Für die Aktionäre von USU Software war 2020 bislang ein richtig gutes Jahr. Inklusive Dividende steht eine Performance von annähernd 50 Prozent zu Buche. Ein Großteil der Kurseinbußen von 2018/19 hat das auf Software für Wissensdatenbanken und Lizenzmanagement spezialisierte Unternehmen damit wieder wettgemacht. Besonders positiv: Die Notiz von USU Software wurde nicht einfach nur mit dem Gesamtmarkt nach oben getragen, sondern profitiert von den kontinuierlich guten Zahlen: Nach neun Monaten zog der Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) im laufenden Jahr von 1,85 auf knapp 4,61 Mio. Euro an. Die Gesellschaft mit Sitz im schwäbischen Möglingen verfügt über liquide Mittel von mehr als 15 Mio. Euro und arbeitet frei von Bankverbindlichkeiten. Läuft also soweit alles in die richtige Richtung. Boersengefluester.de wollte es aber genau wissen und hat bei CEO Bernhard Oberschmidt nachgefragt, wie er die aktuelle Entwicklung einschätzt. Ohne jetzt zu viel vorwegnehmen zu wollen: Die USU-Aktie bleibt einer unserer Favoriten aus dem heimischen Software-Sektor.
Herr Oberschmidt, bei unserem letzten Gespräch im April 2019 (HIER) notierte die USU-Software-Aktie bei 14 Euro. Heute steht der Kurs um rund 10 Euro höher. Sehen Sie sich als „Corona-Gewinner“?
Bernhard Oberschmidt: Als „Corona-Gewinner“ sehe ich uns nicht, zumal ich dieses Wort auch nicht besonders mag. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und insbesondere unsere französischen Aktivitäten gut vorangebracht, was sich in unseren Geschäftszahlen widerspiegelt. Zudem haben die Investoren offensichtlich unsere Transformation hin zum Software-as-a-Service-Geschäft (SaaS) inzwischen verinnerlicht. Dass wir daraus mittelfristig unsere Marge signifikant erhöhen und nur kurzfristig Lizenzlücken zu verkraften haben, wurde inzwischen auch an der Börse erkannt, was diesen Kursanstieg erklärt. Wir standen allerdings bereits im Jahr 2017 bei über 30 Euro, was wiederum zeigt, dass noch immer ein gutes Potenzial vorhanden ist.
Wie stark sind die von Ihnen adressierten Kundensegmente positiv bzw. negativ von den Auswirkungen der Pandemie betroffen? Und was waren die wesentlichen Gründe für den neuen Rekord-Auftragsbestand?
Bernhard Oberschmidt: Da wir etwa 80 Prozent unserer Umsätze mit Unternehmen aus Branchen realisieren, die nicht so stark von der Corona-Pandemie betroffen sind, wie zum Beispiel Versicherungen, Öffentliche oder Technologie- und Telekommunikationsunternehmen, konnten wir Umsatz und Ergebnis gegenüber dem Vorjahr planmäßig deutlich verbessern. Der neue Rekord-Auftragsbestand resultiert vor allem aus vermehrten SaaS-Aufträgen und einer Vielzahl von Beratungsaufträgen.
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Für das dritte Quartal berichten Sie aber auch von Corona-bedingten Auftragsverschiebungen: Rechnen Sie damit, dass diese Entwicklung auch das Jahresendgeschäft wesentlich beeinträchtigt?
Bernhard Oberschmidt: Es gibt vereinzelte Verschiebungen, die eventuell auch noch das Abschlussquartal 2020 betreffen. Alles in allem rechne ich aber mit keiner wesentlichen Beeinträchtigung hieraus.
Sie haben den hohen Software-as-a-Service (SaaS)-Anteil bei Neuabschlüssen angesprochen. Ist die klassische Lizenzierung schneller als erwartet ein Auslaufmodell?
Bernhard Oberschmidt: Das Thema SaaS hat in diesem Jahr in der Dynamik deutlich an Fahrt gewonnen. Insbesondere im dritten Quartal war die Quote bei den Neuabschlüssen mit etwa 50 Prozent höher als erwartet. Das heißt aber nicht unbedingt, dass sich das jetzt in jedem Quartal so fortsetzt. Wir rechnen allerdings damit, dass wir auf absehbare Zeit „SaaS only“ sehen werden, also keine Einmallizenz-Erlöse mehr erzielen werden, was aber zugleich bedeutet, dass wir das höhermargige SaaS-Geschäft entsprechend ausbauen. Und dies wiederum ist ja auch die Basis unserer Mittelfrist-Guidance 2024.
Die bereinigte EBIT-Marge konnten Sie in den ersten neun Monaten 2020 von 4,2 Prozent im Vorjahr auf nun 6,7 Prozent verbessern. Für ein Softwarehaus ist diese Marge aber noch nicht zufriedenstellend. Wo sehen Sie weitere Stellschrauben zur Renditesteigerung, um bis 2024 die angepeilte Zielgröße von 13 bis 15 Prozent zu erreichen?
Bernhard Oberschmidt: Ein wesentlicher Treiber hierfür ist wie erwähnt der weitere Ausbau des SaaS-Geschäftes. Darüber hinaus erwarten wir auch einen signifikanten Ausbau des Partnergeschäftes im Rahmen der weiteren Internationalisierung der USU-Gruppe.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 84,36 | 90,49 | 95,63 | 107,33 | 111,90 | 126,52 | 132,08 | |
EBITDA1,2 | 6,84 | 5,51 | 9,92 | 13,38 | 14,39 | 16,84 | 12,43 | |
EBITDA-Marge3 | 8,11 | 6,09 | 10,37 | 12,47 | 12,86 | 13,31 | 9,41 | |
EBIT1,4 | 3,22 | 2,71 | 4,05 | 7,02 | 9,67 | 11,80 | 7,62 | |
EBIT-Marge5 | 3,82 | 2,99 | 4,24 | 6,54 | 8,64 | 9,33 | 5,77 | |
Jahresüberschuss1 | 3,37 | 0,96 | 5,27 | 5,48 | 6,76 | 7,58 | 5,28 | |
Netto-Marge6 | 3,99 | 1,06 | 5,51 | 5,11 | 6,04 | 5,99 | 4,00 | |
Cashflow1,7 | 5,17 | 2,00 | 9,52 | 17,74 | 13,35 | 10,37 | 7,88 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,32 | 0,09 | 0,50 | 0,52 | 0,64 | 0,72 | 0,50 | |
Dividende8 | 0,40 | 0,40 | 0,40 | 0,40 | 0,50 | 0,55 | 1,70 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: RSM Ebner Stolz |
Sie haben die französischen Aktivitäten bereits angesprochen. Wie weit ist die Restrukturierung in Frankreich inzwischen vorangeschritten und inwiefern könnte dies ebenfalls ein Margentreiber sein?
Bernhard Oberschmidt: Wir sind in Frankreich auf einem sehr guten Weg und werden dort in diesem Jahr nahezu break-even sein. Das ist natürlich noch nicht das Ende der Fahnenstange, zeigt aber, dass wir nach dem Millionenverlust im vergangenen Jahr wieder im Lot sind. In diesem Jahr wird dies zu einer Ergebnisverbesserung der USU-Gruppe führen, und wir erwarten auch in den Folgejahren entsprechende Ergebnisbeiträge von der französischen USU-Tochter.
Neben der Internationalisierung ist das Thema Innovation einer Ihrer wesentlichen Wachstumstreiber. Mit welchen neuen Produkten wollen Sie bei Ihren Kunden punkten? Wo sehen Sie die größten Potenziale?
Bernhard Oberschmidt: Aktuell sind dies ganz sicher die Themen Cloud-Management und Künstliche Intelligenz (KI). An beiden Themen arbeiten wir sehr gezielt. Unter anderem haben wir ja einen eigenen Forschungsbereich, der sich mit KI befasst und über den wir auch unsere Bestandsprodukte um Funktionen der künstlichen Intelligenz erweitern. Auch so entwickeln wir uns stetig innovativ weiter.
Anorganisches Wachstum steht ebenfalls weiterhin auf Ihrer Liste. Können Sie uns hier bitte ein Update zu geben? Was für Firmen schauen Sie sich am ehesten an?
Bernhard Oberschmidt: Wir suchen nach technologischen Erweiterungen unseres Portfolios und nach Unternehmen, die kulturell zu uns passen. Und wenn dann noch der Preis stimmt, steht einer Übernahme im Prinzip nichts mehr im Weg.
Ihre Mittelfristziele haben Sie bestätigt. Wo sehen Sie die größten Risiken in Bezug auf die Zielerreichung?
Bernhard Oberschmidt: Ein zentrales Risiko ist natürlich, dass wir das erwartete Wachstum nicht erzielen, insbesondere in den Auslandsmärkten, die wir primär über Partner neu erschließen oder erweitern wollen. So sind wir seit kurzem auch in Japan aktiv, was sehr gut im Land selbst angelaufen ist, aber auch als Tor in die asiatische Region fungieren soll. Insofern ist dies Risiko und Chance zugleich.
Bernhard Oberschmidt kam nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften 1996 zur USU AG, der heutigen Konzerntochter der USU Software AG. Nach Tätigkeiten im Bereich Finanzen und Qualitätsmanagement übernahm er 1998 die Leitung für die Bereiche Rechnungswesen und Controlling und begleitete in 2000 verantwortlich den Börsengang der USU AG. Im Rahmen des Zusammenschlusses der Openshop Holding AG und der USU AG zur heutigen USU-Gruppe wurde Bernhard Oberschmidt im Jahr 2002 zum Chief Financial Officer ernannt. Heute agiert er als Vorstandsvorsitzender und verantwortet die Konzernstrategie sowie die Ressorts Finanzen, Investor Relations und zentrale Administration.
Fotos: Chris Kaeppeli auf Unsplash, USU Software