Für Vita 34-CEO Wolfgang Knirsch ist es eine „einmalige Chance“. Entsprechend gespannt blicken die Investoren seit Wochen darauf, ob der auf die Schiene gesetzte Zusammenschluss des Spezialisten für die Einlagerung von Nabelschnurblut und Nabelschnurgewebe mit dem polnischen Wettbewerber PBKM (FamiCord) auch tatsächlich zustande kommt. Immerhin handelt es sich um eine komplexe Transaktion mit einer hohen Mindestannahmequote von 95 Prozent aller ausstehenden PBKM-Aktien. Selbst wenn maßgebliche Investorengruppen – als ohnehin treibende Kräfte des Deals – bereits grünes Licht signalisiert haben und so knapp 70 Prozent der Stimmen unter Dach und Fach sind: Noch handelt es sich um ein schwebendes Verfahren. Das zeigt sich auch im Aktienkurs von Vita 34, der seit Monaten im Konsolidierungsmodus unterwegs ist, nun aber an der psychologisch wichtigen – noch immer aufwärts gerichteten – 200-Tage-Durchschnittslinie aufgesetzt ist. Das wiederum könnte durchaus ein frisches Kaufsignal sein.
Rein operativ klingt die Fusion ohnehin sinnvoll. „Gemeinsam wollen wir den unangefochtenen Marktführer in Europa erschaffen, der auch im globalen Kontext als ein führender Player im Markt der Stammzellbanken wahrgenommen wird“, sagt Knirsch. Dabei geht es freilich um mehr als nur schiere Größe und eine möglichst globale Präsenz. Interessant ist insbesondere auch, dass sich zukunftsträchtige Bereiche wie neue Zelltherapien oder auch die Auftragsherstellung für andere Pharmagesellschaften deutlich kostengünstiger umsetzen lassen. Insgesamt soll das Synergiepotenzial bei jährlich rund 3 Mio. Euro liegen – ein stattlicher Betrag.
Die heiße Phase der formalen Umsetzung läuft dabei jetzt an: Im Idealfall ist die Fusion mit PBKM bis Oktober 2021 abgeschlossen. Die Zahl der umlaufenden Vita 34-Aktien würde sich im Zuge dessen ungefähr um den Faktor vier erhöhen und den Börsenwert Richtung 245 Mio. Euro hieven. Auch das ein nicht zu unterschätzender Faktor, der die Wahrnehmung am Kapitalmarkt massiv erhöhen wird. Derweil spiegeln die jetzt veröffentlichten Halbjahreszahlen von Vita 34 zu einem erheblichen Teil die Vorlaufkosten von im laufenden Jahr bislang gut 1,17 Mio. Euro für den Zusammenschluss mit PBKM wider. Trotz eines Umsatzanstieg um knapp 14 Prozent auf 10,82 Mio. Euro fiel das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) nämlich von 1,05 auf 0,48 Mio. Euro zurück. Bereinigt um diese Effekte kam die operative Marge – auf EBITDA-Basis – im ersten Halbjahr 2021 um 1,6 Prozentpunkte auf 29,4 Prozent voran.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 19,19 | 20,41 | 19,93 | 20,07 | 28,42 | 68,94 | 77,06 | |
EBITDA1,2 | 1,85 | 4,72 | 5,43 | 5,34 | 0,81 | -3,56 | 5,57 | |
EBITDA-Marge3 | 9,64 | 23,13 | 27,25 | 26,61 | 2,85 | -5,16 | 7,23 | |
EBIT1,4 | 0,14 | 2,63 | 2,45 | 2,38 | -3,07 | -27,28 | -3,12 | |
EBIT-Marge5 | 0,73 | 12,89 | 12,29 | 11,86 | -10,80 | -39,57 | -4,05 | |
Jahresüberschuss1 | -0,33 | 0,83 | 0,72 | 1,50 | -3,93 | -27,38 | -2,03 | |
Netto-Marge6 | -1,72 | 4,07 | 3,61 | 7,47 | -13,83 | -39,72 | -2,63 | |
Cashflow1,7 | 1,53 | 4,60 | 6,32 | 3,98 | 2,73 | -4,49 | 9,15 | |
Ergebnis je Aktie8 | -0,09 | 0,20 | 0,18 | 0,37 | -0,63 | -1,71 | -0,12 | |
Dividende8 | 0,16 | 0,16 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: PricewaterhouseCoopers |
Keine Veränderungen gibt es hinsichtlich der Prognose für das Gesamtjahr: Demnach kalkulieren die Leipziger mit Umsätzen zwischen 20,3 und 22,3 Mio. Euro sowie einem um die PBKM-Aufwendungen adjustierten EBITDA in einer Bandbreite von 5,5 bis 6,1 Mio. Euro. „Auch im zweiten Halbjahr werden wir Ausgaben für das Entwicklungsprojekt Immunzellen tätigen und hier wie geplant die Ausgaben im Vergleich zum ersten Halbjahr sogar noch etwas erhöhen. Ferner werden wir die Marketingausgaben und soweit erforderlich das Personal im Bereich Herstellung weiter aufbauen“, sagt der neue Finanzvorstand Andreas Schafhirt. Hintergrund: Der bisherige CFO, Falk Neukirch, ist kürzlich zu der im SDAX gelisteten Pharmagesellschaft Medios aus Berlin gewechselt.
Für boersengefluester.de bleibt die Investmentstory intakt. Die kommenden Wochen werden so oder so richtungsweisend für die gesamte Gesellschaft. Das ist Chance und Risiko zugleich. Immerhin gab es zuletzt auch Beispiele dafür, dass sicher geglaubte Zusammenschlüsse – zumindest im ersten Anlauf – eben doch nicht die erhofften Mehrheiten gefunden haben. Bleibt zu hoffen, dass die Kombination Vita 34 und Polski Bank Komórek Macierzystych S.A. (PBKM) ihren direkten Weg findet. Dann müsste auch der Aktienkurs – die neue Vita 34 bleibt im Prime Standard notiert – wieder spürbar an Höhe gewinnen.