Mit einem kleinen Kursfeuerwerk von mehr als vier Prozent reagierte die Börse am 20. März auf die Veröffentlichung des Geschäftsberichts 2017 und die neue Unternehmensstrategie von Wacker Neuson. Doch die Euphorie währte nicht lange. Kein Wunder, denn zum einen ist die Aktie des Herstellers von Bau- und Kompaktmaschinen – von Erdstampfer über Baustellenbeleuchtung bis zum kleinen Radlader – schon recht teuer und zum anderen ist die „Strategie 2022“ nun wirklich nicht der große Wurf. Der neue Vorstandschef Martin Lehner musste es in der Pressekonferenz ablesen: „Alles was wir tun, dreht sich um den Kunden.“ Um wen sonst? Liegt das daran, dass er diese Trivialität für eine Zumutung für die vier Journalisten hielt, die ins DVFA-Center im Frankfurter Bahnhofsviertel gekommen waren – oder ist das für ihn so neu, dass er es noch nicht verinnerlicht hat? Die drei Vorstände, Martin Lehner, Vorstandsvorsitzender, Wilfried Trepels, Finanzen, und Alexander Greschner Vertrieb, reisten aus München an den Main um hier der Finanzpresse, den Analysten und Investoren die Jahreszahlen 2017 zu erläutern und die neue Konzernstrategie vorzustellen.
Die dankbarste Aufgabe hatte Trepels mit der Erklärung der Geschäftszahlen: Immerhin legte Wacker 2017 beim Umsatz um 13 Prozent auf 1,54 Mrd. Euro zu. Das EBIT (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) verbesserte sich um satte 48 Prozent auf 131,4 Mio. Euro und der Gewinn je Aktie erreichte mit 1,25 Euro gut die Hälfte mehr als im Vorjahr. Besonders in den Kernmärkten, Europa und Nordamerika ist Wacker kräftig gewachsen. Auch mit Maschinen für die Landwirtschaft ging es nach schweren Jahren endlich wieder aufwärts. Um 17 Prozent legte hier der Umsatz auf 216 Mio. Euro zu. Mitte 2017 ist die Kooperation mit dem Landmaschinenkonzern Claas durch eine Vertriebspartnerschaft mit John Deere abgelöst worden. Nun verkauft Wacker über das internationale Händlernetz von John Deere Fahrzeuge der eigenen Marke. Trepels betont, dass die Zusammenarbeit sehr gut angelaufen sei und die Umsätze mit Claas durch die Verkäufe über das John-Deere-Netzwerk „mehr als kompensiert“ wurden. „John Deere ist global die bekanntere Marke“, sagt Trepels.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 1.539,90 | 1.701,00 | 1.901,10 | 1.615,50 | 1.866,20 | 2.252,40 | 2.654,90 | |
EBITDA1,2 | 207,20 | 239,40 | 257,40 | 204,60 | 313,50 | 322,00 | 415,90 | |
EBITDA-Marge3 | 13,46 | 14,07 | 13,54 | 12,66 | 16,80 | 14,30 | 15,67 | |
EBIT1,4 | 131,40 | 162,30 | 153,10 | 75,50 | 193,00 | 201,80 | 273,20 | |
EBIT-Marge5 | 8,53 | 9,54 | 8,05 | 4,67 | 10,34 | 8,96 | 10,29 | |
Jahresüberschuss1 | 87,50 | 144,60 | 88,50 | 14,10 | 137,90 | 142,60 | 185,90 | |
Netto-Marge6 | 5,68 | 8,50 | 4,66 | 0,87 | 7,39 | 6,33 | 7,00 | |
Cashflow1,7 | 138,00 | -15,50 | -20,90 | 405,00 | 331,70 | -6,40 | 113,20 | |
Ergebnis je Aktie8 | 1,25 | 2,06 | 1,26 | 0,20 | 1,99 | 2,10 | 2,73 | |
Dividende8 | 0,60 | 1,10 | 0,00 | 0,60 | 0,90 | 1,00 | 1,15 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Forvis Mazars |
In den USA erwartet er weitere Impulse durch die Verlagerung der Produktion von Kompaktladern aus einem Österreichischen Werk nach Wisconsin. In der Region Asien-Pazifik hingegen mussten Einbußen von fünf Prozent hingenommen werden. Die unbefriedigende Situation in China ist Wacker Neuson mit einem eigenen Werk für Mini Bagger in der Nähe von Schanghai begegnet. Seit Anfang des Jahres werden hier die ersten Maschinen ausgeliefert. Ebenso ist die Fertigung von Kleingeräten aus den Philippinen nach China umgezogen. Die Restrukturierungskosten für die Maßnahmen in den USA und China haben im vergangenen Jahr das Ergebnis belastet, sollen künftig jedoch die Profitabilität verbessern. Zwar erwartet er für 2018 keine zusätzlichen Restrukturierungskosten, positive Gewinnbeiträge liefern die neuen Werke aber voraussichtlich erst im kommenden Jahr. Trepels bringt es auf den Punkt: „Wir gehen jetzt die Themen an, die in den letzten Jahren stückweit vernachlässigt wurden.“
Lehner bringt die Prognose in Zahlen: In diesem Jahr soll der Umsatz um acht bis elf Prozent auf 1,65 bis 1,70 Mrd. Euro wachsen und die EBIT-Marge von 8,6 auf neun bis zehn Prozent zulegen. Bis 2022 will Wacker Neuson die 2-Milliarden-Umsatzmarke knacken und eine operative Rendite von mindestens elf Prozent erwirtschaften. Dabei soll das Unternehmen doppelt so schnell zulegen wie der Markt. Das klingt gut, ist aber bei näherer Betrachtung nicht sehr ambitioniert. 2 Mrd. Euro Umsatz in 2022 bedeuten ein jährliches Wachstum von rund sechs Prozent. Nach Angaben von Lehner ist der globale Markt für Bauequipment aber schon 2017 um 15 Prozent vorangekommen.
Wacker Neuson ist ein im Baugeschäft gut etabliertes Unternehmen mit soliden Produkten und einer hohen Innovationskraft. Derzeit ist das Markt- und Konjunkturumfeld sehr positiv. Doch mit dem Management hapert es. Kaum ein Jahr, in dem nicht ein oder mehrere Vorstände ausgetauscht wurden. Greschner zum Beispiel ist bereits der vierte Vertriebsvorstand seit dem Börsengang 2007. In der aktuellen Besetzung arbeitet der Vorstand erst seit dem 1. September 2017 zusammen. Ob das Team auf Marktschwächen und andere Probleme adäquat reagieren kann, bleibt abzuwarten. Die Börse hat Wacker Neuson Vorschusslorbeeren gegeben. Überdurchschnittliches Kurspotenzial dürfte die SDAX-Aktie nun nicht mehr haben. So kommt denn Hans-Joachim Heimbürger vom Analysehaus Kepler Cheuvreux in seiner jüngsten Studie zur Einschätzung “Hold”. Sein Kursziel liegt bei 27 Euro.
Foto: Wacker Neuson SE
Über den Autor: Stefan Otto ist in profunder Kenner der heimischen Small-Cap-Szene. Er gehörte zu den Gründungsredakteuren von BÖRSE ONLINE und hat seit dem in verschiedenen Unternehmen – teilweise auf Vorstandsebene – gearbeitet. Für boersengefluester.de schreibt Stefan Otto, wie könnte es anders sein, über aussichtsreiche deutsche Spezialwerte.