Mit Schelte an der deutschen Umweltpolitik hielt sich Klaus Sauter, Chef von Verbio Vereinigte BioEnergie, bei der Vorlage der Jahreszahlen für das Geschäftsjahr 2018/19 (01.07. bis 30.06.) auffallend zurück. Bisher ließ er kein gutes Haar an den Berliner Umweltpolitikern. Doch nun schien er Kreide gefressen zu haben. Ja, man konnte in der Telefonkonferenz fast so etwas wie Zustimmung zum Klimapaket der Bundesregierung heraushören. Sagte er sogar: „sehr positiv“? Dabei sind die für Verbio wichtigsten Änderungen bereits seit zehn Jahren bekannt – und es sind keine deutschen sondern EU-Richtlinien. So wird 2020 die Quote für die Einsparung von Treibhausgasen von vier auf sechs Prozent angehoben. Für Deutschland wird dieser 50prozentige Anstieg ein immenser Kraftakt. Haben hierzulande doch die wenigsten Unternehmen in alternative Energien investiert. „Andere EU-Staaten sind da schon viel weiter“, sagt Sauter. „Hier in Deutschland fehlen die Kapazitäten.“ So ist ihm denn auch nicht bange um sein Geschäft mit Bio-Kraftstoffen.
Die Investoren sahen das offensichtlich anders und nahmen – in einem schwachen Marktumfeld – Gewinne mit. Um rund 2,5 Prozent verlor der Dividendentitel am 25. September 2019. Mit 779 Mio. Euro (vj.: 686 Mio. Euro) lag der Umsatz 2018/19 ein wenig über den Analystenschätzungen. Das EBITDA (Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) dagegen fiel mit 95 Mio. Euro (Vj.: 45 Mio. Euro) geringer aus als erwartet. „Das vierte Quartal hat etwas enttäuscht“, gibt Sauter zu. „Aufgrund von Maktveränderungen besonders in den Niederlanden war unser Pricing nicht perfekt.“ Doch lange hält er sich in seinem Vortrag mit der Vergangenheit nicht auf.
Wie man es von dem dynamischen Manager gewohnt ist, richtet er seinen Blick nach vorn. Er geht davon aus, dass die Nachfrage nach Biokraftsoffen in Deutschland um etwa zehn Prozent zunimmt und dass E10 der Standardkraftstoff wird. Weil die Kapazitäten nicht ausreichen rechnet er mit steigenden Importen von Ethanol aus den USA. „Die Preise werden steigen und Stabilität bringen“, sagt Sauter. Das ist eine gute Nachricht für den – bisher – extrem volatilen Bio-Energie-Markt in Europa. Mit zwei Akquisitionen – Bio-Gas in USA und Bio-Diesel in Kanada will sich Verbio nun auch in Amerika etablieren. Den amerikanischen Markt sieht Sauter sogar deutlich positiver als den europäischen. Hier erwartet er hohe Wachstumsraten und bessere Preise.
Während in Kanada seit Ende August 2019 schon fleißig produziert wird, wird die USA-Anlage für Bio-Gas ebenso wie die im Bau befindliche Anlage in Indien erst im kommenden Geschäftsjahr zum Umsatz beitragen. Die Investitionen werden jedoch schon Spuren im Zahlenwerk für die laufende Periode hinterlassen. Nach einem Netto Finanzvermögen von 64,2 Mio. Euro wird der kommende Jahresabschluss Netto-Schulden ausweisen. Aufgrund des steigenden Working Capital wird auch der Cashflow kräftig in die Knie gehen. Nach dem Ausnahmejahr 2018/19 (siehe auch unseren Bericht HIER vom 22. August) wird sich der Gewinn 2019/2020 normalisieren. Ein EBITDA von 65 Mio. Euro ist die Richtschnur von Sauter. „Das werden wir auf jeden Fall erreichen“, kommentiert er seine gewohnt konservative Guidance. Die im Prime Standard gelistete Verbio-Aktie bleibt ein langfristig aussichtsreiches Investment nicht nur für konservative Anleger.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 685,90 | 779,32 | 872,40 | 1.026,04 | 1.812,48 | 1.968,28 | 1.658,03 | |
EBITDA1,2 | 44,80 | 95,13 | 122,15 | 166,32 | 503,33 | 240,32 | 121,62 | |
EBITDA-Marge3 | 6,53 | 12,21 | 14,00 | 16,21 | 27,77 | 12,21 | 7,34 | |
EBIT1,4 | 22,41 | 73,69 | 91,93 | 136,63 | 462,02 | 198,75 | 69,59 | |
EBIT-Marge5 | 3,27 | 9,46 | 10,54 | 13,32 | 25,49 | 10,10 | 4,20 | |
Jahresüberschuss1 | 15,10 | 51,70 | 63,79 | 93,55 | 315,83 | 132,16 | 20,15 | |
Netto-Marge6 | 2,20 | 6,63 | 7,31 | 9,12 | 17,43 | 6,71 | 1,22 | |
Cashflow1,7 | 11,08 | 44,33 | 71,68 | 117,18 | 325,03 | 26,09 | 116,78 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,24 | 0,84 | 1,01 | 1,47 | 4,97 | 2,08 | 0,31 | |
Dividende8 | 0,20 | 0,20 | 0,20 | 0,20 | 0,20 | 0,20 | 0,20 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Grant Thornton |
Foto: Verbio AG
Über den Autor: Stefan Otto ist in profunder Kenner der heimischen Small-Cap-Szene. Er gehörte zu den Gründungsredakteuren von BÖRSE ONLINE und hat seit dem in verschiedenen Unternehmen – teilweise auf Vorstandsebene – gearbeitet. Für boersengefluester.de schreibt Stefan Otto, wie könnte es anders sein, über aussichtsreiche deutsche Spezialwerte. Seinen Fokus liegt Stefan Otto dabei auf ökologisch korrekt und nachhaltig agierende Unternehmen.