Viele Anleger mögen auf den Chart ihrer Verbio-Aktie vermutlich gar nicht mehr hinschauen. Kein Wunder, nach nun fast zwei Jahren Dauerdruck und einem Wertverlust in dieser Zeit von annähernd 80 Prozent. Zwar entwickeln sich Umsatz und Ergebnis des Produzenten von Biokraftstoffen schon immer überaus volatil, aber andererseits handelt es sich bei Verbio um ein gestandenes SDAX-Unternehmen mit großer Expertise im Ausland und nicht um irgendein geflopptes Startup aus dem Ökobereich. Nun: Der Chart ist, wie er ist. Und die Kombination aus zwischenzeitlicher Energiekrise mit leidigen politischen Debatten um den Einsatz von Biomasse zur Kraftstoffproduktion sowie gleichzeitig enormen Marktverwerfungen durch den Import von Fake-Biodiesel aus China haben Verbio enorm geschadet.
Immerhin rechnet Verbio bei der so wichtigen Entwicklung der THG-Quotenpreise mit einer Erholung. Hintergrund: Die Treibhausgasminderungsquote verpflichtet Unternehmen, die Kraftstoffe in den Verkehr bringen, die CO₂-Emissionen ihrer Produkte zu reduzieren. Mineralölunternehmen können diese Verpflichtungen entweder durch den Einsatz von Biokraftstoffen oder durch den Kauf von THG-Quoten von Herstellern wie Verbio erfüllen. Interessant aus Börsensicht ist nun, dass Verbio wenige Wochen vor der Präsentation der Jahreszahlen für das Geschäftsjahr 2023/24 (30. Juni) einen ersten Ausblick für 2024/25 gibt, der für sich genommen zwar wenig dynamisch daherkommt, der aber trotzdem nicht sofort zerissen wird am Kapitalmarkt. Normalerweise ein gutes Indiz dafür, dass die Bewertung der Aktie einen Boden gefunden haben könnte.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 685,90 | 779,32 | 872,40 | 1.026,04 | 1.812,48 | 1.968,28 | 1.658,03 | |
EBITDA1,2 | 44,80 | 95,13 | 122,15 | 166,32 | 503,33 | 240,32 | 121,62 | |
EBITDA-Marge3 | 6,53 | 12,21 | 14,00 | 16,21 | 27,77 | 12,21 | 7,34 | |
EBIT1,4 | 22,41 | 73,69 | 91,93 | 136,63 | 462,02 | 198,75 | 69,59 | |
EBIT-Marge5 | 3,27 | 9,46 | 10,54 | 13,32 | 25,49 | 10,10 | 4,20 | |
Jahresüberschuss1 | 15,10 | 51,70 | 63,79 | 93,55 | 315,83 | 132,16 | 20,15 | |
Netto-Marge6 | 2,20 | 6,63 | 7,31 | 9,12 | 17,43 | 6,71 | 1,22 | |
Cashflow1,7 | 11,08 | 44,33 | 71,68 | 117,18 | 325,03 | 26,09 | 116,78 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,24 | 0,84 | 1,01 | 1,47 | 4,97 | 2,08 | 0,31 | |
Dividende8 | 0,20 | 0,20 | 0,20 | 0,20 | 0,20 | 0,20 | 0,20 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Grant Thornton |
So avisiert CEO Claus Sauter für das laufende Geschäftsjahr ein EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) zwischen 120 und 160 Mio. Euro, was selbst am oberen Ende leicht unter der aktuellen Durchschnittsschätzungen der Analysten liegt. Zudem deckt sich die zu erwartende Bandbreite im Wesentlichen mit dem für 2023/24 angekündigten EBITDA-Korridor von 120 bis 150 Mio. Euro. Nochmalige Zuwächse gibt es indes bei der Netto-Finanzverschuldung, die aufgrund der Investitionen in die Erweiterung der Produktionskapazitäten in Europa und Nordamerika sowie dem Aufbau des zukunftsträchtigen Bereichs biobasierter Spezialchemikalien bis hin zu 190 Mio. Euro klettern könnte. Für 2023/24 hatte das Unternehmen aus Zörbig bislang eine Netto-Finanzverschuldung zwischen 145 und 175 Mio. Euro kommuniziert.
Addiert man den Maximalbetrag von 190 Mio. Euro Netto-Verschuldung auf den Börsenwert von zurzeit knapp 1.023 Mio. Euro und setzt dies ins Verhältnis zum Mittelwert des für das laufende Jahr angekündigten EBITDA von 120 bis 160 Mio. Euro, ergibt sich daraus ein Multiple von rund 8,7. Das wiederum liegt leicht unter dem Mittel der vergangenen zwei Jahre. Auf Sicht von fünf Jahren bewegen sich die Extrempunkte der entsprechenden Multiples allerdings zwischen 4 und 15. Wenig hilfreich also, für eine valide Einordnung. Die Rechnung verdeutlich aber, welcher Hebel in der Verbio-Aktie schlummert. Grundsätzlich scheint der Titel auf dem aktuellen Niveau zumindest nicht mehr übermäßig gefährdet zu sein. Die Analysten von Jefferies haben sogar ihre Kaufen-Einschätzung mit Kursziel 35 Euro bestätigt. Wenn es gut läuft, könnte der Blick auf den Chart von Verbio in den kommenden Monaten also wieder etwas erhellender sein.
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