Bestimmt 15 Präsentationen von Vectron Systems-Vorstand Thomas Stümmler hat boersengefluester.de allein in den vergangenen fünf Jahren gesehen. Nicht ohne Grund: Gemessen an den sonst meist staubtrockenen Vorträgen auf Kapitalmarktkonferenzen, liefert Stümmler durchweg einen hohen Unterhaltungswert und bringt die Investmentstory des Anbieters von Kassenterminals und digitalen Mehrwertdiensten für Kunden aus der Gastronomie, Bäckereien und auch Metzgereien knackig rüber. Nur eben mit den gelieferten Zahlen und entsprechend dann auch dem Verlauf des Aktienkurses bei dem im Scale gelisteten Titel hapert es seit Jahren gewaltig. Keine Frage: Seit mehr als zwei Jahren ist Corona auch in der Gastronomie das beherrschende Thema. Entsprechend haben sich viele Wirte mit Neuanschaffungen zurückgehalten und selbst im Zuge der seit einiger Zeit gesetzlich vorgeschriebenen Fiskalisierung der Kassensysteme eher auf die Minimallösung eines Software-Updates gesetzt. Die erhoffte Sonderkonjunktur hat sich bei den Münsteranern jedenfalls eher als Sonderkonjunktürchen entpuppt.
2021 kam Vectron bei Erlösen von 38,2 Mio. Euro auf ein EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) von nur 4,7 Mio. Euro. Das ist nicht mal halb so viel Gewinn, wie die Analysten sich vor einigen Jahren erhofft hatten. Losgelöst von Corona hat aber auch die Digitalisierungsstrategie von Vectron gefühlt so viele Wendungen genommen, dass etliche Investoren zwischendurch längst den Durchblick verloren haben. Dabei geht es im Kern immer noch darum, den Kunden zusätzlich zur Kasse möglichst viele Extraservices für monatlich jeweils kleines Geld anzubieten. Von der Tischreservierung bis zur Paymentlösung. Und auch auf der Digital-Konferenz von AlsterResearch am 5. April 2022 bittet Stümmler um Geduld: „Bis das in großen Zahlen sichtbar ist, dauert es. Doch die Mechanik läuft.“
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 32,38 | 24,83 | 25,17 | 27,77 | 38,23 | 25,22 | 37,02 | |
EBITDA1,2 | 2,25 | -0,45 | -1,37 | -2,19 | 4,71 | -3,86 | 3,72 | |
EBITDA-Marge3 | 6,95 | -1,81 | -5,44 | -7,89 | 12,32 | -15,31 | 10,05 | |
EBIT1,4 | 1,74 | -2,13 | -1,76 | -2,58 | 3,12 | -5,36 | 0,00 | |
EBIT-Marge5 | 5,37 | -8,58 | -6,99 | -9,29 | 8,16 | -21,25 | 0,00 | |
Jahresüberschuss1 | 1,08 | -3,88 | -1,39 | -2,07 | 2,44 | -5,27 | -0,78 | |
Netto-Marge6 | 3,34 | -15,63 | -5,52 | -7,45 | 6,38 | -20,90 | -2,11 | |
Cashflow1,7 | -1,46 | -2,32 | -2,51 | -3,77 | 10,18 | -2,05 | 7,20 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,16 | -0,58 | -0,17 | -0,26 | 0,30 | -0,65 | -0,10 | |
Dividende8 | 0,05 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Nexia |
Um die ganze Palette der neuen Aktivitäten zu zeigen, hat Stümmler jetzt sogar seine Kapitalmarktpräsentation komplett umgestellt: Insgesamt 32 Seiten – überwiegend gefüllt mit geplanten Produkten aus den Bereichen Payment, Software-Abos, Mobile oder auch Ordering – als Bestellungen via Webshop, per QR-Code auf der Speisekarte oder integriert in digitale Bestellterminals, wie sie etwa die börsennotierte Pyramid anbietet. Insbesondere die Kombination aus Bestellung und Bezahlen ohne direkten Kontakt zum Kellner bietet beträchtliches Potenzial. Um das Produktangebot hier noch zügiger und vor allen Dingen auch rentabler voranzubringen, denkt Stümmler hier über eine Kooperation oder gar einen Zukauf nach: „Wir hoffen, noch innerhalb dieses Quartals einen Deal machen zu können, damit wir Mitte des Jahres damit auf den Markt kommen.“
Darüber hinaus will das Unternehmen die Vertriebsaktivitäten spürbar forcieren – über den bisherigen Kanal der rund 300 Fachhandelspartner hinaus. Sprich: Auch der Aufbau eines Direktvertriebs wird wieder ein Thema. Das ist schon allein deshalb interessant, weil Vectron mit den zusätzlichen Produkten auch neue Branchen wie etwa Blumenläden oder Kioske adressieren will. „Wir können unsere Strategie mit ruhiger Hand umsetzen“, betont Stümmler auch mit Blick auf die noch immer recht komfortablen Bilanzrelationen. Die offizielle Guidance für das laufende Jahr zeigt eine Umsatzspanne von 33 bis 36 Mio. Euro sowie ein vergleichsweise weit gestrecktes EBITDA zwischen 1,9 und 3,4 Mio. Euro.
Dem steht ein Börsenwert von etwas mehr als 40 Mio. Euro entgegen. Sonderlich ambitioniert ist das nicht, aber die Investoren wollen nun endlich auch Erfolgsmeldungen und nicht bloß Ankündigungen sehen. Die Chancen liegen quasi mundgerecht auf dem Tisch und müssen jetzt endlich genutzt werden. „Verseppeln können wir das nur selbst“, sagt Stümmler. Immrhin hat der Aktienkurs auf die Präsentation bei AlsterResearch mit einemKurssprung von rund zehn Prozent sehr positiv reagiert. Es gibt also Hoffnung. Noch ein Tipp in eigener Sache: Sämtliche Geschäftsberichte von Vectron Systems seit 2007 können Sie auf unserem neuen Portal geschaeftsberichte-download.de (HIER) gratis abrufen.
Foto: Vectron Systems AG