Herr Kolbinger, vergleichsweise lang war von wallstreet:online (w:o) nichts zu hören am Kapitalmarkt. Das hat sich nun geändert. Mit welcher Botschaft richten Sie sich an die Investoren und was war der Grund für die vorherige Abstinenz?
Wir haben uns nach meiner Rückkehr in den w:o-Vorstand im Januar 2014 zunächst auf das erforderliche Mindestmaß in der Kapitalmarktkommunikation beschränkt. Es ist klar, dass dieses Informationslevel auf Dauer für unsere Anleger und auch potenzielle Investoren zu gering ist. Wir bekennen uns ganz klar zum Kapitalmarkt und werden unsere Berichterstattung in Zukunft ausbauen.
Was sind die wichtigsten Hebel für die Umsetzung Ihrer operativen Ziele?
Ich möchte an dieser Stelle vor allem auf zwei „wichtige Hebel” eingehen: Zunächst werden wir umfangreicher in unser Produkt wallstreet-online.de investieren und mit der erhöhten Entwicklungsgeschwindigkeit Marktanteile zurückerobern. Ein weiterer wichtiger Baustein unserer Wachstumsstrategie ist der Ausbau der redaktionellen Kapazitäten– noch in diesem Jahr. Das versetzt uns in die Lage, deutlich mehr unique Inhalte zu produzieren. Die Leser suchen qualitativ hochwertige Informationen. Genau diesen Informationsmehrwert möchten wir steigern.
Wo sehen Sie w:o derzeit im Wettbewerbsumfeld, und welche Position streben Sie an?
Wir gehören mit monatlich ca. 790.000 Lesern zu den Top 3 unter den Finanzportalen in Deutschland. Unser Ansporn ist es, den aktuellen Abstand zu finanzen.net spürbar zu verringern. Mit den diesjährigen Investitionen in unsere Redaktion und wallstreet-online.de legen wir dafür einen soliden Grundstein. Die Halbjahreszahlen 2015 bestätigen, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden: Umsatz- und Ergebnis konnten wir deutlich steigern.
Welche Rolle spielen neue Geschäftsmodelle wie sie etwa wikifolio oder ayondo im Social-Trading-Bereich anbieten für ein Unternehmen wie w:o: Konkurrenz oder eröffnen sich dadurch auch für Sie neue Chancen?
Wir sehen diese Anbieter nicht als Konkurrenz. Vielmehr profitieren wir von ihnen, da sie wallstreet-online.de in immer höherem Maße als Werbeplattform nutzen. Durch Unternehmen wie wikifolio oder ayondo hat sich für uns sozusagen eine neue Kundengruppe etabliert.
Zur Hauptversammlung am 18. August steht eine Kapitalherabsetzung im Verhältnis 3:1 auf der Agenda. Außerdem wollen Sie ein neues Genehmigtes Kapital schaffen. Welche Pläne haben Sie konkret?
Wir wollen damit in erster Linie die Kapitalmarktfähigkeit der Gesellschaft wieder herstellen, auch wenn wir keine direkten Kapitalmaßnahmen in Planung haben. In Zukunft stehen uns damit alle Optionen offen und wir können flexibler agieren, wenn sich für uns interessante Möglichkeiten ergeben.
Welche Umsatz- und Ergebnisziele haben Sie sich für die kommenden zwei Jahre gesetzt?
Unter der Annahme, dass das Marktsentiment zumindest unverändert bleibt, kalkulieren wir für 2016 mit einem Umsatzwachstum auf 2,87 Mio. Euro. Unter dem Strich erwarten wir dann ein deutlich positives Ergebnis von 317.000 Euro. 2017 rechnen wir mit einem weiteren Umsatzschub auf 3,20 Mio. Euro und einem Gewinn von 592.000. Sollten sich deutsche Anleger wieder stärker für die Börse interessieren, wären natürlich auch noch bessere Ergebnisse realistisch.
Wo liegt der Ihrer Meinung nach faire Wert für die w:o-Aktie?
Über den fairen Wert der w:o-Aktie möchte ich an dieser Stelle nicht resümieren. Ich, als CEO der wallstreet:online AG, bin jedoch zuversichtlich, dass wir durch kluge Investitionen, profitables Wachstum und den bereits erwähnten Ausbau der Kapitalmarktkommunikation den aktuellen Kurs der w:o-Aktie von ca. 0,80 Euro nachhaltig steigern können.
Sie halten derzeit 72,5 Prozent der w:o-Aktien. Der Streubesitz beträgt gerade einmal 27,5 Prozent. Wird sich an diesen Relationen in absehbarer Zeit etwas ändern?
Aussagen im Hinblick auf Ihre Frage würden derzeit lediglich spekulativen Charakter haben. Ich bitte Sie von daher um Verständnis, dass ich zu diesem Thema derzeit keine Angaben machen kann. Sollten sich in diesem Punkt Veränderungen abzeichnen, werden wir unseren Informationspflichten selbstverständlich nachkommen und unsere Anleger rechtzeitig informieren.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 5,19 | 7,78 | 8,55 | 28,21 | 48,20 | 52,79 | 46,54 | |
EBITDA1,2 | 2,03 | 3,71 | 3,70 | 4,52 | 3,56 | 8,77 | 1,35 | |
EBITDA-Marge3 | 39,11 | 47,69 | 43,27 | 16,02 | 7,39 | 16,61 | 2,90 | |
EBIT1,4 | 1,89 | 3,64 | 3,69 | 2,03 | 0,35 | -8,41 | -5,22 | |
EBIT-Marge5 | 36,42 | 46,79 | 43,16 | 7,20 | 0,73 | -15,93 | -11,22 | |
Jahresüberschuss1 | 1,78 | 3,23 | 1,90 | 3,55 | -0,54 | -10,07 | -5,92 | |
Netto-Marge6 | 34,30 | 41,52 | 22,22 | 12,58 | -1,12 | -19,08 | -12,72 | |
Cashflow1,7 | 1,92 | 3,30 | 1,91 | 1,18 | 13,93 | 5,04 | 0,19 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,14 | 0,24 | 0,13 | 0,25 | -0,04 | -0,64 | -0,38 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Dohm Schmidt Janka |
André Kolbinger ist Gründer und Mehrheitsgesellschafter von wallstreet:online. Börsennotiert ist das Finanzportal seit Februar 2006. Im Mai 2007 übernahm der Axel Springer Finanzen Verlag dann die Aktienmehrheit an der wallstreet:online AG. Drei Jahre später erwarb Kolbinger 75 Prozent der w:o-Anteile von Springer zurück. Zum Jahresanfang 2014 wurde Kolbinger vom Aufsichtsrat zurück wieder in den Vorstand gewählt. Die Berufung erfolgte für fünf Jahre.