurzer Zeit – da ist normalerweise eine Konsolidierung fällig. Kann gut sein, dass so eine Korrekturphase demnächst einsetzen wird. Sonderlich ausgeprägt sollte die jedoch nicht ausfallen. Letztlich überwiegen die Argumente für weiter steigende Kurse nämlich ganz eindeutig: Auffällig ist dabei der zweitweise enorme Anstieg der Börsenumsätze in W&W-Aktien zum Jahresende. Denkbar ist zwar, dass die krasse Belebung des Handelsvolumens mit den im November angekündigten Aktienrückkaufprogramm zusammenhängt. Letztlich dürfte aber mehr dahinter stecken. Hintergrund: W&W hatte zuletzt angekündigt, rund 358.000 eigene Anteilscheine über die Börse zurückzukaufen, um sie dann später als Belegschaftsaktien an die Mitarbeiter auszugeben. Zum steigenden Interesse der Investoren beigetragen, hat definitiv der zum 1. Dezember 2015 umgesetzte Aufstieg in den streng regulierten Prime Standard.
Mit dem Segmentwechsel nimmt W&W eine formale Hürde für die Aufnahme in einen der Auswahlindizes der Deutschen Börse AG. Dieses Upgrade müssen Anleger in einem Kontext mit der deutlichen Ausweitung des Streubesitzes auf mittlerweile 20,27 Prozent sehen. In früheren Zeiten lag der Free Float – an ihm bemisst sich die Qualifikation für die Indexaufnahme – meist nur bei etwa acht Prozent. Beim gegenwärtigen Aktienkurs von 19,95 Euro kommt W&W auf eine gesamte Marktkapitalisierung von 1.870,31 Mio. Euro. Für die Indexhüter maßgeblich, sind aber nur die dem Streubesitz zurechenbaren 379,1 Mio. Euro. Zum Vergleich: Die jüngsten SDAX-Aufsteiger vom Dezember 2015 Hypoport (Free-Float-MarketCap: 150,3 Mio. Euro) und WCM (218,2 Mio. Euro) kommen hier zurzeit auf spürbar niedrigere Werte. Die Chancen stehen also ganz gut, dass die Stuttgarter womöglich schon bei der nächsten Indexüberprüfung am 3. März 2016 für den SDAX vorgeschlagen werden. Viel hängt einfach davon ab, wie sich die Handelsumsätze in den kommenden Wochen entwickeln werden. Rein fundamental lässt sich bei W&W auch ohne Verbiegungen sagen, dass der Titel analytisch günstig ist.
Im laufenden Jahr wird der Versicherungskonzern vermutlich zwischen 240 und 280 Mio. Euro verdienen. Das entspricht einem Ergebnis je Aktie in einer Bandbreite von rund 2,55 bis 3,00 Euro – bei einem Aktienkurs von 19,95 Euro. Selbst in der pessimistischeren Variante liegt das KGV (für 2015) damit bei weniger als acht. Das Eigenkapital je Aktie lag zum Ende des dritten Quartals 2015 bei stattlichen 38,86 Euro. Damit wird der Titel für gerade einmal etwas mehr als die Hälfte des Buchwerts gehandelt. Der Sektordurchschnitt in Deutschland liegt hier bei etwa 1,1. Gespannt sind die Börsianer auch auf den Dividendenvorschlag von W&W. Sollte zur Hauptversammlung am 9. Juni 2016 eine Anhebung der Ausschüttung von 0,50 auf 0,60 Euro vorgeschlagen werden, wären die Erwartungen der meisten Börsianer bestimmt gut erfüllt. Andererseits würde W&W bei der Rendite damit immer noch auf eine „drei“ vor dem Komma kommen. Titel wie Allianz, Münchener Rück, Talanx oder die Nürnberger Beteiligungs-AG kommen hier – nach Prognosen von boersengefluester.de auf Renditen nördlich von vier Prozent. Sollte W&W den Abstand zu dieser Gruppe schließen wollen, wäre also eine stärkere Erhöhung auf mindestens 80 Cent notwendig. Das scheint uns dann zwar doch etwas zu hoch gegriffen, aber die Spekulation ist längst eröffnet. Und losgelöst von der Dividende: Wenn sich der Aktienkurs von W&W weiter so gut entwickelt, sind 20 Cent mehr oder weniger Dividende ohnehin eine Randnotiz. Wir bleiben daher bei unserer Kaufen-Einschätzung für den Versicherungstitel.