Verglichen mit dem extrem volatilen Kursverlauf der Artnet-Aktie, hat sich die Notiz des Kunsthandelshauses Weng Fine Art in den vergangenen Monaten erfreulich unaufgeregt Richtung Norden entwickelt. Ein gutes Signal war dabei die Ankündigung von Vorstandschef und Großaktionär Rüdiger K. Weng, für das Geschäftsjahr 2014/15 (31. Januar) auf seinen Dividendenanspruch zu verzichten – den Streubesitzaktionären aber eine unveränderte Ausschüttung von 0,11 Euro pro Anteilschein in Aussicht zu stellen. Die Hauptversammlung (HV) findet am 21. September 2015 in Düsseldorf statt. Keine Frage: Mit einer Dividendenrendite von 1,09 Prozent – bezogen auf den aktuellen Kurs von 10,05 Euro – ist der Small Cap alles andere als ein Renditehit. Aber den Bleistift sollten Anleger dennoch spitzen. Da von den insgesamt 2,75 Millionen Anteilscheinen in diesem Fall nur 690.000 Stück dividendenberechtigt sind, ergibt sich eine Ausschüttungssumme von 75.900 Euro. Demnach beträgt der rechnerische Dividendenabschlag nach der HV nur 0,0276 Euro pro Aktie – bei einer Gutschrift von 0,11 Euro pro Aktie. Zumindest auf dem Papier lässt sich so, Steuern einmal ausgeklammert, ein knappes Prozent einfahren. Allerdings ist die Aktie von Weng Fine Art nicht sonderlich liquide, so dass die tatsächliche Kursentwicklung nach der HV davon deutlich abweichen kann. Der Streubesitz beträgt nur ein gutes Viertel.
Vorgelegt hat Weng Fine Art zuletzt auch den Konzernabschluss für 2014/15 – erwartungsgemäß mit deutlich rückläufigen Zahlen. Grund sind die Aufwendungen im Zuge der Transformation zu einem breit aufgestellten Kunsthandelsunternehmen sowie negative Währungseinflüsse durch Kurssicherungsgeschäfte. Bei einem Rückgang der Erlöse von 8,28 auf 5,51 Mio. Euro knickte der Gewinn vor Steuern um fast 90 Prozent auf rund 125.500 Euro ein. Unterm Strich blieb ein Miniüberschuss von gut 67.000 Euro stehen. Die Eigenkapitalquote schmolz von 52 auf knapp 40 Prozent. Der Buchwert je Aktie beträgt zum 31. Januar 2015 rund 3,05 Euro. Demnach wird der Anteilschein mit dem Faktor drei auf den Buchwert gehandelt. Ein Vergleich mit Artnet (eine aktuelle Studie von Edison Research zu Artnet können Leser von boersengefluester.de HIER kostenlos herunterladen) ist hier nicht sinnvoll, da die Berliner zum Halbjahr erst ein ganz leicht positives Eigenkapital ausweisen. Mehr oder weniger abgeschrieben hat Weng Fine Art derweil das anorganische Wachstum. „Mit einer gewissen Ernüchterung muss festgestellt werden, dass Unternehmen im Kunstmarkt in vielen Fällen unterentwickelte kaufmännische Strukturen haben und oft nicht nach heutigen ökonomischen Prinzipien geführt werden. Weiterhin ist deren Transparenz völlig ungenügend. Dies gestaltet die Partnersuche sehr schwierig, bringt der Weng Fine Art AG andererseits aber auch erhebliche Wettbewerbsvorteile”, heißt es im aktuellen Lagebericht. Die Beteiligung an Artnet umfasst letzten Angaben zufolge gerade einmal noch 150.000 Aktien – ist also zu vernachlässigen.
Folgerichtig konzentrieren sich die Krefelder derzeit auf die Expansion aus eigener Kraft – insbesondere über den Aufbau der WFA Online AG. So ist die Tochtergesellschaft aus der Schweiz vor wenigen Monaten mit der Handelsplattform „Weng Contemporary” an den Start gegangen und bietet dort im B2B-Bereich zeitgenössische Kunst an. Interessant sind in diesem Zusammenhang die Ausführungen von Weng zur aktuellen Entwicklung auf dem Online-Kunstmarkt, der nach „sehr langer Anlaufzeit zunehmend an Bedeutung gewinnt”. „Die E-Commerce-Seiten der ersten Generation (Artnet, Artprice, FirstDibs etc.), die das letzte Jahrzehnt überlebt haben, stabilisieren sich. Dazu kommt eine Vielzahl neuer Projekte (Auctionata, Artsy, Paddle8, Artspace, etc.), die teilweise Venture Capital in erstaunlicher Höhe akquirieren konnten. Wir vermuten, dass aus diesem Kreis die ‚Champions der Zukunft’ entstehen werden”, heißt es offiziell. Weitere Details dazu dürfte die Muttergesellschaft auf der Hauptversammlung in Düsseldorf präsentieren. Immerhin hat die AG – hier sind die Schweizer Töchter nicht enthalten – zum Halbjahr einen deutlichen Ertragsswing hingelegt und weist einen Gewinn vor Steuern von 650.00 Euro aus. „Eigentlich waren wir davon ausgegangen, dass Erlöse und Erträge erst 2016 wieder kräftig steigen”, sagt Weng. Auf konkrete Zielgrößen will sich der Liebhaber historischer Wertpapiere aber noch nicht festlegen.
Bewertungstechnisch kommt die Aktie von Weng Fine Art auf den ersten Blick ambitioniert daher. Die Marktkapitalisierung beträgt 27,6 Mio. Euro – bei Netto-Finanzschulden von knapp 8 Mio. Euro. Um das zu rechtfertigen, müssen die Krefelder in neue Ertragsdimensionen vorstoßen. Das durchschnittliche EBIT (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) von 1,35 Mio. Euro aus den vergangenen fünf Jahren reicht da nicht aus. Immerhin: Der Ausblick macht Mut. Risikobereite Anleger können mit kleiner Positionsgröße darauf wetten, dass der Anteilschein noch weiteres Potenzial freisetzt. Zumindest mit Blick auf den momentanen Newsflow stehen die Chancen dafür gut.