Gutes Timing für VST Building Technologies. Nachdem die Platzierung der Anleihe von Helma Eigenheimbau vorzeitig beendet wurde, steht der Bauzulieferer VST plötzlich als einziges Unternehmen im Emissionskalender für Mittelstandsanleihen. So frisch nach der Sommerpause, lenkt das die Aufmerksamkeit der Investoren auf den Bond der Österreicher. Vom 18. bis 30. September will VST bis zu 15 Mio. Euro einsammeln und bietet dafür einen Kupon von 8,5 Prozent. Zurückgezahlt werden soll der Einsatz im Oktober 2019. Gestückelt ist der Bond (ISIN: DE000A1HPZD0) in die üblichen 1000-Euro-Schritte. Das Creditreform-Rating beträgt „B“ – was angesichts der Verzinsung noch in Ordnung ist, aber auch kein wirklicher Hingucker. Vom Analysehaus SRC Research bekommt VST vier von fünf Sternen (Rendite-Risiko-Rating). Soweit keine Auffälligkeiten – scheinbar eine ganz normale Mittelstandsanleihe.
„Wir wollen die Anleihe platzieren, um unseren Wachstumskurs zu forcieren“, sagt Vorstandschef Siegfried Gassner im Gespräch mit boersengefluester.de. VST hat eine Verbundschalungstechnik entwickelt, mit der sich Gebäude effizienter bauen lassen. Gassner vergleicht sein Produkt mit einem „Maßanzug“ für Bauherrn. So werden die Verschalungen für die einzelnen Wand- und Deckenelemente in den Fabrikhallen von VST vorgefertigt und kommen passgenau auf der Baustelle an, wo sie durch die Betonierung dann die nötige Stabilität erhalten. Mit dem System verbindet das 2002 gegründete Unternehmen die Vorteile des Stahlbetonbaus mit den Annehmlichkeiten der Holzbauweise. Eingesetzt wird das Verfahren im Wohnungsbau, wobei sich VST eine Expertise im Bereich Senioren- und Pflegeeinrichtungen aufgebaut hat. Aber auch ganz normale Wohnkomplexe oder Hotels werden mit der VST-Technik errichtet.
Die beiden wichtigsten Märkte sind zurzeit Deutschland, Schweden und – mit gewissem Abstand – Weißrussland. Planungssicherheit gibt ein Deal mit dem Baukonzern Skanska. Die Schweden haben sich per Rahmenvertrag verpflichtet, in den kommenden Jahren mindestens 40 Prozent der Wohnungsbauvorhaben im Großraum Stockholm mit der VST-Technik zu bauen. Zentrale Bedeutung hat dabei das im Juli 2013 fertiggestellte Werk in Nitra (Slowakei), einem der größten Fabriken dieser Art in Europa. „70 bis 80 Prozent unserer Bauelemente werden mittlerweile voll automatisiert hergestellt“, sagt Gassner. Für VST ist das ein enormer Produktivitätsfortschritt. Zudem wurden Kapazitäten um fast 40 Prozent auf rund 250.000 Quadratmeter Wandfläche pro Jahr vergrößert. Das entspricht etwa der Größe von 35 Fußballfeldern.
Beim Blick auf die Bilanz und die Prognosen der Analysten kommt VST Technologies wie ein perfekter Emissionskandidat – allerdings für den Aktienmarkt – daher. Im vergangenen Jahr erzielten die Wiener Erlöse von gut 13 Mio. Euro Umsatz und zogen daraus einen Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) von knapp 0,15 Mio. Euro. Der Verschuldungsgrad betrug per Ende 2012 knapp 69,5 Prozent. Das heißt: Das Fremdkapital macht knapp 70 Prozent der Bilanzsumme von rund 26 Mio. Euro aus. Für die Baubranche ist das eine vergleichsweise solide Relation. Bereits für das laufende Jahr rechnen die Analysten von SRC mit einer deutlichen Verbesserung der Kennzahlen. So dürften die Erlöse auf etwa 30 Mio. Euro schnellen und das EBIT 0,9 Mio. Euro erreichen. Eine Prognose, bei der VST-Chef Gassner ganz entspannt ist.
Ab 2014 soll die operative Marge dann sogar in zweistellige Regionen ankommen. „VST sollte in den nächsten Geschäftsjahren ausreichende Cash Flows generieren um Zins und Tilgung der ausstehenden Anleihen in den nächsten Jahren abdecken zu können“, lautet das Fazit der Experten von SRC. Angesichts dieser Wachstumsprognosen würde sich VST wohl auch als Aktienstory vermarkten gut lassen. Klassische Anleihen-Investoren mag die Wette auf den Erfolg eines neuartigen Bauverfahrens eventuell zu heiß vorkommen. Die angebotene Verzinsung von 8,5 Prozent auf den Bond kommt wie eine recht früh einsetzende Deckelung daher. Anderserseits wird die Anleihe bei einem Ausbleiben des Erfolgs wohl ähnlich krass wie eine Aktie nach unten reagieren.
„Ein Börsengang kam für VST Technologies zum jetzigen Zeitpunkt nicht in Frage”, betont VST-Vorstand Gassner. Strippenzieher für die Bond-Lösung dürfte VST-Eigentümer Michael Müller – ein auch bei deutschen Anlegern bekannter Unternehmer – sein. Müller hält rund 79 Prozent an der im General Standard börsennotierten Eyemaxx – einem Projektierer und Entwickler von Gewerbeimmobilien wie Fachmarktzentren oder Logistikgebäuden. Eyemaxx hat bereits erfolgreich drei Mittelstandsanleihen in Deutschland platziert. Der jüngste Bond datiert vom März 2013 und hatte ein Volumen von 15 Mio. Euro. Die Gesellschaft besitzt derzeit eine Marktkapitalisierung von 21,5 Mio. Euro. Auf der Anfang September 2013 von SRC organisierten Investorenkonferenz „Forum Financials & Real Estate” 2013 ließ der umtriebige Müller durchblicken, dass er sich durchaus vorstellen könne, den geringen Streubesitz von Eyemaxx auf absehbare Zeit via Kapitalerhöhung zu erhöhen, auch wenn derzeit keine konkreten Maßnahmen geplant seien. „Als Micro Cap ist man schon bestrebt, irgendwann ein Small Cap zu werden“, scherzte Müller vor dem Publikum.
Denkbar ist natürlich, dass Müller im Hintergrund bereits sehr wohl die Möglichkeiten für eine Kapitalerhöhung bei Eyemaxx auslotete und dabei seine Herzensangelegenheit VST gleich mit ins Spiel brachte. Zugegeben: Das ist pure Spekulation. Grundsätzlich aber durchaus vorstellbar und völlig legitim. VST bietet eine knackige Story, die Bilanzen sehen ebenfalls ansprechend aus. Ob VST nun tatsächlich eine Erfolgsgeschichte am Anleihenmarkt wird, wird derweil in Finanzkreisen munter diskutiert. Fakt ist: Wer den Bond zeichnen will, braucht eine gehörige Portion Mut. Angesichts des geringen Emissionsvolumens dürfte das Papier im späteren Handel recht illiquide bleiben.
Weitere Informationen zu der VST-Anleihe finden Sie auf der Homepage des Unternehmens unter diesem LINK.