„Das Headset ist das neue Klopapier“, war kürzlich ein Blogbeitrag betitelt. Demnach müssen zurzeit derart viele Home Office-Mitarbeiter ihr technisches Equipment für die Teilnahme an internen Webkonferenzen aufrüsten, dass Kopfhörer mit integriertem Mikro kaum noch zu bekommen sind – oder aber die Preise spürbar angestiegen sind. Nun wollen wir den daraus resultierenden Effekt auf Vivanco nicht zu hoch hängen, schließlich bieten auch viele andere Firmen wie zum Beispiel Hama, Logitech oder Sennheiser prima Headsets an und die Margen sind eher mickrig. Darüber hinaus sind die Einbußen im Zuge geschlossener stationärer Elektronikfachmärkte als Absatzkanal nochmals eine ganz andere Hausnummer. Aber bemerkenswert ist es trotzdem, wie sich die Vivanco-Aktie nach dem Absturz von Februar/März zuletzt wieder gefangen hat. Dabei führt der Micro Cap – zu New Economy-Zeiten mal ein heißes Eisen, obwohl der Elektronikspezialist nie im Neuen Markt notierte – an der Börse ein ziemliches Schattendasein.
Kein Wunder: Nach vielen Umstrukturierungen und Eigentümerwechseln kontrolliert seit 2011 die chinesische Ningbo Ship Investment Group über die Tochter Xupu Electronics Technology mit einem Anteil von 83,03 Prozent die Geschicke. 5,0 Prozent sind dem CEO Philipp Oliver Gerding zuzurechnen. Entsprechend befinden sich gerade einmal 11,97 Prozent der Aktien im Streubesitz. Umsatz und Ergebnis der Ahrensburger halten sich, abgesehen von Sondereffekten, seit vielen Jahren vergleichsweise stabil. Von 2016 bis 2018 gab es sogar eine Dividende von jeweils 0,10 Euro je Aktie.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 80,28 | 78,50 | 80,82 | 64,13 | 48,79 | 47,51 | 63,00 | |
EBITDA1,2 | 7,77 | 4,00 | 6,10 | 3,20 | 2,97 | 2,73 | 2,15 | |
EBITDA-Marge3 | 9,68 | 5,10 | 7,55 | 4,99 | 6,09 | 5,75 | 3,41 | |
EBIT1,4 | 7,92 | 3,60 | 3,65 | 0,73 | 0,48 | 0,84 | 0,30 | |
EBIT-Marge5 | 9,87 | 4,59 | 4,52 | 1,14 | 0,98 | 1,77 | 0,48 | |
Jahresüberschuss1 | 6,24 | 1,85 | 1,05 | -0,31 | -0,70 | -1,09 | -0,20 | |
Netto-Marge6 | 7,77 | 2,36 | 1,30 | -0,48 | -1,44 | -2,29 | -0,32 | |
Cashflow1,7 | 3,50 | 4,23 | 6,28 | 0,58 | -3,71 | 2,91 | 0,00 | |
Ergebnis je Aktie8 | 1,14 | 0,39 | 0,19 | -0,05 | -0,12 | -0,09 | -0,05 | |
Dividende8 | 0,10 | 0,10 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Deloitte |
Für das abgelaufene Jahr zeigt sich das Management – auch vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse – deutlich zurückhaltender und schlägt vor, den kompletten Bilanzgewinn auf neue Rechnung vorzutragen. Sprich: Eine Nullrunde bei der Dividende einzulegen. Auch die eigentliche Prognose für 2020 mit Umsätzen zwischen 80 und 83 Mio. Euro sowie einem Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von 5,5 bis 6,5 Mio. Euro ist in Corona-Zeiten nicht mehr zu halten. Aus heutiger Sicht kalkuliert die Gesellschaft nur noch mit einem ausgeglichenen Ergebnis. „Der Konzern hat immer wieder auch in sehr angespannten Marktsituationen befriedigende Ergebnisse erwirtschaftet und punktuelle und unerwartete negative Entwicklungen abfangen können“, heißt es im kürzlich vorgelegten Geschäftsbericht. Dabei kommt Vivanco auf dem aktuellen Kursniveau von 2,78 Euro auf eine Marktkapitalisierung von nur etwas mehr als 15 Mio. Euro – inklusive der Netto-Finanzverbindlichkeiten von 11 Mio. Euro beträgt der Unternehmenswert 26,3 Mio. Euro. Gut möglich, dass der Großaktionär die Gelegenheit nutzt, um seinen Bestand weiter aufzustocken. Dabei kann ein Schuss Home Office-Fantasie dem Titel nicht schaden, und wenn es nur Headsets sind. Doch Vorsicht: Der Handel in Vivanco-Aktien ist nicht gerade liquide, um es einmal vorsichtig auszudrücken.
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