Das wird nicht schön, was die Hauptversammlung von Wild Bunch am 20. September 2018 beschließen soll: Immerhin steht zur finanziellen Sanierung des traditionsreichen Filmverleihers und Produktionsunternehmens ein Aktienschnitt im Verhältnis 40:1 auf der Agenda. Am Ende des Prozesses werden die bislang mit offiziell 48,01 Prozent beteiligten Streubesitzaktionäre dann nur noch rund 4,10 Prozent an der ehemaligen Senator Entertainment, die sich 2015 mit der französischen Filmvertriebsfirma Wild Bunch zusammenschloss, halten. Noch dominantere Anteilseigner als bislang werden hingegen die Sapinda Holding und SWB Finance, die wiederum dem umtriebigen Finanzinvestor Lars Windhorst zuzurechnen sind. Dafür tauscht die Sapinda-Gruppe Finanzschulden in Höhe von 36,6 Mio. Euro gegen 18.298.680 neue Wild Bunch-Aktien – weitere 26,1 Mio. Euro bleiben als Finanzverbindlichkeiten in den Büchern von Sapinda. Zweite wichtige Gruppe ist eine Reihe von institutionellen Investoren (zu denen auch Sapinda zählt), die 2016 eine mit acht Prozent verzinste Wandelanleihe im Gesamtnennbetrag von am Ende 18 Mio. Euro gezeichnet haben. Sie wechseln ihre Fremdkapitalposition ebenfalls gegen Eigenkapital – also Aktien. Konkret sollen aus dieser Transaktion 3.600.000 neue Anteilscheine begeben werden.
Insgesamt stellt sich das Sanierungskonzept demnach folgendermaßen dar: Das gegenwärtig 81.763.015 Aktien umfassende Kapital mit einem theoretischen Nennwert von jeweils 1 Euro wird auf 2.044.075 Anteile zusammengelegt. Bilanziell wandert die Differenz in die Kapitalrücklage und dient zur Stärkung der Bilanz. In zwei weiteren Schritten werden dann insgesamt 21.898.680 neue Aktien an die Investoren ausgegeben, die dafür (zu einem wesentlichen Teil) auf ihre Finanzforderungen verzichten. Klassische Bilanzsanierung, wie es sie schon häufig gegeben hat. Zusätzlich wollen die Investoren Wild Bunch Untergrenze 30 Mio. Euro für den Erwerb neuer Filmrechte zur Verfügung stellen. Weitgehend auf der Strecke bleiben die Privatanleger. Sie haben bei solchen Maßnahmen – drastisch ausgedrückt – die Wahl zwischen Insolvenz und weitgehender Enteignung. Ihr Anteil schmilzt wie Eis in der Sonne. Lars Windhorst, als Vertreter der Investorenseite, hat naturgemäß eine etwas andere Sicht der Dinge: „Wir freuen uns, der Wild Bunch Gruppe mit dieser Eigenmittelzufuhr neben einer Umschuldung auch eine finanzielle Lösung anzubieten und ihre Bilanz deutlich zu stärken. Ein Independent-Filmchampion mit so viel Tradition wie Wild Bunch benötigt Stabilität und Unterstützung, um eine neue Phase profitablen Wachstums einzuleiten“, lautet sein offizielles Fazit der Rettungsaktion.
Noch keine verbindlichen Aussagen finden sich in den diversen Mitteilungen zu dem Rettungspaket, ob Wild Bunch nachhaltig an der Börse bleibt oder eventuell ein Delisting beziehungsweise Squeeze-out droht. Notiert ist die Gesellschaft zurzeit im General Standard. Eine Pflichtofferte wird es – wegen des Sanierungscharakters – jedenfalls nicht geben, auch wenn sich die Eigentümerverhältnisse signifikant verschieben werden. Letztlich ist eine Beurteilung der wirtschaftlichen Perspektiven ohnehin Stochern im Nebel, zumal der Geschäftsbericht 2017 noch immer nicht vorliegt und auch die vorangegangenen Abschlüsse eher erratisch veröffentlicht wurden. Angepeilter Termin für die Veröffentlichung des Zahlenwerks für 2017 ist nun der 6. August 2018. Nicht blenden lassen sollten sich Anleger insbesondere von dem niedrigen Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV). Wer schon länger investiert ist, wird angesichts der verheerenden Kursentwicklung wohl seinen Erinnerungsposten im Depot belassen.
Ansonsten lautet unsere Einschätzung: Beobachten. Möglicherweise stürzen sich auch einige Zocker auf Wild Bunch. Investmentqualität hat der Micro Cap mit einem Börsenwert von zurzeit gerade einmal 8 Mio. Euro. zurzeit freilich nicht. Dennoch schaut sich boersengefluester.de die weitere Entwicklung an und gibt gegebenenfalls ein Update. Schon allein, weil wir Senator Entertainment (bekannte Filme sind “Bang Boom Bang sowie “Ziemlich beste Freunde“) auch beim Börsengang Anfang 1999 – damals für BÖRSE ONLINE – redaktionell begleitet haben.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 101,42 | 81,28 | 77,73 | 53,17 | 66,62 | 0,00 | 0,00 | |
EBITDA1,2 | 47,27 | 27,87 | 19,49 | 13,41 | 26,15 | 0,00 | 0,00 | |
EBITDA-Marge3 | 46,61 | 34,29 | 25,07 | 25,22 | 39,25 | 0,00 | 0,00 | |
EBIT1,4 | 0,73 | -6,50 | -5,80 | -69,61 | -8,63 | 0,00 | 0,00 | |
EBIT-Marge5 | 0,72 | -8,00 | -7,46 | -130,92 | -12,95 | 0,00 | 0,00 | |
Jahresüberschuss1 | -6,68 | -13,27 | -11,98 | -76,34 | -15,64 | 0,00 | 0,00 | |
Netto-Marge6 | -6,59 | -16,33 | -15,41 | -143,58 | -23,48 | 0,00 | 0,00 | |
Cashflow1,7 | 26,42 | 5,51 | 13,84 | 20,17 | 13,12 | 0,00 | 0,00 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,02 | -0,55 | -0,66 | -3,19 | -0,65 | -0,75 | -0,28 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Forvis Mazars |
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