Knapp 15 Jahre nach dem Börsengang – das IPO erfolgte am 27. März 2007 – befindet sich Vita 34 in einer entscheidenden Phase. „Überall ist Aufbruchstimmung. Wir sind zuversichtlich, eine neue Ära einzuleiten“, sagt CEO Wolfgang Knirsch im Hintergrundgespräch mit boersengefluester.de. So hat der Spezialist für die Einlagerung von Nabelschnurblut und Nabelschnurgewebe kürzlich den anspruchsvollen formalen Fusionsweg mit dem bislang größten Wettbewerber – der polnischen PBKM (FamiCord Group) – erfolgreich abgeschlossen. Die Integration der beiden Unternehmen dürfte zwar erst Ende 2023 seine volle Wirkung entfalten, doch Vorstand Knirsch ist zuversichtlich, dass sich die bei solchen Prozessen üblichen Reibungsverluste in engen Grenzen halten: „Wir können uns deutlich aufs operative Geschäft konzentrieren.“ Insgesamt entsteht ein Unternehmen, was bereits für 2021 auf kombinierte Umsatzerlöse von rund 65 Mio. Euro kommen dürfte. Aktueller Börsenwert auf Basis der neuen Aktienstückzahl: Rund 215 Mio. Euro. Verglichen mit früheren Zeiten ist das locker eine Verdreifachung.
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Am Kapitalmarkt hat die Vita 34-Aktie zurzeit dennoch einen schweren Stand. Zu einem gewissen Teil ist das bestimmt dem schwachen Gesamtmarkt geschuldet. Hinzu kommen wohl einige Verkäufe aus dem Umfeld der ehemaligen PBKM-Aktionäre. Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt aber auch, dass es – abgesehen von den Bewertungsgutachten – noch kein detailliertes Zahlenwerk des neuen Vita 34-Konzernverbunds gibt. Der erste komplette Bericht mit voller Konsolidierung wird der Q1-Report für 2022 sein. Nun geht die Investmentstory des im streng regulierten Börsensegment Prime Standard gelisteten Unternehmens weit über eine einzelne Quartalsbetrachtung hinaus. Am greifbarsten sind derzeit naturgemäß die zu erwartenden positiven Effekte aus der gemeinsamen Marktabdeckung von Vita 34 und FamiCord. „Wir haben wenig Überschneidungen“, sagt Knirsch. Wer sich näher einlesen will: In der kürzlich veröffentlichten Studie von Montega Research (HIER) sind die einzelnen Vorteile des Mergers ausführlich dargestellt.
Interessant sind aber auch Sonderthemen, wie die anlaufenden Verlängerungen von Uralt-Verträgen aus den ersten Jahren nach der Firmengründung 1997. Die damals regelmäßig mit einer Laufzeit von 20 Jahren ausgestatteten Einlagerungsverträge werden derzeit mit einer erfreulich hohen Konvertierungsrate auf sich automatisch verlängernde Jahresabschlüsse umgestellt. Ein Effekt, der sich vermutlich noch drei bis vier Jahre vorteilhaft für Vita 34 auswirken wird. Anschließend wird es insofern eine Dämpfung geben, weil spätere Verträge dann meist mit einer Dauer von 25 Jahren abgeschlossen wurden. Losgelöst davon: Für den Aktienkurs von Vita 34 wäre es unzweifelhaft der größte Hebel, wenn die Zahl der Eltern, die sich für eine Einlagerung von Nabelschnurblut bei der Geburt ihrer Kinder entscheiden, grundsätzlich steigen würde – etwa durch gesetzliche Initiativen oder aber auch durch Förderprogramme seitens der Arbeitgeber bzw. Krankenkassen.
Auch wenn es zwischen den einzelnen Ländern gehörige Unterschiede gibt; die durchschnittliche Einlagerungsquote von Nabelschnurblut in privaten Blutbanken liegt in Europa bei vermutlich nur knapp zwei Prozent. Um die für Vita 34 eher unvorteilhafte Konstellation zu lösen, wonach die potenziellen Kunden allesamt in einer Schwangerschaft befindliche Frauen sind, setzt das Unternehmen auf weitere Anwendungen und will sich Richtung Dienstleister in der personalisierten und regenerativen Medizin entwickeln. „Hier sehen wir großes Potenzial“, sagt Knirsch. Weit vorangeschritten ist die Konservierung von Fettgeweben bzw. der darin enthaltenen Stammzellen von Erwachsenen, um damit etwa kosmetische Anwendungen durchzuführen.
Allerdings geht mit Corona auch ein Zulassungsstau bei den zuständigen Behörden einher, so dass die Leipziger hier momentan hinter ihren ursprünglichen Planungen liegen. Valide Prognosen sind kaum möglich, insgesamt taxiert Vita 34 das Umsatzpotenzial neuer Produkte bis 2026 aber auf eine Spanne von 30 bis 60 Mio. Euro. Ein enormer potenzieller Treiber also. Die Analysten von Montega setzen den fairen Wert der Aktie bei immerhin 25 Euro an. Damit ist Vita 34 locker eine 85-Prozent-Chance. Vorerst wäre es schon gut, wenn sich die Notiz stabilisiert. Zum 15jährigen IPO-Jubiläum sollte das Mindestziel für die Aktie jedenfalls der damalige Ausgabepreis von 15 Euro sein. Anschließend kann es dann gern – mit zusätzlichen Investor-Infos – nachhaltig Richtung Norden gehen.
Foto: Clipdealer